Allen, die nun auf einmal vom Saulus zum Paulus in Sachen AKW-Sicherheit werden, nehme ich den Sinneswandel nicht ab, klar! Zu durchsichtig das Motiv, zu deutlich der Versuch, mittels einiger „Prüfmonate“ und vorüber gehender Abschaltungen einiger alter Meiler die Landtagswahlen zu überstehen. Selbst wenn es bei einigen Politikern wirklich so sein sollte, dass das japanische Desaster sie so geschockt hat, dass ein Umdenken möglich scheint, so haben sie doch schlicht alle Glaubwürdigkeit in dieser Sache lange verspielt.
War da was mit „Versorgungslücke“?
Wie lügenhaft die bisherige schwarz-gelbe Politik war, zeigt sich jetzt auch dem letzten Zweifler in aller Schärfe: Auf einmal soll es kein Problem mehr sein, mehr als ein Drittel der deutschen AKWs still zu legen. Von wegen Versorgungslücke!!! Auch nach der Abschaltung wird noch immer mehr Strom produziert als in Deutschland verbraucht wird, es bleibt ein Überhang für den Export.
Lüge 2: die angebliche Sicherheit! Plötzlich soll „ohne Tabus“ geprüft werden – was ja nur heißen kann, dass es bisher Tabus gegeben hat. Ich höre noch die Sprüche, deutsche AKWs seien die sichersten der Welt! Dass einige in Erdbeben-gefährdeten Gebieten stehen, dass etliche eine so veraltete Bauweise und Technik aufweisen, dass sie heute nicht mehr genehmigungsfähig wären – und dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes sowie terroristischer Angriffe bei der Risiko-Einschätzung hübsch beiseite gelassen wurde, das liest und hört man erst jetzt in dieser Deutlichkeit.
Erst jetzt kommen auch die Störfälle der vergangenen Jahre ans Licht, die im Konsens der Betreiber und der jeweiligen Atomaufsicht des öfteren hübsch vertuscht bzw. marginalisiert wurden. Hauptsache, der Laden läuft!
Der schnelle Ausstieg ist möglich!
In den Talkshows dieser Tage hört man Experten wie z.B. Michael Sailer vom Öko-Institut, der vorrechnet, dass ein schneller Ausstieg locker möglich ist, wenn man ihn denn will. Und zwar in großen Schritten, startend mit der vorhandenen Infrastruktur, die bereits das Abschalten von 9 Reaktoren ohne Probleme ermögliche. Streicht man die Laufzeitverlängerung, die die Investitionen in „Erneuerbare“ behindert, ginge deren Aufbau und Ausbau schneller. Als „Brückentechnologie“ bieten sich klimafreundliche Gas-Kraftwerke an, für die Windenergie soll es mittlerweile einsatzfähige Speicher geben – ach, mir fällt jetzt gar nicht alles ein, was da an Wegen und Möglichkeiten, vom bisherigen Atomkurs wegzukommen, aufgezeigt wird. Auch das Internet trägt dazu bei, dass ganz andere Herangehensweisen bei der Dezentralisierung von Energieerzeugung möglich sind – man muss das alles eben nur wollen und nicht weiter auf dem Schoß der Konzerne sitzen und blinzeln!
Das Endlager-Dilemma: ein Flop auch von ROTGRÜN
Was ich gar nicht wusste: es gibt einen kompletten, lange gemeinsam von Atomkraft-Befürwortern und Gegnern ausdiskutierten Verfahrensplan für die Findung und Prüfung eines Endlagers. Der war schon vor acht Jahren fertig, doch verschwand er einfach in den Schubladen der Regierung. Nicht mal ROT-GRÜN, die ihn in Auftrag gegeben hatte, war im Stande, an MEHREREN in Betracht kommenden Orten Erkundungen zu starten. Das aber ist die Voraussetzung für die Akzeptanz der Bevölkerung: so lange man nur Gorleben untersucht, glaubt einfach niemand an den politischen Willen zu einer „wissenschaftlich korrekten“ Lösung!
Ausstieg und Umbau – jetzt eine neue Chance?
So furchtbar die Katastrophe in Japan auch ist, so könnte sie doch zur Folge haben, dass sich die Haltung der Bevölkerung zur Atomkraft dauerhaft ändert. Alles, was jetzt zu Fragen der Sicherheit auf den Tisch gekommen ist, wird gewiss nicht so ganz schnell wieder vergessen. Und wer Deutschland als Exporteur von Technologien begreift, müsste eigentlich einsehen, dass es besser ist, sich auf Zukunftstechnologien zu konzentrieren und das Projekt „Umbau des Energiesektors“ ernsthaft und zügig in Angriff zu nehmen.
Was ich mir nicht vorstellen kann: dass man einfach so zur „Laufzeitverlängerung“ zurück kehrt. Man kann im Zuge einer Mega-Katastrophe Meinungsänderungen begründen – aber dann einfach wieder „wie gehabt“ weiter machen?? Es wird auf die Landtagswahlen und die Aktivitäten von uns allen ankommen, ob wieder „Business as usual“ folgt oder doch ein neues Konzept für den Ausstieg.
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Frontal 21 (Mediathek): u.a. Vertuschungen in Phillipsburg;
Die verschwiegenen Störfälle von Philippsburg;
Und plötzlich geht es doch, Frau Merkel! (The Intelligence)
Der Störfall – Was geschah wirklich in den AKWs von Vattenfall ?;
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9 Kommentare zu „Moratorium: Beruhigungspille und Entlarvung vieler Lügen“.