Claudia am 19. April 2000 —

Lesn & schrieben

Na, es hat mich doch leicht erschüttert, zu bemerken, daß der Titel des letzten Eintrags zwei Tage lang falsch geschrieben im Diary stand. Im Rahmen des Möglichen achte ich nämlich darauf, zumindest in Web-Veröffentlichungen Flüchtigkeitsfehler zu vermeiden und lese immer alles nochmal durch. Offensichtlich reicht das nicht, das Hirn setzt beim Lesen automatisch fehlende Buchstaben ein und so rutscht immer wieder etwas durch.

In den E-Mails ist alles noch weit schlimmer: hier reagiere ich oft spontan, vertippen inklusive. Gelegentlich ist es ganz lustig, was dabei dann ‚rüberkommt, doch manchmal stehen mir auch die Haare zu Berge! Zu Zeiten der Papierbriefe konnte ich doch noch richtig schreiben – warum läßt das nach? Wie kommen solche Vertipper überhaupt zustande? Offenbar liegt es am Tippen selbst, an der Tastatur – und an dieser Medium-typischen Ungeduld, der Eile, in der alles stattfindet. Schließlich warten immer noch soundsoviel Kommunikationsangebote und Infos auf die Behandlung, da hält man sich nicht lange an der Form auf.

Beim Lesen von Tageszeitungen und Magazinen merke ich, daß auch dort das Fehleraufkommen gewaltig gestiegen ist. Und oft lese ich Schlagzeilen, die es garnicht geben dürfte – erst beim zweiten Blick wird klar, daß mir mal wieder der „Ergänzungsautomatismus“ im Kopf einen Streich gespielt hat. Ein kleines Mädchen aus meinem Bekanntenkreis hat große Schwierigkeiten, überhaupt lesen und schreiben zu lernen: Sie glaubt, schon nach den ersten drei Buchstaben zu wissen, was es für ein Wort ist und liest einfach nicht weiter. Das ist der gleiche Mechanismus, doch hätte ich nicht angenommen, daß er schon bei 8-Jährigen ‚funktioniert‘.

Immer mehr Texte entstehen, mehr Papiere, mehr Webseiten, mehr E-Mails, mehr Bücher und Zeitschriften. Doch während diese Flut gewaltig anschwillt, verfällt die Fähigkeit, die doch Bedingung ihrer Existenz ist: das lesn & schrieben.

Vielleicht sollten wir wirklich schnellstens lernen, in Bildern zu kommunizieren, bevor die Texte gänzlich unlesbar werden.

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