Zum Beispiel das Wohnen: Die Wohnung in der Gärtnerstraße ist jetzt gekündigt, spätestens Ende Januar werde ich also anderswo wohnen, und zwar allein. Wieder allein nach zehn Jahren Zweisamkeit, das ist schon ein Abenteuer! Allerdings bin ich guten Mutes, dass ich mittlerweile über genug Routinen und zu meinem Leben passende Gewohnheiten verfüge, um nicht völlig aus der Form zu geraten, wenn ich es nicht selber will.
Da sich bei mir – mal abgesehen von der Auflösung der Wohngemeinschaft mit meinem liebsten Freund – kein bleibender Wunsch nach Ortsveränderung eingestellt hat und ich den Aufwand des Umzuges fürchte, neige ich dazu, eine leere Wohnung im selben Haus zu mieten: etwas kleiner und mit einem Zimmer nach hinten hinaus, und damit wesentlich ruhiger. Mal sehen, ob das klappt, morgen hab ich einen Besichtigungstermin.
Yoga: Ruhiger muss das Zimmer sein, weil ich mich entschlossen habe, nach 12 Jahren Praxis endlich selber Yoga zu lehren: diesen wunderbar diesseitigen ZEN-Yoga meines Lehrers Hans-Peter Hempel, der mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist. In der letzten Woche hab‘ ich ihn um die Erlaubnis gebeten, Anfänger anzuleiten, und er hat zugesagt, mich zu unterstützen. Das zweite Zimmer wird also ein Yoga-Zimmer, genau wie bei ihm! Genau wie er werde ich niemals anstreben, ausschließlich vom Yoga zu leben, und also in der Lage sein, mit ganz kleinen Gruppen von vier bis fünf Leuten zu arbeiten.
Gestern früh war ich dann zum ersten Mal in der TU, wo Hans-Peter in einer Sporthalle einen Anfängerkurs für die Studenten gibt. Es ist dort zwar eine recht große Gruppe, doch um zu lernen, wie die Stunden mit Anfängern ablaufen, ist es optimal. Lang war ich nicht mehr in einem solchen öffentlichen Gebäude und die fast militante Hässlichkeit der Umgebung, die absolute Lieblosigkeit, mit der die Räume ausgestattet bzw. mit dem Notwendigsten voll geknallt sind, hat mich schon erschüttert! Aber egal, als die 14 jungen Frauen und Männer vor uns auf ihren Matten lagen und Hans-Peter damit begann, übend, zeigend, redend und berührend die Grundlagen zu vermitteln, war es eine Yoga-Stunde wie jede andere: ruhig, konzentriert, lehrreich – das Buddha-Feld breitet sich überall aus, wo man es lässt.
Der physische Raum, das fällt mir immer mehr auf, ist in unserer Welt ein Problem-Bezirk. Das geht über öffentliche Straßen und Plätze mit ihren Verwahrlosungserscheinungen, betrifft sämtliche unter öffentlicher Verwaltung stehenden Einrichtungen (Behörden, Unis, Krankenhäuser…), betrifft aber auch viele ganz gewöhnliche, durchaus gepflegte Veranstaltungsräume: man sitzt unbequem, zu viele Menschen drängen sich auf zu engem Raum, es ist zu kalt, zu heiß, zu zugig, zu ungelüftet, zu verraucht, Kochgerüche durchwabern Orte, wo man sich eigentlich auf geistige Themen konzentrieren will – überall ist der Grund derselbe: die Menschen SPÜREN NICHTS mehr, sind völlig DICHT und in ihr Grübeln, Wollen, Fürchten, Meinen, Planen versponnen. Und die Räume sind nur die äußersten Hüllen, es geht weiter mit den Klamotten: wenn ich mir das ganze Programm der Billigklamotten in den Massen-Läden so angucke, vor allem ANFüHLE, dann ist das meiste aus Vollsynthetik oder Mischgewebe, unbequem kratzend, Allergien unterstützend, Schweiß treibend, Hautatmung verhindernd – aber weil es modisch aussieht und billig ist, ziehen die Leute freiwillig solche Folterklamottten an und gewöhnen sich schon früh daran, den virtuellen Schein („wie mich die anderen finden, wie ich wirke…“) über das Sinnlich-physische Sein zu stellen und Letzeres nach und nach ganz zu vergessen.
Dass dann auch der Körper selber langsam aus der Wahrnehmung gleitet und jeder Bezug zur eigenen Befindlichkeit abhanden kommt, bemerken viele erst dann, wenn es brennt, wenn eine richtige Krankheit daran erinnert: Hey, es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als dein medialer Input dich täglich träumen läßt!
Aber darüber könnte man endlos Bücher schreiben, die dann ja auch wieder nur in voller Ignoranz des Körpers gelesen werden. Das ist nun mal nicht die Welt des Denkens, es bedarf einer Praxis, die alle Aspekte des Menschen – Gedanke, Gefühl, Körper – wieder ins natürliche Zusammenspiel bringt. Für mich ist das ZEN-Yoga, für dich kann es etwas anderes sein, Hauptsache, es gelingt, dran zu bleiben, damit die Wirkungen sich auch entfalten können.
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