Claudia am 07. April 2007 —

Ostern ?

Dass schon wieder Ostern ist, hab‘ ich erst letzte Woche bemerkt. Innerlich lebe ich einen Tages- und Wochenrythmus, in dem Feiertage (außer Weihnachten) nicht ohne Anstöße von außen auffallen. Bis Samstagmittag arbeite ich, dann ist Wochenende – Montags geht es wieder weiter. Als mein Liebster mich jetzt darauf aufmerksam machte, dass vier freie Tage am Stück zur Verfügung stehen, wurde mir bewusst, dass ich die Feiertage bisher nur am Rande registriert hatte: als Tage, an denen ich davon ausgehen kann, dass niemand etwas von mir will, zumindest nicht geschäftlich – also eine gute Zeit, um in Ruhe Dinge abzuarbeiten, die ansonsten leicht von „Wichtigerem“ verdrängt werden.

Nun hab‘ ich also beschlossen, endlich auch „die Feiertage zu heiligen“, selbst dann, wenn sie nicht auf den Sonntag fallen. Da es die erste Saison des wilden Gartens ist, der mir im letzten Sommer in den Schoß fiel, ist das auch nicht wirklich ein Problem: es gibt jede Menge zu pflanzen, zu gießen, zu beobachten und zu fotografieren – und wenn es warm genug ist, liege ich auch gerne einfach nur im Liegestuhl und blinzle in die Sonne.

Wenn ich allerdings im Kiosk die Schlagzeilen der Zeitungen lese oder mal im TV durch die Kanäle zappe, bemerke ich, wie ferne mir „Ostern“ als Feiertag ist. Kommt es mir nur so vor oder ist der Eindruck richtig, dass zur Zeit wieder mehr „Christentum zelebriert“ wird? Obwohl ich als Kind den üblichen Indoktrinationen der katholischen Kirche (Religionsunterricht, Kommunion, Firmung..) nicht ausweichen konnte, ist davon nichts geblieben, was innere Saiten zum Klingen bringen könnte. Ich bin nach wie vor nicht damit einverstanden, wie das Martyrium eines religiösen Rebellen christlicherseits interpretiert und zelebriert wird, als wäre sein Ableben das Wesentliche gewesen – von der „Auferstehung“ mal ganz zu schweigen!

Jesus am Kreuz als DAS beherrschende Symbol der Christenheit war mir immer schon suspekt: was für eine Leidens-verliebte Religion! Für mich läge es weit näher, etwa die „wundersame Brotvermehrung“ symbolisch durch die Jahrtausende zu feiern: seht her, wenn die Menschen „im rechten Geiste“ zusammen kommen, reichen auch geringe Mittel aus, um alle satt und glücklich zu machen! Statt dessen werden die Einzelheiten der grausamen Kreuzigung und des Weges dahin wieder und wieder ins Bewusstsein gehoben, in Prozessionen nachempfunden, in Bildnissen verewigt – nö, das inspiriert mich gerade NICHT zu irgend einer Form des Nacheiferns, wenn mir auch klar ist, wie es gemeint ist: nicht das Leiden selbst, sondern die Transzendierung des Leidens durch Hingabe (an Gott-Vater) wird hier (eigentlich…) gefeiert. Das kommt aber aus meiner Sicht nicht wirklich rüber, die exzessive „Kreuzverehrung“ als Teil des Karfreitags-Ritus setzt gefühlsmäßig ganz andere Schwerpunkte – hierzu sei mal Wikipedias Artikel zum Stichwort „Karfreitag“ zitiert:

„Ein Kreuz mit oder ohne Darstellung des Gekreuzigten wird den Mitfeiernden hoch erhoben gezeigt („Kreuzerhöhung“) und alle mit dem Ruf: „Ecce lignum crucis, in quo salus mundi pependit. Venite adoremus“. Zu deutsch: „Seht das Holz des Kreuzes, daran gehangen der Herr hat. Kommt, lasset uns anbeten!“, zur Kreuzverehrung eingeladen. Dabei wird entweder ein verhülltes Kreuz in den Altarraum gebracht, dort in drei Schritten enthüllt und gezeigt. Oder ein unverhülltes Kreuz wird in Prozession vom Kircheneingang zum Altarraum getragen und während der Prozession dreimal die Kreuzerhöhung mit dem Aufruf zur Kreuzverehrung vorgenommen. Danach treten alle Mitfeiernden in einer Art Prozession zum Kreuz und verehren es durch die klassischen Zeichen der anbetenden Kniebeuge und des Kusses.“

Gruslig! Wie kann man nur… Nun ja, Christen konnten und können sich offenbar darin finden, ich merke bei alledem überdeutlich: zwar hab‘ ich kulturell bedingt „christliche Wurzeln“, aber ich bin keine Christin und war es eigentlich auch nie.

Nun, Ostern als Frühlingsfest, das den Neubeginn des Lebenszyklus feiert, kann ich auch ohne innere Verrenkungen und Irritationen nachvollziehen und genießen. Regelmäßig fasziniert es mich, wie die Natur im Frühling quasi explodiert: einfach so, unendlich freigiebig, kostenlos und unbezahlt – ganz ohne besonderes „Motivationstraining“, wie es Menschen allzu oft brauchen, um einfach tun zu können, was anliegt.

Bei mir liegt jetzt einkaufen an: zwei Tage ohne Supermarkt-Zugang wollen überbrückt werden. Im Garten hat sich Besuch angesagt, ein Standort für weitere Lilien muss gefunden werden und der anderswo „gerettete“ Efeu darf seine Überlebenskünste an der Gartenmauer beweisen.

Ich wünsche allen, die hier vorbei surfen, wunderschöne Ostertage!

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Diskussion

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8 Kommentare zu „Ostern ?“.

  1. Ich wünsche dir schöne Tage in deinem herrlich, wilden Garten!

  2. Hallo Claudia,
    zuerst einmal frohe Tage im Sinne von Muße, Freiheit und Zeit.

    Eine Religionsgemeinschaft, der Stifter Liebe verkündet und deren Administraten mit der Hölle drohen, die zigtausende Menschen gefoltert, verbrannt, gehängt und sonst vernichtet hat, die unsägliches Leid über die Menschheit gebracht hat und sich dafür nicht schämt und bis heute nicht entschuldigt hat, gehört geächtet.

    Gruß Hanskarl

  3. @Hanskarl,
    das ist eine sehr einseitige Sicht und tut der großen Mehrheit der Christen Unrecht, die sich (jetzt und zu jeder Zeit der Geschichte) um die vom Stifter gepredigte Liebe bemühen oder auch nur „Festtags“-Christen sind.

    Ich hätte mir zu Ostern liebevollere Kommentare gewünscht.

    @Claudia
    danke! War grade wieder dort – auch ohne Sonne ist es eine große Freude!

    Lieben Gruß

    Claudia

  4. Liebe Claudia,

    auch wenn schon Ostermontag, möchte ich dir noch frohe Ostergrüße rüberschicken. Ich genieße Berlin und den Frühling derzeit auch sehr. Christliche Wurzeln habe ich ähnlich wie Du es beschreibst, ab und an klingt da auch noch was durch, allerdings „nur“ in der elementaren Sicht (Transzendierung von Leid) und in der Form wie ich es denke, daß es der Stifter so gedacht hat. Und ja, Feiertage sind halt zum Feiern gedacht und nicht zum Arbeiten, genau. Also feiere recht schön. :-)

    Viele Grüße,
    Michael

  5. Liebe Claudia,

    ich habe nicht vor, Dich zu „bekehren“. Nur dies: Ohne den Glauben an die Auferweckung dieses „Märtyrers“ wäre sein Leiden und Kreuz ebenso der Vergessenheit anheimgefallen wie das ungezählter anderer. Daß im Vergleich zum Ostermorgen der Karfreitag so genüßlich zelebriert wird, hat sicher viel mit der menschlichen Psyche zu tun – konstituierend für diese Religion ist es trotz allem Augenschein eher nicht!

    Lieben Gruß,
    Hans.

  6. Liebe Claudia,
    Deinen Worten zum „Osterfest“ kann ich nur zustimmen. Auch ich (rk erzogen) kann mit diesem Fest gar nichts anfangen, außer, wie Du bereits erwähnt hast, festzustellen, dass das Frühjahr vor der Tür steht, die Gartenarbeit ruft und man/frau sich mal im Liegenstuhl dem Nichtstun widmen kann. Jetzt sitze ich bereits wieder in der Redaktion und Ostern ist Vergangenheit. Freu mich jetzt auf Pfingsten.
    Lieben Gruß
    Hilla

  7. Liebe Claudia,
    gibt es bei Dir in der Nähe eine Osternachtsfeier? Karfreitag ist für mich auch nur schwer auszuhalten, ich sehe ihn aber als nötige Voraussetzung für den strahlenden Ostersonntag.
    In einer Osternachtfeier kommt das konzentriert zum Ausdruck und wird nachvollziehbar, Beginn in völliger Dunkelheit mit der Erinnerung an die Verzweiflung der Jünger und dann der Sonnenaufgang und die Gewissheit, dass Jesus nicht tot ist. Ich bin evangelisch, erst mit den Fragen meiner damals 3-jährigen Tochter wieder zum Christentum zurückgekehrt und habe schon viel Trost und Hilfe aus dem Glauben erfahren. Den heutigen Christen immer noch die Kreuzzüge anzulasten, das finde ich etwas weit hergeholt.

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