Ist es einen Diary-Eintrag wert, wenn es einem einfach nur gut geht? Only bad news are good news, heißt es doch, und was ist schon spannend daran, zu lesen, wie alles flutscht und die Laune steigt? Nichts, nichts, nichts, doch ist mir das für den Moment schnuppe!
Letztes Jahr hatte ich beschlossen, meine Arbeits- und Finanzlage so zu verändern, dass ein bisschen Rücklage entsteht, um auch mal ein paar Wochen krank werden oder verreisen zu können. Das hat geklappt, und zwar ganz ohne besondere Anstrengungen oder Verzichtsgefühle. Im Nebeneffekt fühle ich mich jetzt auch freier, nicht ALLES machen zu müssen, was mir angetragen wird, was dem Geschäft nicht etwa schadet, im Gegenteil.
Gestern fragte ich einen Taxifahrer: Spüren Sie eigentlich den „Aufschwung“? Ja, sagte er nach kurzem Zögern, die Tariferhöhung habe sich nicht negativ ausgewirkt und es fahren wieder mehr Leute Taxi. Wenn ich die Zeitung aufschlage, lese ich, dass die Lage der Unternehmen glänzend sei, trotz hohem Euro-Kurs, hohem Ölpreis und Mehrwertsteuererhöhung. Die Arbeitslosenzahlen sinken, die Steuereinnahmen sprudeln, so dass sogar ernsthaft daran gedacht wird, den Riesenschuldenberg abzubauen, und selbst die langjährig miese „Binnennachfrage“ hat sich erholt: Es wird wieder mehr konsumiert und investiert – und ich hab‘ mitgemacht und mir bei Ebay ein Fahrrad ersteigert.
Mal abgesehen vom sportlichen Effekt soll mir das Fahrrad ein Anreiz sein, mal wieder weiter als bis in den Garten zu kommen, der zur Zeit so wunderbar blüht und sprießt, dass ich gar nicht mehr weg will. Angesprochen, ob ich mir da nicht drahtlosen Netzzugang zulegen könne, um auch dort meiner Arbeit nachzugehen, hab‘ ich dankend abgewinkt: es gibt ein Leben neben der Arbeit, ich bin froh, endlich mal in der Erde wühlen zu können, anstatt in die Tasten zu hauen – und zwar mit mindestens dem gleichen Vergnügen!
Das quasi automatische „Ja, aber..“, das mich beim Beschreiben des bloß Positiven fast ein Gefühl der Sünde spüren lässt, entlarvt zur Zeit seinen Charakter als „deutsche Macke“. Das Bewusstsein auf die Haare in der Suppe zu lenken, anstatt sich dem Wohlgeschmack hinzugeben und einfach Dankbarkeit zu spüren, ist schon eine komische, nicht unbedingt Glück bringende Gewohnheit, die im Moment ein wenig von mir abfällt.
Meine alten Kunden wollen derzeit eher MEHR als weniger, es finden sich sogar neue ein, ganz ohne dass ich werben müsste. Ich habe also mehr Arbeit, doch schaffe ich sie in kürzerer Zeit: weniger im Netz rumlungern, effektiver und verdichteter arbeiten – auf einmal geht das ganz leicht, denn es gibt plötzlich gute Gründe, fertig werden zu wollen. Die Gewohnheit, Dinge vor mir her zu schieben, um ein bisschen „Freizeit mit schlechtem Gewissen“ raus zu schlagen, baut sich nach und nach ab: es war ein Trick des Unbewussten, um überhaupt zu so etwas wie zielloser Muße zu kommen, denn wenn ich etwas fertig hatte, ging es ohne spürbare Pause weiter zur nächsten Aufgabe. Wenn die Anforderungen der Kunden befriedigt waren, gab es ja immer genug eigene Projekte, die mich an den Monitor fesselten – jetzt lockt mich der Garten, der Frühling, die Sonne raus aus der Bude, wie schön!
Doch jetzt ruft mich die Arbeit – ich will ja auch den Bogen nicht überspannen mit allzu viel Freude am Dasein. Das nächste Problem, die nächste „Frage nach dem Wesentlichen“ kommt bestimmt, dann gibt’s auch wieder interessantere Artikel!
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