…wir aber lieber nichts davon wissen wollen
Was ist der Reiz an einer Veranstaltung wie der Tour de France?? Warum gucken so viele Menschen, die selbst ein bewegungsarmes Leben am Schreibtisch führen, begeistert hin und fiebern mit den Athleten? Und sind dann vergrätzt, wenn sie erfahren, dass diese so „gehypten“ Spitzensportler alle bekannten Mittel einsetzen, um den Erwartungen gerecht zu werden – warum? Sie wollen doch nur siegen, also das tun, was man von ihnen erwartet.
Aber doch nicht mit unlauteren Mitteln, mag jetzt der moralisch Empörte einwenden. Doch was „Doping“ ist, ist eine Frage der Definition, die sich mit dem Stand der Wissenschaft ändert. Was früher nur ein Mittel gegen Schnupfen war, ist heute verboten – arme erkältete Radfahrer! Das modische „Epo“ wurde nicht für Etappensieger, sondern für Nierenversager entwickelt, und „Blutdoping“ benötigt nicht einmal pharmakologische Stoffe. Die kreative Nutzung von Medikamenten und Therapieformen zur Leistungssteigerung gehört zum Spitzensport, und wo man die Grenze zieht zum „unlauteren Mittel“, ist im Grunde beliebig. Die Listen verbotener Stoffe und Methoden werden jedes Jahr fortgeschrieben, je nachdem, was gerade als „illegal“ oder als erlaubte Nahrungsergänzung bzw. legitime Trainingsmethode gilt.
Worauf ich hinaus will: Glaubt eigentlich irgend jemand, es sei GESUND, sich derart einseitig „in Form zu bringen“, dass man solche Spitzenleistungen erzielen kann? Die Folgen der Dauerbelastung des Körpers durch Hochleistungstraining sind krass, auch schon ganz ohne Doping: Gelenkschäden, ausgeleierte Sehnen, Muskelverkürzungen, Sportlerherzen, Schwimmerschultern, Radfahrer-Impotenz, ein ständig angeschlagenes Immunsystem, anfällig für Viren und Infekte aller Art. Dazu mal ein Zitat:
„Jede Art körperlicher Höchstbelastung, so formulierte es Professor Uhlenbruck von der Sporthochschule Köln, „wirkt im Organismus ähnlich wie ein entzündlicher Herd: Abwehrzellen wandern in die beanspruchte Muskulatur und beginnen dort ‚aufzuräumen‘. Kommt es dann aber zeitgleich zu einer an sich belanglosen Infektion, fehlen diese Kräfte eben an der ‚zweiten Front‘.“
Spitzensportler sind also Menschen, die sich auf verschiedenste Weise selbst beschädigen und freiwillig zu Krüppeln machen, um in einer einzigen Disziplin Hochleistungen zu vollbringen – und so etwas findet die breite Masse der Begeisterten auch noch toll! Verrückterweise kommt dieser Wahnsinn gar noch mit einem Gesundheits-Image daher, das ungefähr so stimmig ist wie das Schönheitsideal „magersüchtige Bohnenstange“, an dem Hochleistungs-Fasterinnen freiwillig zugrunde gehen.
Die moralische Empörung, die jetzt durchs Land schwappt, ist nichts anderes als eine beleidigte Reaktion auf die Zumutung, die unverstellte Wirklichkeit zu sehen. Das ganze Märchen vom vorbildhaften, gesunden Spitzensport bricht zusammen und man erblickt sich selbst als geifernder Zuschauer im Kolosseum, den Gladiatoren zujubelnd, die sich in der Arena gegenseitig umbringen, auf dass die Volksseele eine Gaudi hat.
Wie eklig! SO wollen wir uns nicht selbst sehen, das darf einfach nicht sein! Da glauben wir doch lieber immer wieder aufs Neue daran, dass es nur ein paar böse Buben sind, die „unlautere Mittel“ anwenden und „den Sport beschädigen“. Der doch an sich so sauber und gesund ist – was denn sonst?
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10 Kommentare zu „Warum Doping sein muss…“.