…diese Frage habe ich Bernd Franzen gestellt, dessen Entspannungsblog „Im Alltag leben“ ich gerne lese. Ich freue mich, dass er sich zu einem Gastbeitrag zu diesem spannenden Thema hat hinreissen lassen!
Geld?
Als Claudia mich fragte ob ich zu dem Thema etwas schreiben wollte, war ich erst einmal überfahren.
Geld ist immer ein Thema – aber für mich eines mit Stolpersteinen, weil mir dazu der Bezug fehlt.
Früh stand ich auf mehr oder weniger eigenen Füßen. Das Studium habe ich alleine finanziert, bin also schon in jungen Jahren darauf angewiesen gewesen von dem zu leben, was ich erwirtschafte. Man sollte annehmen, dass man es dann lernt, Geld zu schätzen.
Geld bestimmt unseren Status. Mit Geld sind wir Privatpatient beim Arzt, fahren erster Klasse – egal ob bei PKW, Bahn oder Flugzeug, haben ein dickes Büro ganz oben im Haus und in der Hierarchie. Mit Geld können wir uns das Leben bequem machen in dem wir andere für uns arbeiten lassen können und mit Geld haben wir viele Freunde. Jedenfalls wenn sie etwas von uns erwarten können. Geld ist Macht, Macht macht frei, weil wir selbst entscheiden können. Macht ist geil!
Es scheint ein Genfehler zu sein. Alle diese Verheißungen des Geldes haben eines nie vermocht: Mich zu animieren mehr dafür zu tun, als unbedingt nötig. Kostspielige Statussymbole sind nicht mein Ding. Beruflich und familiär bin ich auf ein Auto angewiesen, also habe ich eines. Sogar ein bequemes, weil ich Vielfahrer bin und die alten Leute in der Familie einen guten Einstieg brauchen. Es ist aber kein Stern dran und aus Bayern kommt es auch nicht. Wir nennen das Ding französische Badewanne und es passen 7 Leute rein. Das ist praktisch und bequem. Und wenn eine Schramme dran ist, dann ist die eben dran.
Die Einrichtung ist von einem schwedischen Möbeldiscounter, weil niemand von uns Böcke hat, für einen Sessel tagelang durch die Gegend zu laufen. Zudem tut es der alte Sessel noch, wenn man eine Decke drüber legt. Wenn ich in unserer Vorortstraße, wo viel Wert auf Statussymbole gelegt wird, wahrgenommen werde, dann vermutlich als der Typ mit den vielen Pflanzen vor dem Haus, von dem niemand so richtig weiß wie und wovon er lebt. Was „Richtiges“ kann es jedenfalls nicht sein ;-)
Es ist durchaus nicht so, als wüsste ich Luxus und Bequemlichkeit nicht zu schätzen. Selbst Macht haben oder die nach außen gehende Darstellung von genug Geld (= genug Macht) ist mir keine besonders unangenehme Vorstellung. Die dafür notwendige Geldmenge zu erwirtschaften würde aber bedeuten, dass diese Dinge in meinem Leben eine zentrale Stellung einnehmen würden. Und da liegt der Knackpunkt. Der Genfehler ist wohl ein Fehlen von Sehnsucht nach Machtsymbolen und die damit verbundenen falschen Freundschaften.
Früh ’selbstständig‘, immer freiberuflich arbeitend, mit Kindern und Familie muss man lernen mit Geld umzugehen. Wenigstens der „Grundkurs“ soziale Absicherung und „Wie ich meine Krankenkasse bezahle“ sind Pflicht. Aber warum soll ich mich in die Mühlen begeben um ganz besonders viel Geld verdienen zu wollen?
Lebensunterhalt: Nebenprodukt frei gewählter Arbeit
Ich arbeite viel. In einem Brotberuf, zusätzlich als Yogalehrer und Entspannungstrainer und bin ehrenamtlich im Vorstand eines bundesweit tätigen Verbandes der Gesundheitsselbsthilfe tätig. Schon immer habe ich Dinge „gearbeitet“ die mir etwas bedeutet haben. „Jobs“ hatte ich nur in meiner Studienzeit, um Miete und Nahrungsmittel zu bezahlen. Danach ging es in so gut wie jeder Tätigkeit nicht mehr primär um den Lebensunterhalt: der ist sozusagen als Nebenprodukt abgefallen. Es waren immer Projekte oder Tätigkeiten die ich übernommen oder angenommen hatte bevor ich wusste, ob man damit auch Geld verdienen kann. Ich habe mich auch nie um eine „Stelle“ beworben, es waren immer andere, die auf mich zukamen und mir etwas Interessantes angeboten haben. Oder es wurden Ideen für Projekte gemeinsam entwickelt und dann auch durchgezogen.
Da ich mir in den Kopf gesetzt habe in Zukunft mehr Entspannung zu unterrichten, stehe ich jetzt allerdings erstmals unter dem Zwang, Werbung für meine Kurse machen zu müssen. Eine interessante Erfahrung, erstmals in meinem Leben um Arbeit, wenigstens ein wenig, buhlen zu müssen. Aber auch hier ist es nicht das Geld, was mich treibt. Es ist wieder der brennende Wunsch, hier mehr zu machen. Geld im machtbringenden Umfang lässt sich als Yogalehrer ohnehin nicht verdienen.
Also bedeutet mir Geld nichts?
Doch, Geld bedeutet mir etwas. Wohnung, Essen, soziale Absicherung sind mir wichtig. Und ich bin sehr dankbar, dass ich mir darüber nicht mehr Sorgen machen muss als jeder andere, der einer Arbeit nachgeht. Für diese Dinge reicht es im Moment, die Situation ist stabil. Zudem stehe ich nicht alleine da, denn meine Partnerin unterstützt mich und die Absicherung der Familie betreiben wir als Familie, nicht als Einzelkämpfer.
Und was ist mit Geld = Macht?
Macht hat mindestens zwei Aspekte. Die Lust daran andere zu beherrschen auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Bedürfnis nach Anerkennung. Zum ersten Aspekt habe ich tatsächlich keine Beziehung. Beherrschen bringt mir keinen Lustgewinn, denn ich mag das Gespräch, den Austausch und die Liebe auf Augenhöhe. Wollte ich beherrschen müsste ich darauf verzichten.
Bleibt die Anerkennung. Ja, die möchte ich. Darauf lege ich Wert. Ich möchte durch das, was ich tue, Wertschätzung erfahre. Durch mein Tun, meine Arbeit und die Art und Weise wie ich mit den Menschen umgehe. Das sind die Dinge die mir Anerkennung bringen.
Das ist auch eine Aufgabe, denn die Menschen mit denen ich umgehe, sind empfindlich. Sie wollen ernst genommen werden und haben es verdient. Wenn ich ihnen mit Macht- und Imponiergehabe käme, verlöre ich sie.
Mehr Geld würde mir nicht mehr Anerkennung geben oder mehr Zufriedenheit. Darum ist genug Geld da.
Bernd Franzen.
Freiberuflicher Biologe und Entspannungstrainer.
Bloggt vor allem zu Entspannungsthemen und Yoga unter blog.imalltagleben.de
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32 Kommentare zu „Wie viel Geld ist für dich GENUG?“.