Die Ursachen für die Finanz- und jetzt Wirtschaftskrise sehen viele Autoren recht unterschiedlich: gierige Banker, Deregulierung, neoliberaler Geist, Virtualität des Geldes (FiatMoney) – und natürlich die „Zinsknechtschaft“, das Geldsystem, das aufgrund des Zinsenszins alles zwangsläufig in den Untergang reiße.
Je öfter ich über all das nachdenke, desto eher komme ich auf vergleichsweise einfache Ideen: nämlich das Leben auf Kredit in Gesellschaften, deren Wirtschaft mit ihren schnellen Produktzyklen einen Überfluss erzeugt, den eigentlich niemand wirklich braucht. Weil die Produzenten ja nicht einfach aufhören können, wenn ihr Produkt „ok so“ ist, muss die nächste Version entwickelt und irgendwie in den Markt gedrückt werden, auch wenn es das „alte Ding“ noch immer gut tut. (Absurder Gipfel: z.B. Windows Vista, das nur mit der „Downgrade-Option“ auf XP verkäuflich ist).
Neue Autos, neue Küchengeräte, neue Möbel, der Zweit- und Dritt-Urlaub: „Kaufe jetzt, zahle später“ ist die erfolgreiche Methode, mit der ein Überkonsum ermöglicht wird, der gar nicht zustande käme, würden alle nur dann etwas kaufen, wenn sie genug dafür angespart hätten.
Wie wir wissen, haben die Amerikaner das Leben mit Schulden in ungeahnte Höhen getrieben, doch auch hierzulande wird allüberall „Finanzierung“ angeboten: in ganz normalen Prospekten fallen schon nur noch die Ratenzahlungspreise ins Auge, den Gesamtpreis muss man mit der Lupe suchen. Mit allen Mitteln soll die schöne bunte Produktwelt unters Volk gebracht werden, damit die Überproduktion weiter gehen kann.
Was aber bedeutet Kauf per KREDIT? Es ist eine Spekulation auf die Zukunft, die damit rechnen muss, über den gesamten Zeitraum der Abzahlung ein Einkommen zu erzielen, dass es auch ermöglicht, den Schuldendienst zu leisten. Einige Zeit klappt das auch bei einer Mehrheit der Kreditnehmer, so dass sich das Ganze trotz einiger Ausfälle für die Kreditgeber rechnet, schließlich werden ja enorme Zinsen eingenommen. Allerdings gibt es in diesem System keine Stopp-Marke: ein voll ausgestatteter Kreditnehmer darf nicht einfach AUFHÖREN, zu konsumieren, denn dann fänden die nächsten Produkte, die die Unternehmen ausspucken, keinen Absatz mehr. Es muss also immer MEHR Kredit unters Volk, das bereits den Konsum von vorgestern und gestern abzahlt (plus Zinsen!), was logischerweise nur mit einem fortwährend deutlich steigenden Einkommen möglich ist.
Da es aber kein linear ungestört verlaufendes Wachstum gibt, droht irgendwann der „Vertrauensverlust“: es wird auch dem eifrigsten Kaufe-jetzt-zahle-später-Menschen klar, dass all die Kredite niemals zurück bezahlt werden können, die an immer mehr Menschen ausgegeben wurden – auch an immer mehr solche, bei denen die „Spekulation auf künftige Einkommen“ vom Start weg eine Illusion war. Und wie wir wissen, gilt: wenig Schulden sind das Problem der Schuldner, VIELE Schulden ein Problem der Bank! Bzw. im noch größeren Maßstab dann eines der Wirtschaft im Ganzen.
Das „virtuelle Spielkasino“ der Finanzmärkte, das mittels „Verbriefungen“ und Weiterverkauf von Schulden alles dazu tat, die „Rückzahlungsillusion“ möglichst lange aufrecht zu erhalten, ist im Grunde eine Sumpfblüte auf den faulenden Gewässern der Überproduktion. Damit korrespondiert eine Kultur des „Hard Working“, die nichts anderes mehr als WERT anerkennt als den Status des Einzelnen im Getriebe von Produktion und Konsum.
Die Einsicht, dass solches Produzieren und Verbrauchen auf Teufel komm raus den Planeten plündert, wertvolle Ressourcen verschwendet und die Klimakatastrophe verschärft, hat kaum jemanden zu anderem Verhalten motiviert. Denn dieses „andere Verhalten“ führt ja erstmal nicht zu wirtschaftlichen Verbesserungen, sondern hat im Gegenteil die Tendenz, das Ganze erst richtig zum Krachen zu bringen: weniger Konsum, weniger Arbeit/Produktion, sparen anstatt Schulden aufnehmen ist das Ende einer auf Kredit basierenden Wirtschaft – und was dann bzw. statt dessen kommen soll, wissen wir einfach nicht.
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8 Kommentare zu „Krise: Leben auf Kredit braucht Wachstum“.