Die dritte Reise nach Kambodscha, die ich eigentlich vorgehabt hatte, wird nicht stattfinden. Das ist schon seit einigen Wochen klar: nicht nochmal an denselben Ort, der einfach zu weit weg liegt, um mit gutem Gewissen „just for fun“ ein drittes Mal Geld, Zeit und einen allzu langen Flug dafür aufzuwenden.
Manchmal ist mir da schon ein wenig wehmütig ums Herz, denn auch zweimal 6 Wochen haben gereicht, um mir heimelige Gefühle zu vermitteln: Das wundervolle Appartement mit Blick auf die Riverside von Phnom Penh, in dem ich bei meinem lieben, aber sehr fernen Freund P. zu Gast war; die bunten, sinnlichen, lauten und sehr sehr exotischen Märkte, der frühmorgendliche Singsang der buddhistischen Mönche, der Ruf des Muezzins fünfmal am Tag, pünktlich herüber schallend von der Moschee auf der anderen Seite des Tongle Sap – und alles eingetaucht ins helle Licht der Tropen, die schwüle Hitze, die alles verlangsamt und ein ganz anderes Lebensgefühl vermittelt: mehr im hier und jetzt, denn für mehr reicht die Energie einfach nicht. Angenehm!
Doch jetzt sitze ich hier am Monitor in Berlin-Friedrichshain bei wechselhaftem, gar nicht zu heißem Wetter. Das mediale Sommerloch ist trotz Wahlkampf spürbar, draußen gibt es viele Parkplätze, denn viele Berliner sind in Urlaub. Wüsste ich, dass ich im November wieder verreise, würde mir das kaum auffallen. So aber hab‘ ich nichts vor, was den Alltag zwischen Rudolfplatz und Kleingarten (immerhin!) unterbrechen wird – und zum ersten Mal spüre ich sowas wie „Urlaubsreife“.
Warum ich keine Touristin wurde
URLAUB war mir ein Leben lang suspekt: Bis 17 mit der Family immer am selben Ort in Bella Italia, verweigerte ich im folgenden dieses öde, immer gleiche Ferienritual, das mir nun äußerst spießig vorkam. Und doch hatte es mich, wie ich bei Gelegenheit einiger Reisen mit Freunden bemerkte, unabänderlich geprägt: Ich konnte mich nicht begeistern für diese flüchtige Herumreisen, heute hier, morgen dort, einfach mal gucken, essen gehen, vielleicht was besichtigen und schon bald wieder weiter. Was hatte ich mit diesen fernen Gegenden zu tun, wo ich weder jemanden kannte, noch irgend etwas vorhatte?
Ich LANGWEILTE mich und gab das urlauben einfach auf. Mein Leben sollte dort stattfinden, wo ich wohne, wo meine Freunde sind, wo ich arbeite und mich als Bürgerin berechtigterweise ins politische Geschehen einbringen kann. Ein angestrengtes, freudloses, von vielen Zwängen und einem Terminkorsett eingegrenztes Leben, das nur auf die vier Wochen Urlaub im Jahr schielt, wollte ich nie und nimmer führen! (So hatte ich das nämlich bei Kollegen mitbekommen während verschiedener Jobs meiner Studentenzeit: Kataloge wälzend, was man sich kaufen und wohin man reisen wird – für mich der Gipfel etablierter Leidenschaftslosigkeit!).
Auch Kambodscha war kein Urlaub mit „Erholungsabsicht“ gewesen: die Reisen hatten sich durch eine neue Freundschaft ergeben, durch die Einladung eines Menschen, der dort lebt und arbeitet. Der sich dann auch wundervoll um mich und meinen Begleiter kümmerte und uns Einblicke verschaffte, die man als Durchreise-Tourist (die im Schnitt 1,5 Tage für Kambodscha aufwenden) nie und nimmer gehabt hätte.
Mal raus aus dem Gewohnten…
Nun gut – vorbei! Aber was jetzt? Auf einmal vermisse ich die Gelegenheit, mal „aus allem raus“ zu kommen, die gewohnte Umgebung zu verlassen und all die routinierten Abläufe durch einen Ortswechsel zu unterbrechen. Es muss ja nicht gleich wochenlang sein…
Seltsam, das nun doch auch mal zu erleben: es geht eben NICHT darum, dass der eigene Alltag, das „normale Leben“ irgendwie nicht in Ordnung ist, um sich anderswohin zu wünschen. Im Gegenteil: für mich gibt es nichts, was ich mir da ANDERS wünschen würde, es ist alles gut, wie es ist. Und doch: mal wieder eine Abwechslung mit neuen Eindrücken wäre schon nicht schlecht! :-)
Mal sehen, was sich ergibt. Ein Wunsch ist ja wie ein Vakuum, das schnell irgend etwas ansaugt, um es zu füllen.
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6 Kommentare zu „Urlaubssehnsüchte eines Urlaubsmuffels“.