Immerhin sind das jetzt klare Verhältnisse: Schwarz-Gelb schaffte es auch OHNE die umstrittenen Überhangmandate, was zumindest eine Legitimationsdebatte vermeidet. Angela („die Zuversicht“) kennen wir schon gut, doch was die in den letzten Jahren auf „Wort halten“ so heftig eingeschworene Westerwelle-FDP in Sachen Bürgerrechte unternehmen wird, das muss sich erst zeigen. Noch in der Elephantenrunde verkündete Westerwelle, dass da einiges anders werden müsse – schau’n wir mal, was davon übrig bleibt, bzw. WER die Bürger sind, deren Recht da gestärkt werden sollen (Zahnärzte?).
Der Absturz der SPD wundert mich nicht: ohne eine Machtperspektive jenseits der großen Koalition gingen viele SPD-Wähler gar nicht erst hin. Freunde von mir haben die SPD „aus Mitleid“ gewählt, doch es hatten offensichtlich nicht genug Menschen solches Mitgefühl. Nun stehen also vier Jahre Opposition an: die SPD kann sich neu erfinden, bzw. „re-sozialdemokratisieren“ und auf eine linke Mehrheit beim nächsten Mal hinarbeiten. Dass der gesamte „Tanker“ mit seiner nicht zu verachtenden Organisationskraft demnächst für oppositionelle Inhalte kämpfen wird (wovon ich nach einer Umgewöhnungszeit ausgehe), ist ein „Kollateral-Nutzen“ des Wahlergebnisses – nicht alles ist ja NUR schlecht.
Dass die LINKE drittstärkste Kraft wurde und sich nun nicht mehr ignorierbar auch im Westen etabliert hat, lag angesichts der kommenden Verteilungskämpfe nahe. Auch sie wird sich in den nächsten vier Jahren verändern, denn es gilt, „koalitionsfähig“ zu werden – es wird innerparteiliche Flügelkämpfe geben und ich tippe mal: die Realos werden gewinnen. Sympathischer wär‘ mir diese Partei allerdings OHNE Lafontaine!
Dass die GRÜNEN ihr Ziel, drittstärkste Partei zu werden, zugunsten der Linken verfehlten, finde ich nicht weiter schlimm. Das hätte zwar dem Partei-EGO geschmeichelt, doch auch die Zweistelligkeit ist ja ein schöner Erfolg. Und natürlich hat Ströbele in Friedrichshain-Kreuzberg wieder sein Direktmandat bekommen – auch mit Hilfe meiner Stimme.
Und die PIRATEN? Die knapp zwei Prozent werden vielen Neu-Aktiven wenig vorkommen, doch hatten die GRÜNEN bei ihrer ersten Bundestagswahl auch nur 1,5% der Stimmen. Partei werden ist ein Langfrist-Unternehmen, keine Party für nur einen heißen Sommer. Ich wünsche mir, dass die Piraten dran bleiben und zu einer schlagkräftigen, vorerst noch außerparlamentarischen Opposition heran wachsen. Der Geldregen der Wahlkampfkostenrückerstattung wird hoffentlich dazu dienen, die Strukturen und Abläufe zu verbessern, ganz im Sinne von „klar machen zum ändern“. Wären sie dieses Mal schon „drin“ gewesen, hätte sie der parlamentarische Schock vielleicht zu einem Schatten ihrer selbst gemacht: fortwährend zwangsverstrickt in Diskussionen um das Abstimmungsverhalten bei den „anderen Themen“.
Alles in allem haut‘ mich das Wahlergebnis nicht vom Hocker und deprimiert mich auch nicht. Unter Rot-Grün sind eine Menge Dinge beschlossen und umgesetzt worden, die man eigentlich zum Wunsch-Repertoire von CDU und FDP gerechnet hat. Vielleicht gibt es ja jetzt analoge Prozesse in umgekehrter Richtung – sag niemals nie!
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Andere kommentieren:
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Weissgarnix: Rücktritt!
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Lummaland: Blick nach vorn im Zorn
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11 Kommentare zu „Zum Wahlergebnis: Klare Fronten – viel Bewegung“.