Claudia am 08. März 2010 —

Aus der Urzeit des Webs: Cyberzine Missing Link – eine Ausstellung

Eigentlich war ich auf der Suche nach einem meiner ersten Web-Artikel gewesen: „Vom Sinn des Lebens zum Regenwurmglück?“ bot einen Überblick über die 1996 im Web auffindbaren Philosophie-Projekte. So ergab sich eine kleine Philosophiegeschichte, die dann einige Jahre bei Studenten sehr beliebt war: in aller Kürze das Wesentliche über allerlei bekannte Philosophen – das fand sich so sonst nirgends.

Als ich den Beitrag dann gefunden hatte, verwarf ich meine ursprüngliche Idee, ihn zu aktualisieren. Statt dessen verlor ich mich immer mehr in staunender Betrachtung der uralten Webseiten, die auf meiner Festplatte und auf lange in Vergessenheit geratenen Archiv-Adressen im Web ein zweites Leben als Untote führten: Was für eine spannende Welt war das doch gewesen – damals 1996 im funkelnagelneuen Web 1.0!

Das „Cyberzine Missing Link“ war mein zweites Webmagazin – eine Erweiterung der ersten Homepage „Human Voice“, die noch sehr literarisch gewesen war. Jetzt wollte ich endlich „alles rund ums Internet“ zum Thema machen – und wie das 1996 so gegangen ist, kann man nun in einer AUSSTELLUNG besichtigen:

Cyberzine Missing Link - eine Ausstellung

Web 1.0: Das Cyberzine Missing Link von 1996/97.
(8.3. bis 8.6.2010)

1996 war das Jahr, in dem ich das Web entdeckte. Man musste sich damals mittels eines Modems ins Netz einwählen, Flatrates gab es noch nicht. Das Web war funkelnagelneu, HTML noch sehr einfach. Alle drei Monate erschien ein neuer Browser, der mehr konnte als der vorherige. Webdesign entwickelte sich in Windeseile, doch gab es noch keine Sehgewohnheiten und andere „Nutzungserwartungen“: jede Seite war ein Abenteuer und sah anders aus – einschließlich der Navigation (allermeist die damals übliche „Zick-Zack-Naviagation“: zurück geht es mit der Backtaste des Browsers! Über die Startseite sind bei weitem nicht alle Beiträge erreichbar: den vollen Überblick gibt jedoch das „Archiv“.)

Ich habe alle zur Ausstellung gehörigen Seiten mittels der Robots.txt vor den Suchmaschinen geschützt. Es ist trotzdem ein Wagnis, diese historischen Seiten aus den „wilden Tagen“ unverändert zu zeigen, aber ich mach’s jetzt einfach mal.

Möge mir der Himmel nicht auf den Kopf fallen! :-)

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Diskussion

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10 Kommentare zu „Aus der Urzeit des Webs: Cyberzine Missing Link – eine Ausstellung“.

  1. eine kleine Philosophiegeschichte, die dann einige Jahre bei Studenten sehr beliebt war: in aller Kürze das Wesentliche über allerlei bekannte Philosophen – das fand sich so sonst nirgends.

    Boah, wie toll, warum aber vorenthältst Du sie uns? (Oder bin ich nur zu dumm, den einen Link zu finden, den Einen, sie alle zu finden, für immer zu binden? Oje, eine Abschweifung..)

    Ich lese gerne (diesbezüglich und was das Denken bis Mitte des 20.Jahrhunderts angeht) Ernst von Asters ‚Geschichte der Philosophie‘ (bei Kröner, ein kleines Büchlein, das du überall mit hin nehmen kannst, und der Herr von Aster ist wunderbar direkt und wohl so gar nicht der Auffassung, der Klarheit des Gedankens diene belesen daher schwadronierende Unentschiedenheit), aber ich wäre stets dankbar für jeden Text, der ggf. besser sich eignete.

    Btw.: ich erinnere angesichts der technischen Revolutionen der neueren Zeit (Web, Twittern, Intertextualität) hier einmal mit Fleiß an den Herrn Parkinson und eines seiner hübschen Gesetze, welches lautete, die Effizienz einer Organisation sei umgekehrt proportional der Qualität ihrer technischen Repräsentation (zu Deutsch: auch 1024×800 lügt nicht weniger als 800×600, höchstens bestechend prägnanter)

  2. @Susanne: den Artikel (erwarte nicht zuviel! Ausgangspunkt war die naive Frage nach dem „Sinn des Lebens“.. :-) hab ich nicht direkt verlinkt, da er nun als Teil der Ausstellung seiner Außenverlinkung beraubt ist. Und ich wollte, dass die Leute über die Info-Seite einsteigen.
    Findbar ist “Vom Sinn des Lebens zum Regenwurmglück?” in der mittleren Spalte unter Philosophie. Vielleicht mach ich doch noch mal eine aktuelle Fassung – wieder mit stimmigen Links (die meisten waren ja eh veraltet/verschwunden).

    Update: ich hab jetzt doch die Version MIT Links wieder rein – einige sind immerhin noch erreichbar….

  3. Danke für Deine Mühe. Und natürlich für den Text!
    LG
    Susanne

  4. Hallo Claudia

    hab grad auf missing link rumgelesen: schon der Bau der Website ist ein ästhetischer Genuss! – Der Inhalt ist – trotz postmoderner Verzweiflung – indianisches Gespräch am Lagerfeuer: ich regrediere zum Ursprungsontologen!

    Neulich hab ich irgendwo gehört, daß die Abwesenheit des gestirnten Himmels in den lichtdurchfluteten Metropolen den historischen Sinn des Menschen auf reine Gegenwart verenge, – daß das allgegenwärtige Licht die eigentliche Verdunkelung unseres Erkenntnishorizontes sei:

    in einer klaren Nacht auf dem Lande sieht man nicht den Himmel, sondern den unendlichen Raum mit seinen Gestirnen, – erlebt sich selbst als kleinen Partikel in dieser großartig schlichten Pracht des schrecklich Schönen und das Gespräch, das wir in diesem Raum sind, wird wesentlich, und das heißt: bedeutend „unbedeutend“.

    Heideggers Ansinnen, daß die Philosophie zuende sei und daß wir anfangen müssten zu denken und das heißt: zu danken bewahrheitet sich gegenwärtig durch die tzunamihafte Flut medialer Verlautbarungen.

    Fünfzehn Jahre WEB haben – in my humble opinion – am Beispiel von missing link, die Verfallsgeschichte des Fortschritts wiedereinmal exemplarisch vorgeführt: Benjamins Engel der Geschichte und der fortschreitende Verlust der Aura des Kunstwerkes durch die Reproduzierbarkeit…

    Aber Leben und Sterben gehen weiter, immerfort… Also: iss und trink und sei guter Dinge, wie es das AT empfiehlt.

    Liebe Grüße!

  5. Hallo Claudia,

    so finde ich meine „Geschichte vom Telefonieren“ über deine Ausstellung wieder. Ich suchte den Text und tatsächlich gelang es mir mich zu erinneren wie ich damals früher vor einiger Zeit diesen Artikel in deiner Seite fand und genauso funktioniert es heute auch noch:

    Missing Link => Human Voices => Autorenliste „Human Writers“ und genau da stehe ich … tststs….

    das Netz vergisst nichts und bestimmte Wege, die wir mal gegangen sind, vergisst man eben auch nicht.

    Die Geschichte jedenfalls liest sich nach meiner Meinung immer noch gut. Und ich habe sie mir jetzt von dort heruntergeladen, denn im Original gibt es sie zwar noch, aber auf einer 5,25″-Diskette und die kann ich nirgends mehr lesen…

    schön, dass du die Ausstellung machst!

    Gruss nach Berlin, Connie

  6. Hi Connie!

    Schön, dass du dich hier einfindest! Es freut mich, mal wieder ein paar Leute von „damals“ zu kontakten. (Deinen Text werd ich gleich mal wieder lesen. )
    Dass „das Netz“ nichts vergisst, stimmt in diesem Fall nicht: das alles steht dort, wo du es jetzt findest, seit genau zwei Tagen – UND ich habe auch dafür gesorgt, dass die Suchmaschinen es nicht indizieren (es hat ja eher einen „Museums-Charakter“).

    Wär eigentlich toll, wenn auch andere noch ihre „Uralt-Seiten“ wieder zeigen würden – so als eine Art „dezentrales Museum“, aber miteinander verlinkt bzw. einer gemeinsamen Info-Seite.

  7. Hallo Claudia,

    auf meiner Seite „avantart.de“, die ja auch schon ein Museumsstück ist, mit inhaltlichem Schwerpunkt auf den Nach-Perestroika-Jahren bis ca. 2005, und seitdem nicht mehr sehr ausgebaut, habe ich doch tatsächlich die 1996-er Version meiner allerersten Webseite zwar versteckt, aber doch noch, aufgehoben.

    http://www.avantart.com/personal/avantart-cis/basis.htm

    so sah meine erste Seite bei Compuserve aus (hab nur die Jahreszahl in die Überschrift gesetzt)…
    da steht sogar noch eine uralte Compuserve-Nummern-Mail-Adresse…

    tststs….

    Liebe Grüsse nach Berlin aus (gerade wieder) Ostvorpommern!

    Connie

  8. H Connie, na wow, ist ja toll! Und der Award „TopHomepages“ prangt da auch, die gute alte Zickzack-Navi… man muss das Fenster etwas enger zusammen schieben, um einen „originalen“ Eindruck zu haben.. 800×600 war das damals – und das war schon ein Fortschritt, man diskutierte, ob es angesagt ist, SCHON dafür zu layouten…
    tja, die alten Zeiten…:-)

  9. Die schöne schwarze ästhetische Startseite mit der winzigen liegenden Frau rechts unten in der Ecke suche ich immer noch. Das wurde damals noch nicht archiviert?
    Gruß GH.

  10. […] noch immer kein Thema. 1995 entdeckte ich das Internet und war hin und weg! Begann sofort mit dem Bau von Webseiten, lebte weitgehend vor dem Monitor, machte mich als Webworkerin selbständig und startete im […]