In einer fulminanten Brandrede beklagt Hartwig Bögeholz auf Telepolis den Zustand der „politischen Klasse“, die prinzipienlos und inhaltsleer nurmehr hektisch auf Ereignisse reagiere, anstatt die Zukunft zu gestalten.
Einzig DIE GRÜNEN verfügten noch dank ihrer dreißigjährigen klaren Haltung in Sachen Atomkraft und Umwelt über einige Glaubwürdigkeit, die aber im politischen Alltag in Baden Württemberg ebenfalls drohe, den Bach ‚runter zu gehen. Würde das grüne Programm nämlich wirklich umgesetzt, gäbe es Proteststürme und die neuen Wählerscharen würden sich schnell abwenden, wenn sie merken, dass ihr eigener Lebensstil zur Debatte steht. Denn alles solle so bleiben, wie es ist – dies sei der wahre Wunsch der meisten Wähler:
Weil sich jedoch nicht wirklich verdrängen lässt, dass sich, selbst wenn alles so bleiben soll, vieles ändern muss, hat sich eine Neigung ausgeformt, die allen politischen Kräften, die tatsächlich gestalten wollen, heftig entgegenschlagen wird. Wenn sich nicht vermeiden lässt, dass etwas verändert wird, dann bitteschön woanders – aber nicht bei mir oder uns. So werden diejenigen, die im Lichte einer Katastrophe die Abschaltung der Atomkraftwerke befürworten, laut aufschreien, wenn neben dem eigenen Garten ein Strommast errichtet werden soll, der die dringend erforderlichen Leitungen für den Transport des Windstromes von Nord nach Süd trägt. Als Alternative werden sie darauf die unterirdische Verlegung der Stromkabel verlangen – und ebenso laut aufschreien, wenn diese wesentlich teureren Maßnahmen auf die Strompreise umgelegt werden.
(TP, 8.3.11)
Man kann den Gedanken locker noch weiter führen: Nimmt die Regierung dann neue Schulden auf, um den Umbau nicht auf die Strompreise durchschlagen zu lassen, schreien wiederum alle auf, weil die Neuverschuldung steigt, die Handlungsspielräume weiter eingeschränkt werden und die Stabilität des Euro in Gefahr gerät. Also: egal wie man’s macht, dem Wahlvolk wird es niemals recht sein!
Vom Gärtnern unter Stromleitungen
Das Bild stammt übrigens aus meinem Garten. Als ich die ersten Fotos dieses Gartens im wilden Gartenblog zeigte, formulierten Kommentierer gleich Bedenken, weil er „direkt unter Hochspannungsleitungen“ liegt. Ja, der Strommast steht recht nahe und in luftiger Höhe kreuzen sich sogar zwei Trassen direkt über dem Garten. Der Vorgänger musste Jahre warten, um einen Übernehmer zu finden. Ich hab‘ mir die Pflanzen angeschaut und fand keinerlei Auffälligkeiten – also hab ich beschlossen, dass es mich nicht stört. Bei feuchtem Wetter hört man ein interessantes Zirpen und Knistern, auf das ich mich gut konzentrieren kann, wenn ich zum „Meditieren“ abliege.
Die Industrie-Artefakte im Kontrast zu Büschen, Bäumen und Pflanzen finde ich ästhetisch durchaus interessant. Genau wie ich meine, dass Windräder eine Landschaft nicht zerstören, sondern à la Land-Art verschönern.
Alles hat seinen Preis, auch der Umbau in Richtung erneuerbarer Energien. Dass viele nicht mal bereit sind, ihre ästhetischen Vorstellungen ein wenig den Erfordernissen anzupassen, ist genauso ein Mangel an Gemeinsinn, wie man ihn den ach so Lobby-hörigen Politikern gerne vorwirft.
„Das Volk“ ist nicht wirklich so blöd, gewisse Zusammenhänge nicht zu kapieren. Aber in Teilen verdammt egoistisch, wenn’s darum geht, selber etwas zu den nötigen Veränderungen beizutragen.
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
13 Kommentare zu „Wie blöd ist eigentlich das Volk?“.