Claudia am 17. November 2011 —

Postprivacy: Über Krankheiten schreiben?

Gestern fand ich das Blog Mich trifft der Schlag von Ulinne, einer lieben langjährigen Web-Bekannten, deren umfangreiches Schaffen ich phasenweise intensiv mitverfolgte. In den letzten Jahren allerdings mehr rund ums Thema „Garten“(verdammt, wie nachlässig von mir, da ich so das Wichtigere nicht mitbekam!).

Morgens aufwachen und feststellen, dass das linke Bein, der linke Arm und die linke „Tipphand“ teilweise gelähmt sind – dieses ziemlich schreckliche Erlebnis, das ab einem gewissen Alter jeden treffen kann, hat Ulinne als Einstieg in ein eigenes Blog zum Thema Schlaganfall gewählt. Unter „Aktuelles“ liest man dann alle Details: CT, MRT, Medikamente, Arzt- und Krankenhaus-Erlebnisse bis hin zu den Kosten (ich frag mich, warum sie soviel selbst bezahlen muss) und hin zum letzten Zahnarztbesuch.

Es ist nicht das erste Blog über Krankheitserfahrungen, das mich beeindruckt. Und das – für mich als Viel-Bloggerin – auch immer die Frage aufwirft: Will ich das auch?

Gute Gründe gäbe es durchaus. Ich bin ja eher medizin-kritisch eingestellt und meide Ärzte, so lange es geht. Wenn es dann doch mal sein muss, mache ich fast regelmäßig die Erfahrung, dass bezüglich chronischer „Zipperlein“ (wie etwa meine „Nervenwurzelreizung“ im Rücken, die mir längeres Laufen verunmöglicht) die Ärzte nichts machen können, was wirklich hilft. Wäre es da nicht das Mittel der Wahl, mich wenigstens im Web umfangreich mit Mitbetroffenen auszutauschen?

Punktuell hab‘ ich hier im Digital Diary durchaus mal über so etwas geschrieben – z.B. über den „allergischen Schnupfen“, der mich vor Jahren so plagte. Eher eine Marginalie also. Es gäbe eindrücklichere und für mich wichtigere Themen, vor deren Ausbreitung in meiner Bloglandschaft ich mich aber scheue. Warum?

Mal locker aufgelistet, was mir dazu in den Kopf kommt:

  • Immer schon fand ich es an älteren und alten Menschen nervig, wenn sie immer mehr und immer ausschließlicher von ihren Krankheiten erzählen. So will ich nicht werden, also halte ich besser die schreiberische Klappe!
  • Ich verweigere auch selber die Konzentration auf meine „Zipperlein“, denn mein Leben soll nicht um Krankheiten kreisen: Was ich ernte, habe ich durch meinen Lebensstil (z.B. viel zu viel vor Monitoren sitzen) gesäht – und da ich mit meinem Leben zufrieden bin, hadere ich nicht, sondern nehme die Folgen möglichst gleichmütig hin. Und konzentriere mich lieber auf das, was mir Freude macht – wie immer schon…
  • Ich will nicht abgestempelt werden: aha, das ist die mit dem Schlaganfall (=nur Beispiel!)… oder so. Schnell ist man in irgendwelchen Schubladen und wird fortan auch so behandelt. Zumindest ist das meine Angst.

Andrerseits: wenn es mich richtig heftig treffen würde, also z.B. Schlaganfall oder Netzhautablösung – das könnte ich im Digital Diary vermutlich nicht verschweigen. Denn hier schreibe ich, was mich bewegt. Und müsste es ganz lassen, wenn ich das bei solchen Groß-Erlebnissen nicht mehr täte.

Wie seht Ihr das? Lest Ihr solche Geschichten gerne oder lieber nicht? Und: würdet ihr selbst über eure Krankheiten schreiben? Tut es vielleicht sogar schon und habt etwas zu berichten?

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Diskussion

Kommentare abonnieren (RSS)
16 Kommentare zu „Postprivacy: Über Krankheiten schreiben?“.

  1. Liebe Claudia,
    wenn es dir ein Bedürfnis ist, deine Sorgen dem Internet anzuvertrauen UND es dir dadurch besser/leichter geht, dann würde ich das tun.
    Du solltest nicht überlegen, was andere dazu sagen oder darüber denken, du musst das selbst für dich in Ordnung finden.

    Möglicherweise in eine Schublade „OsteoporoseOpfer“ oder sowas gesteckt zu werden kann vorkommen, aber ist das wirklich so schlimm?

    Es muss sich ja nicht zwangsläufig mit deinen anderen Aktivitäten im Internet vermischen. Mach es separat, so dass nur Menschen es lesen, die das auch Interessiert, wenn es dir unangenehm ist, damit deine weiteren Beiträge zu „belasten“.

    Ich als angehender Hypochonder mit diversen realen Vorerkrankungen lese so etwas, wenn mir danach ist. Manchmal hilft es einfach zu sehen, dass es auch anderen nicht immer nur gut geht und wie sie damit umgehen …

  2. Unfälle, Verletzungen und Krankheiten sind Teil des Lebens. Und viele schreiben in ihren Blogs doch gerade über das was sie gerade erleben. Sei es die Arbeit, sei es die Fahrt in den Urlaub oder auch nur ein netter erlebter Abend.
    Ein Aussparen dieses Themas wäre also eine Art Zelbstzensur. Damit verbunden wäre dann die Frage, warum man darüber schweigt? Möchte man halt immer der unverletzliche Strahlemann sein? Nach aussen hin immer nur schön und stark sein?
    Sind wir hier nicht eigentlich in dieselben Klisches und Erziehung gefangen, die auch sagten, man darf in der Öffentlichkeit keine Schwäche zeigen, nicht weinen, etc. pp?

    Letztes Wochenende hatte ich selbst ein Unfall, was zur Folge hatte, daß ich derzeit mit einer sehr dicken und unansehnlichen genähten Lippe rumlaufe und eine Schiene im Mund hab.
    Trotzdem hab darüber doch heftig getwittert.

    Negative Folgen davon bekam ich nicht; Im Gegenteil: ich bekam viel Zuspruch und Tipps.

  3. Deine Bedenken kann ich gut verstehen. Ich lasse in meinem Blog sehr viele private Themen aus und die Arbeit sowieso. Manchmal hadere ich deswegen mit mir und frage mich, ob ich da nicht ein bisschen zu defensiv bin und ob ich mich nicht wohler fühlen würde ohne die Selbstzensur. Aber über all die Jahre bin ich da zu keinem abschließenden Urteil gelangt.
    Vielleicht ist es auch eine Sache der Persönlichkeit und hängt weniger mit dem Bloggen zusammen.
    So wie du ja auch schreibst. Jeder hat die langweiligen Gespräche in Erinnerung, die sich um Krankheiten drehen. Das kann schon abschrecken. Und Erfahrungsaustausch? Ist der wirklich möglich auf dieser Schiene? Ich habe keine Antworten auf diese Fragen und bleibe solange bei meiner Linie, bis das Leben mich von einer anderen überzeugt.

  4. Ich würde solche Blogs nur lesen, wenn ich die darin beschriebene Krankheit ebenfalls hätte – da sind Erfahrungen von anderen Betroffenen oft ganz nützlich. Selbst darüber zu schreiben finde ich aber sehr heikel, vor allem im Hinblick auf Arbeitgeber, Versicherungen und dubiosen Anbietern von „Heilmitteln“.

  5. Hier schreibt einer mit inoperablem Hirntumor, aber er schreibt und schreibt- und wenigst über seine Krankheit:
    http://www.wolfgang-herrndorf.de/

    Krankheitsthemen tauchen vermehrt auf, auch im Freundinnenkreis, aber ich mag da kein Kaffeekränzchengeschwätz draus machen, drüber schreiben auch nicht- weil ich bei so was die Augen verdrehe und das auch bei anderen sehe. Bin geschädigt durch Menschen, die mit ihrem Krankheitsgejammer ganze Familien im Griff hatten…
    Gruß von Sonja

  6. Wenn’s bei mir so weit ist, würde ich mich ernsthaft auf die Suche nach geeigneten Geistheilern machen und über meine Erlebnisse berichten.

    Entweder würd das dann richtig witzig oder auch schwer beeindruckend. Die dritte Möglichkeit wäre für mich nur das stille Ertragen. Warum soll ich mein Leiden nähren, indem ich damit hausieren gehe? Das ist grotesk, denn auf die Art würde es sich garantiert verschlimmern. Diese meine feste Überzeugung beruht auf eigenen Erfahrungen.

  7. Die erste Frage an Dich ist: was ist Dein Ziel?

    Falls – so wie bei mir – etwas wie „mich gesund fühlen“ darin vorkommt, halte an Deiner Verweigerungshaltung

    „Ich verweigere auch selber die Konzentration auf meine “Zipperlein”“

    Fest. Die Geister scheiden sich darüber, wie viel Einfluss unsere Gedanken auf unsere „objektive“ Gesundheit haben (schräges Konzept, oder?) – fest steht, dass unsere erlebte Gesundheit leidet, solange wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere Zipperlein richten.

    Im Blog über das eigene Leben berichten finde ich toll – und auch da ist die Frage: was ist Dir daran wichtig? Ein multimediales Gesamtkunstwerk, das möglichst akkurat die wesentliche Stationen reflektiert? Sammelpunkt für Gleichgesinnte? Tipps und Tricks in bestimmten Lebenslagen?

    Jede dieser Möglichkeiten enthält eine einfache, implizite Antwort auf Deine Frage. Damit kannst Du selbst Dir die Antwort geben.

    Du machst hier ein tolles Blog, egal wie Du Dich entscheidest, es wird gut.

  8. Hallo Ihr Lieben!

    Habt Dank für Eure Kommentare und die vielfältigen Sichtweisen zur Frage. Seit Kommentarespräche auf diversen sozialen Netzwerken dermaßen „fragmentiert“ ablaufen, bzw. kaum mehr zustande (und selten über Alleroberflächlichstes hinaus) kommen, schätze ich es noch viel mehr, dass Ihr Euch auf dieses „entschleunigte“ Medium „Blog“ einlasst!

    Eure Antworten spiegeln inhaltlich genau die widersprüchlichen Gedanken wieder, die auch mich bewegen.

    *) Warum durch Selbstzensur die Immer-Perfekte geben? Das ist doch auch eine Art Lüge…

    *) Ihh, immer diese Krankheitsgeschichten! Augen verdreh’….

    *) Befassung mit Krankheit macht erst richtig krank!

    Martinas Bedenken wegen der Preisgabe persönlicher Infos und evtl. unerwünschter Reaktionen diverser Interessenten hab‘ ich kaum. Es ist was Anderes, bei Facebook die Abfrage nach „diagnostizierten Krankheiten“ auszufüllen, als im eigenen Blog zu berichten, wo man Kontexte und Bewertung im Rahmen eines Postings selbst wählt. Zudem bin ich selbständig und (noch?) nicht totkrank – meine vorfühlenden Erwägungen betreffen derzeit noch weit weniger dramatische Missbefindlichkeiten.

    Das von Sonja/Wildgans verlinkte Blog hab ich grade am Stück verschlungen: wow, sehr beeindruckend!! Doch doch, er schreibt jede Menge über seine Krankheit (mal zurückblättern bzw. vorne starten, die „Rückblende“). Wobei die Tatsache, dass er als geübter Autor über brillianten sprachlichen Ausdruck verfügt, sicher viel dazu beiträgt, dass die Berichte so fesseln. Wie er es schafft, das Äußere (Medikamente, Diagnosen, Geräte, Arztgespräche, Freunde etc.) mit dem Inneren und verschiedensten Gefühlszuständen bzw. seinen Umgang mit ihnen zu verschränken, ist faszinierend! Er will „keine Anfragen“ – ich werde mir ein Buch von Wolfgang Herrndorf kaufen!

    Er schrieb auch:

    „Der Verlust an Lebensqualität, der durch die Beschäftigung mit dem Elend eintritt, wird durch das Ergebnis nicht aufgewogen. Ende des Googelns.“

    @Josef: Danke für die nachdenkenswerten Anregungen – und für das Lob! Die Frage nach dem Ziel war für mich bezüglich des Bloggens selten ausschlaggebend. Selbst wenn ich mal Ziele formulierte, kam ich schnell wieder davon ab, bzw. schmiss die selbst verordnete Disziplin zugunsten des aktuellen Bockprinzips. Die drei möglichen Sinngebungen, die du nennst, spielen hier und da immer schon mit, aber eben nicht explizit, nicht als „Ziel“ des Schreibens.

    Vielleicht ist das einzige Ziel, bzw. der wahre Hintergrund das „Anschreiben gegen das Verschwinden“. Wobei ich durch die Gnade des frühen Einstiegs nun das Motivierende dieser privilegierten Situation genießen darf – eine gewisse Unaustauschbarkeit. Eins der drei ersten und ältesten, durchgängig lebendigen Webdiarys/Blogs (die anderen: Moving Target, Juh’s Sudelbuch) weiter zu schreiben, hilft über Phasen der Lustlosigkeit gut hinweg: ich weiß, dass ich dran bleiben werde, so lange die Technik es mir ermöglicht. (Und hoffe sogar darauf, dass es mir helfen wird, mein „Recht auf Internet“ bis zum Ende durchzusetzen.)

    Trotzdem: ein mögliches, über das bloße Mitteilen eigener Betroffenheit hinaus gehendes Motiv des „Schreibens über Krankheit“ wäre ja meine nicht grundlos medizinkritische Haltung. Berichte aus Absurdistan auf der Suche nach Heilung/Linderung.

    Hermanns Idee bzgl. Aufsuchen von Geistheilern (extrem!) geht in die Richtung: ich könnte das Publizieren nutzen, um „testweise“ klassische und alternative Behandlungsweisen auszuprobieren, an die ich anders kaum gelangen würde – und darüber berichten. Denn nachdem ich Jahrzehnte als „gefühlt Gesunde“ Ärzte gemieden habe, merke ich seit etwa zwei Jahren, dass deren Behandlungsversuche in Bezug auf meine Zipperlein fast nichts bringen – aber „Umsatz im System“ entsteht da schnell ganz ordentlich! (Und noch ganz ohne CT/MRT etc.).

    „Egal wie Du Dich entscheidest, es wird gut.“ – danke Josef! Ich werde es halten wie immer: Drüber schreiben, wenn es mich entsprechend bewegt – und fürs rein sachliche Suchen nach Austausch und Tipps kann ich ja bei Bedarf in Selbsthilfe-Boards bzw. Patientenforen gucken.

  9. Liebe Claudia,
    ich glaube, es kommt immer darauf an, mit welchem Ziel man über (eine) Erkrankung schreibt.
    Will ich mein Leid, meinen Frust, mein Elend in die Welt schreien? Erwarte ich Bedauern, Mitgefühl, irgendeine Form von Hilfe?
    Oder will ich sachlich informieren, Erfahrungen schildern und festhalten – auch für mich selbst? (Man weiß ja nie … das Haus kann abbrennen, der PC und alle Daten gleich mit …)
    Bei „Mich trifft der Schlag“ hab ich bewusst kein „richtiges“ Blog gewählt, (denn das ist es ja nicht wirklich), sondern eine kleine WebSite dazu gebaut. Wie ich auf der Startseite schreibe: auch, damit ich die Geschehnisse um dieses Ereignis „Schlaganfall“ nicht vergesse – mit all seinen Einzelheiten, die vermutlich nach einer Weile nicht mehr so präsent wären wie direkt danach.

    Gedanken darüber, ob Menschen, die meinen Erfahrungsbericht lesen, sich eventuell ein falsches Bild von mir – bzw. meiner aktuellen Situation – machen und mich nicht mehr ernst genug nehmen könnten (ach Gott, die Arme …), die mache ich mir nicht. Dazu ist alles nicht emotional genug beschrieben, finde ich, ich drücke da nicht auf die Tränendrüsen, und am Ende ist ja schließlich auch alles gut ausgegangen. Da ist absolut nichts zurück geblieben, bin mit dem Schrecken davon gekommen. Ich bin also wie neu und brauche kein Mitleid.

    Ob daran irgendjemand Anstoß nimmt, ist mir völlig wurscht, denn ich muss nicht befürchten, dass mir daraus Nachteile entstehen. Falls jemand meint, ich könne nach einem Schlaganfall keine ordentlichen Buchcover mehr basteln, soll er sein Cover halt woanders machen lassen, ich hab genug zu tun, und da alle Einkünfte daraus lediglich ein spaßvoll erworbenes Zubrot zu meiner Beamten-Pension sind, ist das tägliche Frühstücksbrötchen in jedem Fall gesichert.

    Allerdings scheint es so zu sein, dass es doch sehr viele Leute interessiert, wie jemand seinen Schlaganfall er- und überlebt hat, denn die Site ist – lt Statistik – recht gut besucht.

    Ach, du hast dich gefragt, wieso ich so viel Geld selbst bezahlen musste?
    Musste ich ja garnicht. D.h. vorstrecken *schon*, aber das haben später Beihilfe und Versicherung wieder erstattet. Ich wollte nur mal zeigen, was die einzelnen Rechnung-Steller daran verdient haben, bzw. wie viel man für sowas verlangt …

  10. „Drüber schreiben, wenn es mich entsprechend bewegt“ –
    so sehe ich das auch, Claudia, und das Thema, das mich dann bewegt, wird schon seine Adressaten finden.

    In der Unterschiedlichkeit aller, ist es dem einen wohl mehr gegeben sich zu öffnen, dem anderen weniger. Im Schreiben liegen meiner Meinung nach die Dinge erstens, im eigenen verarbeiten, sortieren, entmüllen.. und zweitens in Impulsen von außen, z.B. Kommentare, die die eigene Sicht und Befindlichkeit ergänzen, erweitern, korrigieren.

    Ich betrachte das für mich als ein großartiges Geschenk, das ich zur Zeit zwar meist nur in Kommentaren nutze, aber auch dabei findet ein internes Aufräumen statt. Ich möchte es nicht missen.

    Und natürlich ist die Selbstzensur eine Art Lüge, die es mir nur über entsprechende Rückmeldungen gelingt, teilweise aufzudecken. So sind wir halt. Unser positives Selbstbild ist lebenswichtig und da mogeln sich auch hin und wieder Fantasien hinein, die es auch wieder gilt, vorsichtig zu entfernen.

    So gesehen ist das schreiben vielleicht ein stetiger Prozess zwischen eigener Entfremdung und Annäherung. Bewegung. Und so wie ich im realen Leben bei Bewegung meine Kalorien verliere, verliere ich beim Bewegen und Schreiben im Netz oft unnötige Ballaststoffe – und das ganz ohne ärztliche Indikation :)

  11. Erst später zu einem Thema hinzustossen bringt das Privileg mit sich, die versammelten Kommentare geniessen zu dürfen. Allerdings kommt beim Lesen auch zuweilen das Gefühl auf, dass eigentlich alles schon gesagt ist, was mich nun aber nicht hindern soll, meins auch noch hinzuzufügen :-)
    Über Krankheit zu schreiben empfinde ich als durchaus legitim in Blogs, welche persönlich gehalten sind; wo auch über andere Befindlichkeiten berichtet wird. Wenn daraus nicht enden wollende medizinische Abhandlungen werden, finde ich das ermüdend. Dennoch interessieren auch mich Details von Krankheitsverläufen, wenn sie mir aus eigenem Erleben oder aus meinem Umfeld bereits geläufig sind.
    Den Gedanken an sich, zu Berichterstattungszwecken einen Testlauf bei Heilpraktikern zu machen, empfinde ich als wenig prickelnd, habe aber nichtsdestotrotz das Buch von Tiziano Terzani ‚Noch eine Runde auf dem Karussell‘ mit Gewinn und Bewunderung gelesen. Genauso gerne würde ich auch bei Dir Claudia mit Interesse verfolgen, was Du zu diesen Themen schreibst und dies einfach, weil mich generell interessiert was Du erlebst und wie Du es zum Ausdruck bringst.

  12. Liebe Ulinne, lieber Menachem, liebe Myrna,

    Eure Resonanzen finde ich spannend und sehr motivierend! Was ich in meinen einstigen Schreibkursen den Teilnehmern nahe legte – das schreiberische „in den Fluss kommen“, einfach entlang am inneren Monolog Ausdruck bringen, was anliegt – das brauche ich nur so weiter zu betreiben. Ja was denn sonst? :-)

    Ich entnehme Euren Beiträgen auch, dass medizinische Details nur dann interessieren, wenn man die Krankheit selber hat – oder ein Angehöriger. Das kann ich sehr gut nachvollziehen und würde mich selbst dabei langweilen!

    Ulinnes „Schlaganfall“ hab ich dennoch mit Interesse gelesen – einerseits, weil man ja liest, dass das ab 40 jeden ereilen kann (und erst recht ab 50..) – und ich Ulinne eben auch schon länger „kenne“. In Anführungszeichen, weil „von Angesicht“ haben wir uns noch nie gesehen.

    Ich denke, mein „Schreiben über Krankheit“ wird zwar immer persönliche Erfahrungen enthalten, aber eben auch verallgemeinerungsfähige Reflektionen – über „krank sein“, über das herrschende Medizinsystem und seine Herangehensweisen, über Lebensstile, moralische Überbauten (=Gesundheit zuerst etc.) und Bewertungen (=selber schuld, bzw. armes Opfer u.ä.) und vieles mehr.

    „Den Gedanken an sich, zu Berichterstattungszwecken einen Testlauf bei Heilpraktikern zu machen, empfinde ich als wenig prickelnd“

    schrieb Myrna. Nun, es wäre für mich evtl. überhaupt mal die Chance, mir das leisten zu können. Mich haben schon einschlägige Anbieter angeschrieben, ob ich nicht mal eine Probe-Behandlung testen und darüber schreiben wolle.
    Wenns mich wirklich nachhaltig zwickt und ich nach den vorliegenden Infos Hoffnung in die Sache setze, würde ich das dann auch mal in Anspruch nehmen, bzw. selber vorschlagen.

    Danke auch für den Buchtipp, Myrna. Ich werde es mir ansehen!

  13. Danke, Sonja!
    Klingt nach einem faszinierenden Buch – evtl. schaff ich es mir an.

  14. […] für sich entdecken. Und im Hausflur begegnet man vielleicht dem Nachbarn, der neuerdings über seinen Krebs bloggt – soll / darf / kann man ihn drauf ansprechen? Wär das ein Übergriff oder genau […]

  15. […] Postprivacy: Über Krankheiten schreiben? […]