Claudia am 30. November 2011 —

Zur EURO-Krise: Sparen oder Geld drucken?

Eigentlich war mir eher danach, im Dezember besinnlichere Themen anzuschlagen. Mehr nach innen schauen, über das Leben, das Glück und die Basics des Mensch-Seins schreiben, das Gemeinsame hinter allen Kontroversen suchen…

Aber nix da! Was derzeit politisch und in Sachen Euro-Krisenmanagement geschieht, lässt mich an der Oberfläche haften: Rettungsschirme, Eurobonds, Elite-Bonds, EZB, Spardiktate, drohende Staatspleiten, möglicher Eurozerfall – was ich da lese, lässt mir so oft die Hutschnur hochgehen, dass „Besinnlichkeit“ einfach keine Chance hat.

Was da tagtäglich von den Verhandlungstischen der Krisen-Politiker berichtet wird, macht nicht viel Hoffnung, dass es ihnen gelingen könnte, die Dinge in den Griff zu bekommen. Mal abgesehen von den Inhalten der jeweiligen Ideen und Initiativen, scheint alles stets nach demselben Muster abzulaufen:

  • Man sitzt zusammen, weil die Realität (steigende Zinsen bei der „Refinanzierung“ von Staatsschulden) unabweisbar drückt.
  • Man ringt um einen Plan, hat aber so verschiedene Interessen, dass das schier unmöglich scheint.
  • Schließlich findet sich ein Formelkompromiss, dessen konkrete Umsetzung im Unklaren bleibt, den man aber „den Märkten“ schon mal als starke Entscheidung verkündet.
  • Im Folgenden interpretieren die Beteiligten jeder für sich die Entscheidung anders, verlangen jeweils andere Konkretisierungen. Parlamente und Ausschüsse stellen Bedingungen, einzelne Politiker stellen das Verabredete in Frage, die Presse schreibt, warum das alles so nicht klappen kann.
  • Binnen Tagen zeigt sich, dass „die Märkte“ keinesfalls beruhigt sind und die Situation sich schnell weiter verschlechtert.
  • Und wieder setzt man sich zusammen, weil die Realität dazu drängt…

Dabei werden unter dem Druck der sich zuspitzenden Finanzierungskrise immer mehr Vorgehensweisen möglich, die noch kürzlich heftig abgelehnt wurden. Als Griechenland im ersten „Krisenschub“ in Betracht zog, den IWF um Hilfe zu bitten, meinten alle noch, das gehe keinesfalls, Europa müsse das selber regeln. Heute sind wir nun soweit, dass ganz Euroland um Hilfe bittet: der IWF soll dem Rettungsschirm EFSF auf die Beine helfen, der trotz angedachter „Hebelung“ bei weitem nicht ausreicht, um große Länder vor der Pleite zu „retten“.

Der IWF ist allerdings nicht der neutrale Dritte, der zu mehr Einigkeit und geschlossenem Vorgehen zwingen könnte: die Gelder des IWF stellen die Staaten über ihre nationalen Notenbanken bereit, in Europa über die EZB. Es handelt sich also auch nur wieder um eine Art „Geld drucken“, nur dass es als IWF-Geld an die Staaten ausgereicht wird.

Mal ein Gedankenspiel: wie müsste ein ernst gemeinter Volksentscheid quer durch die Euro-Länder aussehen? Welche Frage müsste man stellen, um der krisenhaften Entwicklung gerecht zu werden? Ohne dass jeder zum Finanzmarkt- und Wirtschaftsexperten werden müsste, um sinnvoll antworten zu können!

Die Frage müsste abstrakt genug formuliert werden, um nicht von den Entwicklungen des Tages lange vor Abschluss des Entscheids überholt zu werden, aber auch konkret genug, um wirklich handlungsleitend zu sein.

Lässt man mögliche Ausstiegs- und Auflösungswünsche außen vor (damit sollen sich jene befassen, die das wollen, ich will diese Form des Desasters nicht), scheint es genau zwei Alternativen zu geben:

  • Sparen und „durchregieren“ (Institutionen für gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitk schaffen, die Haushalte überwachen, Verwaltungsstrukturen, Gesetze und Steuern angleichen etc.) – oder
  • Geld drucken und Inflation akzeptieren.

Das erstere ist eher der Merkel-Plan (schwäbische Hausfrau), der zweite eher auf Sarkozy-Linie. Eine Merkozy-Lösung kann es eigentlich nicht geben. Oder sehe ich das falsch?

Ach ja, nur weil ich gerade dabei bin: Würdet Ihr Ersparnisse auf ein Konto legen, wenn es keine 100%ige Einlagensicherung gäbe, sondern nur eine 20%ige? Oder doch lieber nach einer Bank oder anderen Anlageform mit besseren Bedingungungen suchen?

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Diskussion

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13 Kommentare zu „Zur EURO-Krise: Sparen oder Geld drucken?“.

  1. take the money and run..

    ich denke das ganze system ist marode,
    der euro ist eine illusion die von
    wohlmeinenden wohlmeinenden wohlmeinenden
    oktruiert (ups) wurde.

    was ist einfacher:
    „zu groß um kaputt zu gehen“
    „ende mit schrecken besser als schrecken ohne ende“?

    ich bin (vom gefühl her) schon immer gegen den euro gewesen,
    nicht aus anti-europäischen gruenden, sonder aus dem gaaaaanz schlichten grund:
    alles wird (anscheinend) um die hälfte billiger.

    wäre der umrechnungs-kurs ein anderer gewesen
    2 Euro= 1 DM zum beispiel, haette das ganze für mich
    psychologisch keine bedenken gehabt, so jedoch (2 DM = 1 Euro) war mir von anfang an klar, dass die preise sich ueber kurz oder lang verdoppeln ohne dass die einkommensseite sich entsprechend verhält.

    hättest du vor 10 Jahren an einer tankstelle
    freiwillig 4,60 DM für nen becher Kaffe bezahlt?
    hm?

    auch wenn alle öffiziellen BEHAUPTEN, dass der euro kein teuro ist, für mich ist es eine bodenlose schweinerei
    die jetzt- lange nachdem ein ausstieg möglich wäre-
    benutzt wird um möglichst viel kaufmännisches versagen
    auf alle (die sich nicht wehren können)umzulegen.

    reine psychologie, nix weiter.
    und wie immer: verarsche der massen durch wenige
    die immer mehr und mehr daran verdienen.

    gruss ingo

  2. Es geht nicht um den Euro. Das GELD ist das Thema. Beim Kettenbrief sieht jeder Grundschüler den Widerspruch. Bei „nachhaltigem Wachstum“ werden nicht einmal renommierte Professoren stutzig. Die ebenso träge wie unabwendbare Zeitlupen-Implosion der globalen Wachstumsillusion ist meiner Ansicht nach derzeit noch unterhaltsamer als die Politik-sucht-den-Superguttenberg-Show

  3. Mittlerweile denke ich: Schön war die Zeit, jetzt kommt der Abschied. Wir hatten eine lange, lange Zeitspanne der relativen Sicherheit von der wir uns langsam verabschieden müssen.

    Leid tun mir die Menschen, auf deren Rücken wir diese Sicherheit genossen haben und die, die das alles jetzt ausbaden müssen.

    Es wird kein Ausweg aus diesem Desaster geben.

  4. Hallo,
    ich finde deinen Artikel/Beitrag und somit deine Gedanken sehr interessant. Ich persönlich frage mich was diese Rating Agenture mit ihrem Verhalten bezwecken und ob es noch sinvoll ist. Momentan sieht es für mich so aus das diese Agenturen ganze Staaten udn Banke in der Hand haben. Nicht das das Prinzip des Rating schlecht ist, aber was draus gemacht wird udn wie es genutzt wird finde ich etwas beunruhigend.

  5. @Claudia

    Hast Du wirklich den Eindruck, daß das Modell ’steigende Zinsen bei wachsender Schuldenlast und bei Schuldnern, die nicht einfach so wegrennen können‘ als Problem gesehen wird (dort, wo die Zinsen landen und als Kapital wieder frisch auf die Jagd gehen und damit den Handlungsrahmen jeder unter dem Zang zu vorzeigbaren Erfolgen ihrer Handlungen stehenden Administration bestimmen)? Oder daß etwa irgend jemand von den ‚Entscheidern‘, deren Handeln auf Wachstum so fixiert ist wie der Lachs darauf, zu seinen Laichplätzen zu wandern, gerade ernsthaft daran dreht, sinkende Zinsen bei sich verringernden Schulden herbei zu zaubern?

    Ich denke, daß ganz im Gegenteil nirgendwo in den aktuellen Eliten der wichtigeren Nationen und Organisationen ein ausreichend durchsetzungsfähiges Interesse vorhanden ist, etwas Wesentliches an den Dingen zu ändern, weil es um diese doch eigentlich bestens steht, wenn man sie nur aus der richtigen Perspektive betrachtet:

    – ‚unsinnige‘ politische, soziale oder weltanschauliche Ziele (ich zähle aus der hohlen Hand mal welche auf: Humanisierung der Arbeitswelt, dezentrale Produktion, Mitbestimmung, regionale Autonomie, Transparenz von Entscheidungsprozessen, Hilfe zur Selbsthilfe in den unterentwickelten Ländern, angepaßte Technologien, Partizipation, Chancengleichheit, Wohlfahrt, Vollbeschäftigung…) werden zunehmend durch die ‚Macht der Tatsachen‘ ad absurdum geführt und ihre (zum Glück meistens etwas seltsam aussehenden und agierenden) Vertreter gleich mit;

    – sich hier und da noch regender Widerstand der zu krass Benachteiligten kann leicht marginalisiert (in Entwicklungsländer oder kleinteilige Randgruppen) und, wo nötig, kriminalisiert sowie entsprechend (‚another war against something new with an uglier face‘) mit allen (obendrein lukrativen) Mitteln bekämpft werden;

    – der sich leise regende Widerstand der klassischen Mittelschichten aus der ‚alten‘ Welt (und ihrem Nachwuchs) kann durch das Versprechen von ‚Dabeisein‘ und ‚Modernität‘ überdeckt werden (Telefone und Computer für jedermann, der noch seine Providerrechnung zahlen kann, und auf dem Dach sogar ein paar Solarzellen und in der Garage ein schmuckes Elektroauto für diejenigen, welche noch einen Groschen darüber hinaus zurück behalten haben);

    – das Geschäftsmodell ‚verleihe an Staaten Geld und bestimmt das Zinsniveau durch dein Zögern beim Herausrücken der Knete (i.e. die Verunsicherung der Märkte) selbst‘ ist so lukrativ wie ansonsten vielleicht nur noch der Drogen- und Menschenhandel, und wie zäh der sich gegen alle Versuche, tief in sein Fleisch zu schneiden, wehrt, kann sich jeder selbst im Kino anschauen;

    – der Ersatz der ‚alten‘, politischen, religiösen und sozialen Eliten (egal welcher Couleur) mit ihren seltsamen Vorstellungen über die legitimatorischen und ökonomischen Grundlagen der Gesellschaft durch ’neue‘ (bis zur Halskrause mit der immer gleichen Couleur des ökonomischen Sachverstandes angepinselte Kens und Barbies) schreitet zügig voran (siehe Italien und Griechenland, eine fast schon wieder amüsante Symbolik!) und wird auch in den vom Standpunkt des internationalen Geldflusses her vergleichsweise jungen Regionen der Welt (Asien, Arabien, Nordafrika..) auf Dauer nicht mehr aufzuhalten sein, bis auch dort alle Aufmüpfigen mit Telefon und Computer ruhig gestellt wurden.

    Dieses Modell (auch wenn es gewaltig rattert und klappert, aber das macht sich eben nur dort bemerkbar, wo es nichts ausmacht, denn wer stört sich schon am Quietschen der Reifen, wenn er es eilig hat, nach Hause zu fahren?) läuft sicherlich noch eine Weile so weiter. Sein Prinzip ist das altbekannte der Bilanzfälschung und Konkursverschleppung: verschiebe alles Negative aufs nächste Wirtschaftsjahr und präsentiere nur das Positive in diesem Jahr in Hochglanzbroschüren (resp. heuer in Streams und Tweets).

    Eine kleine Chance zur ‚Besserung‘ sehe ich allenfalls darin, daß dieses Modell seinen Motor, das Geld selbst (und damit seine Funktionäre) in zwei gegensätzliche Teile aufspaltet: das Geld in der ‚realen‘ Wirtschaft (Gebäude, Rohstoffe, Mitarbeiter, Know-how usw.), das in den langen Zyklen der Wirtschaftsjahre sich bewegt (und dort mit eher moderaten Renditen sich bescheiden muß), und jenes, das nur ‚virtuell‘ binnen Mikrosekunden kreiselt (und dabei vergleichsweise astronomische Renditen abwerfen kann).

    Ersteres hat ganz andere Notwendigkeiten als Zweiteres, und beide stehen sich keineswegs freundlich oder harmonisch gegenüber. Jedoch weiß ich absolut nicht, wer und wie eine Obergrenze für den pekuniären Erfolg einer virtuellen Investition (etwa in der anähernden Größenordnung des Erfolges realer Investitionen) durchsetzen sollte. Die Verfügungsgewalt über Geld (zumindest über große Haufen von Geld) durch Gesetze einzuschränken, was ja eben dazu notwendig wäre, ist schließlich genau das Gegenteil von dem, was in den letzten Jahrzehnten passiert ist und als Allheilmittel propagiert wurde, bis hin zur Renaissance eines neuen Göttergeschlechtes namens ‚die Märkte‘ (auf dessen Fortschreiten hin zu einem aufgeklärten Monotheismus wir vermutlich noch ein wenig warten müssen). Und je mehr sich Kapital aus seinen klassischen Fesseln (Grund und Boden, Maschinen und Arbeitskraft) lösen kann, desto weniger Anreize und Möglichkeiten zu einer erneuten Beschränkung wird es wohl in Zukunft geben.

  6. @alle: herzlichen Dank für Eure interessanten Beiträge zum leidigen Thema!

    @Susanne:

    Zu deiner Eingangsfrage: na klar haben alle Angst vor steigenden Zinsen – auf Staatsanleihen, nicht grundsätzlich. Denn die ständige Erfordernis, Schulden „zu refinanzieren“, gibt „den Märkten“ Gelegenheit, ihr „gesunkenes Vertrauen“ zu Geld zu machen – zu Lasten der Staatshaushalte, bzgl. derer doch ein Konsens besteht, dass Zinsen über 7% nicht auf Dauer tragbar sind und in die Pleite führen.

    Das erscheint mir zumindest an der ganzen Sache unstrittig.

    Zur in deinem letzten Absatz angesprochenen Frage empfinde ich die Statements von „Mister Dax“ Dirk Müller ganz erfrischend, der wo immer er spricht anmerkt, dass es einen „Reset“ geben werde, der das Geld, das sich „oben“ sammelte, wieder nach unten schüttelt. Das trägt er in munterem Ton vor, als sei es das Normalste der Welt – und verweist darauf, dass es „danach“ wieder viel problemloser weiter gehen werde.
    Leider kann ich mir die Modalitäten eines solchen „Resets“ auch nicht wirklich vorstellen!

    Bezgl. des Spottens und Schimpfens über „die Märkte“ („Göttergeschlecht“) denke ich, dass es dem Phänomen nicht gerecht wird. Mein Vater hat mir auf dem Sterbebett (unverlangt) den Rat gegeben: „keine Aktien! Nur festverzinsliche Wertpapiere!“ Ich empfand das als Teil des prämortalen Irre-Seins, denn ich hatte für sowas eh kein Geld – aber heute zeigt es mir, wie NORMAL und SERIÖS diese Form des Geld-Anlegens in Staatsanleihen mal war. Der Staat kann nicht pleite gehen, hieß es – und deshalb wurden die Staatsanleihen auch gesetzlich und vertraglich (Basel 2) bevorzugt bzw. für bestimmte Anlagen, die besonders sicher sein sollten (Lebensversicherungen etc.) auch anteilig vorgeschrieben – sogar mit Vorgaben, was das für einschlägige Anlagen zu fordernde Rating angeht.

    Wenn sich dann aber zeigt, dass Staaten DOCH pleite gehen können, bzw. dass zur Verhinderung „die Privaten an den Verlusten beteiligt werden“ (was sich ja erstmal sinnvoll und gerecht anhört), dann ist die Folge doch sehr natürlich: niemand kauft mehr solche Anleihen bzw. nur noch mit hohem Zins als Risikoprämie.

    Den geplanten „Hebel“, der den Geldverleihern 20%ige (Ausfall-)Versicherung bieten soll, halte ich für eine Schnapsidee: Wer legt denn Geld irgendwo an, wenn er damit rechnen muss, evtl. nur 20% davon wieder zu sehen?

    So entpuppt sich bei vertieftem Nach- und Mitlesen jegliche gefühlige Spontanreaktion (=die Banken und/oder Staaten pleite gehen lassen, etc.) als ziemlich unangemessen, weil all das keine Lösung, sondern auch nur eine Variante katastrophalen Verlaufs wäre, der die breite Masse schröpft und nicht etwa die Superreichen, die sich immer gut entziehen können.

    Die Krise ist wirklich „systemisch“ und mehr als Rumdoktern an Einzelsymptomen erwarte ich von den Politikern nicht, weil mir auch selber dazu nichts wirklich Machbares einfällt. Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken!

  7. Geld ist immer eine soziale Relation, d.h. es ist nichts ohne die Gruppe, die seinen Wert garantiert. Das wissen ‚die Reichen‘ erheblich besser als ‚die Armen‘, weil sie alle genau wissen, woher ihr Geld kommt. Andere Menschen denken da zu gerne in anscheinend sicheren ‚Werten‘ (Sachwerte, festverzinsliche Anleihen usw.), als wären das echte Dinge, auf denen man sitzen und die man behalten und zur Not aufessen kann. Der Reiche aber weiß besser, daß das alles nur Milchmädchenrechnungen sind und daß nur das ‚arbeitende‘ (zirkulierende) Geld einen Wert hat.

    Deswegen ist die Schuldenbelastung der Staaten ja so ein grandioses Geschäftsmodell. Egal wie hoch die Schuldenlast ist, wie teuer frisches Geld auch wird – Staaten können nicht bankrott gehen, da sie allein es sind, die den Wert des Geldes garantieren. Solche Grenzen wie die 7% für Staatsanleihen sind keine von der Sache erzwungenen, sondern im Geschäft üblichen und damit auch änderbare Grenzen.

    Das Problem der Regierungen (zumindest solange ihre personelle Ausstattung sich aus regelmäßigen Wahlveranstaltungen ergeben soll) ist ja auch weniger die Schuldenlast (da wirtschaften sie alle aus dem Vollen, als würde irgendwann sugar daddy mit den Spendierhosen an aus dem Hinterzimmer hüpfen und die Zeche zahlen) als der öffentlichkeitswirksam inszenierte Spagat zwischen der in Wahlen immer wieder hoch kochenden Verpflichtung auf traditionelle Zielvorgaben (wie Haushaltsdisziplin und Sozialstaatsaufgaben) und den ihnen durch das Geld aufgezwungenen Spielregeln und Handlungsmöglichkeiten bei der Eindämmung von Katastrophen (Wetter, Technik und schlechte Laune der Bürger), ohne den das System womöglich kippte und die kleinen Leute ihre Arbeitsleistung nicht mehr her gäben.

    Nur auf militärische, polizeiliche oder via Fox-News beförderte Repression (wie in Syrien oder den USA) zu setzen fällt im alten Europa schwer, weswegen der helenitalische Weg (gleich auf gebrauchtes Personal von Goldman-Sachs zurück greifen und die politischen Institutionen in Abnickbuden verwandeln) vermutlich jetzt zunehmend hier ausprobiert wird, da er legitimatorisch gesehen wohl der einfachere ist. Ob und wie das in einem doch recht stabilen Land mit politischer Tradition wie Deutschland funktionieren wird, weiß kein Mensch, aber wenn ich mir den intellektuellen und politischen Niedergang von Parteien, Organisationen und Medien anschaue, den allein ich schon in meinem bewußten Leben mitbekommen habe, dann schwant mir nichts Gutes.

    Es wäre ja zu schön, wenn irgendwo jemand da wäre, der so aussieht, als hätte er doch wenigstens die Hand oder einen Finger oder von mir aus nur die Augen an einem Hebel, der alles aus den Angeln werfen und in eine andere Richtung drängen könnte. Aber ich zumindest sehe niemanden, weder unter den sich als böse Piraten gebärdenden Kuschelmonstern aus dem Hotel Mama der 68er Generation noch unter den klassischen Protestparteibanden links, rechts oder in den Büschen oder Betten, und selbstverständlich auch nicht unter den Stellenbewerbervereinigungen mit Krawattenzwang in der Mitte des politischen Spektrums.

    Ganz Germanien scheint also vom schlechten Geld und seinen Schergen besetzt!

    Ganz Germanien? Nein!

    Ein kleiner Hort der Unbeugsamen ist doch noch zu erkennen und schart sich um die hehren, altehrwürdigen Prinzipien von Recherche und freiem Journalismus, von doppelter Buchführung und ausgeglichenem Staatshaushalt, von Ehrlichkeit, Anständigkeit und der Verantwortung des Starken für die Schwachen!

    Dort, in der Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem neuen, antikapitalistischen Hetzorgan aus dem Inneren des Systems selbst, gibt es sie noch, die Geister, die vom Zaubertrank der klaren Überlegung, der vorurteilsfreien Analyse und des handgemahlten Bohnenkaffees gekostet haben und mit diesen unschlagbaren Waffen den schier aussichtslos scheinenden Kampf aufgenommen haben gegen das unwürdige Geschmeiß der vorerst, später sowie auf ewig Gescheiterten, der stets Ideen- und Alternativlosen und all jener, die heimlich immer noch hoffen, sich an den Resten des kalten Buffets satt laben zu können, wenn die Party aus ist.

    Als Ritter von der traurigen Gestalt kämpfen sie im Namen wirklicher gegen die nur gedachten Windmühlen und verteidigen das Geld gegen sich selbst!

    Als Mahner in der Wüste der gleichgeschalteten Sport-, Spiel- und Spaßschickeria halten sie tapfer das Banner des gemäßigten Profits hoch, des begrenzten Raubbaus an der Natur und des klug angepaßten Anspruchsniveaus für den kleinen Mann.

    Und todesmutig stoßen sie die Lanzen ihren scharfen Kommentare tief in die Weichteile des unseligen Drachen Smaug, unter dessen unersättlicher Gier nach Mehr der ganze schöne Wohlstand im Rhein-Main-Gebiet noch zu ihren Lebzeiten dahin zu schmelzen droht.

    Ups, ich sehe gerade, ich bin vom Thema abgekommen… ;-)

  8. Grade gelesen – in der FAZ:

    Sahra Wagenknecht analysiert und bewertet die Euro-Krise nicht nur, sondern macht auch einen VORSCHLAG, der – ihrer Ansicht nach – die Staaten aus der Abhängigkeit von Banken, privaten Gläubigern und Rating-Agenturen befreien würde: Eine Banklizenz für den Rettungsschirm, der sich damit beliebig viel Geld von der EZB holen kann und dann direkte, niedrig verzinste Kredite an die Staaten ausgeben soll. Also eine Lösung ganz ohne Weltrevolution….

    * Schluss mit Mephistos Umverteilung!

  9. Liebe Claudia! Es gibt nicht nur zwei Alternativen, sondern ganz Europa könnte auch durch Tilgung entschuldet werden:
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,711589,00.html
    http://commons.ch/wp-content/uploads/Interview-Dill-Wirtschaftsblatt.pdf
    Sahra hat übrigens meinen Vorschlag als Anfrage an die Bundesregierung gerichtet.
    Das aber wollen weder Merkel noch Sarkozy ihren Wählern zumuten. Interessanterweise auch die Piraten nicht:
    http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2011.2/Antragsfabrik/Programm%C3%A4nderung_139

    Claudia, hätten Sie 1999, als wir ins Internet einstiegen, gedacht, dass wir uns mal mit Wirtschaftspolitik beschäftigen würden?

  10. @Alexander Dill: ich bin 1995/96 „ins Internet eingestiegen“ und hab‘ mich immer schon gerne mit den wichtigen Fragen des Gemeinwesens befasst. Das Aufblähen der DotComBlase war dann der erste Anlass, das seltsame Gebahren jener „Märkte“ zu beobachten, auf denen es allein um die Geldvermehrung geht – scheiss drauf, ob da wirklich etwas Werthaltiges (oder wenigstens nicht Schädliches) produziert wird.

    Dass Ihr Vorschlag, Schulden per Zwangsanleihen bzw. Zwangs-Hypotheken auf Immobilien der Bürger zu tilgen, nicht viel Gefallen findet, wundert mich im übrigen nicht.

    Und selber sehe ich durchaus die „Finanzwirtschaft“ in der Verantwortung, die sie eben nicht selber wahrnimmt, also dafür Regeln braucht. Eine Finanztransaktionssteuer von 0,1 (Aktien, Anleihen) bzw. 0,01 Prozent (Derivate) scheint ja schon SEHR zu nerven – ja warum wohl? Weil da Leute vor Monitoren sitzen, die Milliarden hin und her schieben, um kleinste Differenzen auszunutzen. Dieses einträgliche, aber inhaltlich komplett sinnlose Handeln wäre dann schwer gestört – zu Gunsten der realen Wirtschaft.

    Aber das ist natürlich nur ein Aspekt.

  11. Mit „wir“ meinte ich natürlich uns beide zusammen. Unser becontent-Konzept ist jetzt in den Google-Ads umgesetzt, nur, dass kein Seitenverbund von Themenseiten entstand. Übrigens bin ich immer noch bei Fundinger und selbst http://www.internetkloster.com gibt es noch.
    Ich bin übrigens inzwischen Vorstand einer alternativen Ratingagentur.

  12. Zur Info für meine Stammleser: Alexander Dill hat mich 1999 (in meiner Mecklenburger Zeit) als Webdienstleisterin für ein literarisches Web-Projekt engagiert. Unsere Zusammenarbeit währte vier Monate und war nicht durchweg harmonisch. Dennoch trennten wir uns friedlich. :-)

    @Alexander Dill: viel Spass mit den „alternativen Ratings“.

  13. Bitte teilt den Aufklärungslink gegen den ESM-Vertrag mit euren Freunden, Bekannten auf Facebook (an die Pinnwand des Freundes posten), per Mail und so weiter – die Zeit wird knapp, umso mehr sich darüber informieren, um was es sich bei diesem diktatorischen Ding handelt, umso besser!

    Hier der Link zu dem Video auf YouTube

    http://www.youtube.com/watch?v=d6JKlbbvcu0