Claudia am 05. Januar 2012 —

Über 2012, Pyramiden, Prophezeiungen – und Plastiktüten

Warum hegen so viele spirituelle Menschen diese seltsame Affinität zur Mystifizierung von Artefakten lang vergangener Kulturen? Mayakalender, Pyramiden, Palmblattbibliotheken – wie kommt man nur allen Ernstes auf die Idee, all das hätte irgend etwas mit dem „Kosmos“ oder gar unserem heutigen Leben zu tun?

Ebenso werden materielle Phänomene wie Sonnenflecken, Polsprünge, „in Reihe stehende Planeten“ etc. immer wieder als „Beweise“ heran gezogen, dass irgendwelche großformatigen, grundstürzenden Änderungen geschehen werden. Warum?

Wir selbst verändern die Welt

Änderungen, auch großformatige, WERDEN geschehen und finden bereits statt. Aber aus handfesten irdischen Gründen: Peek Oil, Schuldenkrise, Bevölkerungswachstum ohne mitwachsende Verteilungsgerechtigkeit, Klimawandel, Ressourcenknappheit – und es steht zu befürchten, dass der „Bewusstseinssprung“, der damit einher geht, nicht unbedingt in eine positive Richtung führt, sondern in ein verstärktes Rennen & Kämpfen um die letzten Ressourcen.

Mir scheint, der Glaube an allerlei Prophezeiungen und an die Bedeutung von Mayakalendern u.ä. ist nichts als der hilflose Versuch, sich an eine postulierte „prä-stabile Harmonie“ zu klammern: die „Wende zum Guten“ (oder auch das jüngste Gericht mit Rettung der Auserwählten) wird als nicht-menschengemacht vorgestellt – was von persönlicher Verantwortung ein Stück weit entlastet.

Schadet der Verstand?

Gern wird auch „das Denken“ als Wurzel allen Übels gesehen. Der Verstand sei schuld daran, dass wir das Herz vergessen und nicht liebevoll, sondern egoistisch handeln. Dabei ist es doch ausschließlich der Verstand, der uns erkennen lässt, was menschliche Handlungen wie etwa massive Ressourcenverschwendung und Vermüllung des Planeten anrichten – über den eigenen Tellerrand hinaus. (Auf meinen Reisen durch Kambodscha konnte ich besichtigen, wie „gedankenlos“ man dort mit dem Zivilisationsmüll umgeht: gekehrt wird grade mal vor der eigenen Tür, direkt daneben häuft sich der Plastikabfall.)

Meditation ist sehr hilfreich, ja. Zur Sammlung, Besinnung, zur inneren Verarbeitung der allzu vielen „Inputs“ unserer Zeit. Aber sie ersetzt nicht Verhaltensänderungen und den politischen Kampf um all die vielen sehr konkreten Einflüsse, die wir als Staat, als Gemeinde, als individuelle Konsumenten und Produzenten ausüben.

2012 ist das Jahr, in dem ich persönlich das Plastiktüten-Regime bekämpfe. Lange hatte ich geglaubt, die seien mittlerweile doch biologisch abbaubar. Falsch! Die Meere sind voller Plastikpartikel und „abbaubar“ ist ein sehr relativer Begriff, wie ich erfahren habe. Also nur noch Stoffbeutel, Rucksack und als Müllbehälter Papiertüten und Pappkartons – besser man ändert sich spät als nie.

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Dieser Beitrag wurde inspiriert von ZenTaos Blogposting „Das Jahr 2012 hat begonnen….“.

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Diskussion

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13 Kommentare zu „Über 2012, Pyramiden, Prophezeiungen – und Plastiktüten“.

  1. Liebe Claudia
    schau das ganze hat in der Steinzeit begonnen und geht auf der einen Seite von Mensch zu Mensch, wir vermehren uns und beeinflussen uns, bis Heute. Buddha lehrte, das alles eine Ursache habe und ich denke,dass wir – immer wieder in der nächsten Generation, die letzte Ursache wieder erleben müssen. Man kann auch sagen die nächste Generation, badet die Fehler der anderen aus. Das Problem, wir sind eine Weltbevölkerung von lauter Egoisten und jeder glaubt an seine Version der Zukunft. Ob sich etwas ändert? Wohl kaum. auch 2012 geht vorbei.
    Liebe Grüsse zentao

  2. Ja, wie soll sich was ändern? Es gibt ja eine wissenschaftl. Studie, die besagt, daß etwa 10 – 15 % der Weltbevölkerung ausreichen würden, um etwas zu verändern. Aber ich sehe diese 10 % nicht.
    10% tätige Menschen, nicht 10 % ums Übel und den Folgen bewusste Menschen.

  3. Ich bin überzeugt, alleine mit Hilfe des Verstands können wir unsere Probleme lösen, nur er lässt uns komplexere Zusammenhänge erkennen und wie wichtig es ist, dass jeder einzelne handelt.

    Das Web ermöglicht, was noch vor 20 Jahren als Utopie erschien: Ich kann mich von zuhause aus jederzeit innerhalb von Sekunden über alles informieren in nie dagewesener Ausführlichkeit und es wirkt sich auch positiv aus, Blogbeiträge wie dieser verbessern etwas: Ich werde mir zukünftig nicht mehr gedankenlos Plastiktüten kaufen.

    Vielleicht entwickeln wir uns hin zum besseren, garantiert ist das nicht und es wird dauern, die Evolution benötigte für uns sehr lange. Schade ist, dass wir die wohl größte Fähigkeit unseres Gehirns – den Verstand – nicht intensiver nutzen.

  4. @Elmar: Wow, da kommen mir vor Begeisterung fast die Tränen! Jemand zieht echte Verhaltensänderungen in Betracht aufgrund eines Blogbeitrags!

    Du hast mich damit motiviert, gleich noch einen extra Artikel über mögliche Alternativen zur Plastiktüte zu schreiben.

    Danke für die Inspiration!

  5. @ZenTao:

    Was du mit „das Ganze“ jetzt meinst, ist mir nicht recht klar! Ich formuliere im Posting recht konkrete Themen: Mystifizierungen, magische Glaubensinhalte, Verstand.

    Was meinst du, das „in der Steinzeit begonnen habe“? Auch die Wissenschaft (=herrschende Religion des Abendlands) bringt den Zusammenhang von Ursache und Wirkung auf eine sehr klare und effektive Weise in die Welt. Dass wir den Wirkungen der Handlungen in der Vergangenheit ausgesetzt sind, erschein mir selbstverständlich und entsprechend banal.

    Eine Weltbevölkerung aus lauter Egoisten – da stimme ich dir zu. Alles Leben strebt nach Überleben und „besser leben“ – ohne das wäre hier auf der Erde kein Leben!

    DESHALB ärgert mich die (aus anderer Sicht VERSTÄNDLICHE) negative Sicht auf Denken/Verstand mittlerweile. Denn der Verstand ist die neueste Errungenschaft des Bewusstseins, die in der Masse tatsächlich etabliert ist – so als Norm und Anspruch – zumindest im „Abendland“.

    Ich hab mich wirklich VIEL mit Buddhismus auseinander gesetzt – lesend, lernden, hoffend, auch übend. Und ich hab mir die „Körbe“ im Pali-Kanon durchgelesen und habe da etwas festgestellt, was von Buddhisten in der Regel nicht bemerkt bzw. nicht thematisiert wird: es gibt da diese vielen Geschichten von Mönchen, die ein Problem haben oder eine Frage und sich damit an Buddha (den Gautama) wenden. Der sagt dann etwas und daraufhin steht über die Wirkung geschrieben: „Und er erlangte Erleuchtung“..

    Wenn du dir „open minded“ diese Fragen und Antworten anschaust wie ich es tat, dann wird dir nicht verborgen bleiben, dass das, was hier als „Erleuchtung“ benannt wurde, eine schlicht rational-logische Erkenntnis war – ähnlich dem griechischen „heureka!“. Diese Erkenntnisweise war damals wahrlich eine echte ERLEUCHTUNG – weil es diese Form von bewusstem Nachdenken und logischem Schlussfolgern zu jener Zeit noch gar nicht gab!

    Wie verrückt, dass mittlerweile „Erleuchtung“ als Form des Eskapismus in trance-artige Wohlfühl-Erlebnisse (ozeanisches Feeling) verstanden wird – und damit ein „nice to have“ neben vielen anderen.

  6. „Denn der Verstand ist die neueste Errungenschaft des Bewusstseins“? Wenn „Verstand“ diese Kraft hätte, dann wären wir NICHT in dieser Lage. Seit Jahrtausenden gibt es Ethik und Verhaltenskataloge, aber was hat es genutzt?

  7. Denkkraft ist für mich Basis für den Willen und damit für die bewusste Veränderung. Beispiel: dunkle Seiten in mir, sie halte ich mit freiem Willen im Zaum. Das Bemühen zum „besseren Menschen“ geschieht über den Verstand. @Gerhard: das geschieht offenbar leider abseits des Mainstreams und wohl auch abseits der modischen Zen-Linien in Europa. Ob es kraftlos ist, weiß ich nicht. Mehr gesamtgesellschaftliche Kraft des Verstandes wäre sicher toll.
    Gruß

    P.S.: Bei dieser Gelgenheit mußte ich gerade an Esther Vilar – „Der betörende Glanz der Dummheit“ denken.

    http://www.freidenker-amberg.de/?p=364
    Matthias

  8. Danke für deine Darstellung geistiger Positionen, die, ich meine unausgesprochen, mehr oder weniger den Anspruch haben, die Mitmenschen jeweils auf die eigene Position zu ziehen. Ich wünsche mir auch Verantwortungsbereitschaft bezüglich der Dinge, die die Menschheit zu verantworten hat. Doch leider sehen wir alle, dass es so viele Absichten gibt, von den Realitäten abzulenken, die eigentlich dringend verantwortungsbereiten Einsatz bedürfen.
    Sich aus der Verantwortungsbereitschaft zu stehlen hat geistig reale Gründe, die in jeder individuellen Geschichte auffindbar (und heilbar ) wären. Es war nicht nur Erziehung, Schule und Medienmanipulation. Die Spur zu richtigen Erkenntnissen diesbezüglich findet man, wenn man erforscht, warum der Mensch so denkt, wie er denkt.
    Appelle an die Verantwortung unserer Nächsten verpuffen. Im Gegenteil, sie reizen eher zum Zorn. Die Gründe liegen in der Tatsache, dass wir Menschen eine psychische Instanz besitzen, richtiger: diese Instanz sind, die unsere Handlungen und Unterlassungen auf ihre Tragfähigkeit erkennt, als gleichwertig nützliches Individuum anerkannt zu sein. Da es in unserem Kulturkreis bezüglich geleisteter Handlungen und Unterlassungen bei den Meisten weit im Argen liegt, haben wir so wenig Chancen, dass sich ein Ansprechpartner auch als anerkannt empfindet. Das Unterlegenheitsgefühl blockiert seine Bereitschaft in ein sinnvolleres Unterfangen eingereit zu werden, in dem man sich entdeckt fühlen könnte.

    Um nicht zu psychologisieren, statt in die politische Verantwortung zu gehen, sehe ich nur einen verantwortungsbewussten Weg, der zunächst Menschen, die ein stimmiges Menschenbild für sich erarbeitet haben, zu sammeln.
    Erst im zweiten Schritt kann aus solch einer Bündelung eine politische Bewegung entstehen, der es gelingt, als richtungsweisende Hoffnungsträger allgemeine Anerkennung zu erlangen.
    Also: sammeln, statt zerstreuen.

  9. @Matthias: danke für den interessanten Link! Ob es ALLEIN die Denkkraft ist, die zur Bezähmung der „dunklen Seiten“ ruft, bezweifle ich. Hinzu kommen muss auch ein Leiden daran, was man anrichtet wenn man es nicht tut.

    @Gerhard: ich meinte das Massenbewusstsein – natürlich gab und gibt es immer Einzelne, die sich auf anderen, „höheren“ Bewusstseintsstufen aufhalten – Ken Wilber u.a. meinen ja, dass auch die „Kulturell-Kreativen“ bereits ein Stadium weiter seien.

    @Peter: VIELEN DANK, dass du meiner Bitte gefolgt bist, und deinen umfangreichen Kommentar auf GooglePlus hierher gesetzt hast! Hier bleibt er nämlich erhalten und ist Teil eines Gesprächs, dem auch meine Stammleser folgen können, ohne „irgendwo Mitglied sein“ zu müssen!

    „Appelle an die Verantwortung unserer Nächsten verpuffen. Im Gegenteil, sie reizen eher zum Zorn.“

    Ja, deshalb schreibe ich normalerweise lieber von mir, vom eigenen Umgang mit „dunklen Seiten“ – das inspiriert die Leser ganz zwanglos, auch mal bei sich zu schauen.
    Gelegentlich aber nehme ich mir auch die Freiheit, ein bisschen vom Leder zu ziehen.. :-)

    Interessant finde ich deine Begründung für Zorn und Ablehnung. Du meinst, mehrheitlich empfinde das heutige Individuum angesichts jeglicher Weltverbesserungszumutungen eine Abwehr, weil es selbst nicht genug „Handlungen und Unterlassungen“ vorzuweisen hat, um sich anerkannt/ebenbürtig zu fühlen?

    Hm, ich weiß nicht… mein Eindruck ist eher, dass fast jeder an irgend einer Stelle ‚was tut (durchaus auch im gar nicht so irrelevanten Kleinen, wie etwa Spenden oder Mülltrennung). Es ist eher eine Überforderung, die uns alle trifft: Wir WISSEN so viel über Missstände, dass es sisyphos-mäßig erscheint, noch ein Thema dazu zu nehmen und konsequent zu handeln….

    Klar gibts auch eine Menge Ignoranten, aber auch sie haben einen Grund, so zu sein, wie sie sind – und meist gibt es in einem persönlichen Gespräch dann doch Anknüpfungspunkte.

  10. @Claudia, ich verstehe immer noch nicht so recht, was Du gemeint hast. Mir scheint, Du sprichst von einer neuen Qualität in der Masse, einer Art kollektivem Verstand, der sich so noch nicht gezeigt hat.
    Das müsstest Du noch näher ausführen.

    In diesen Rahmen passt auch Deine jüngste Anmerkung: „Mein Eindruck ist eher, dass fast jeder an irgend einer Stelle ‘was tut“.
    Wenn ich mich umschaue, kann ich das nicht feststellen.

    Herzlichen Gruß
    Gerhard

  11. @Gerhard: hast recht, das hab ich zu verkürzt dargestellt. Ich meine damit, dass der Verstand, die Rationalität, das logische Denken jene Bewusstseinsstufe ist, die heute allen zugänglich ist. Die auch als „Norm“ gefordert ist, will man gesellschaftlich mitwirken.

    Das war nicht immer so, sondern hat sich historisch entwickelt. Dem voraus ging das magische und mythische Bewusstsein, dass sich von unserem heutigen Zustand stark unterscheidet. Z.B. verstand sich der Mensch noch nicht als Individuum, wie wir es heute als selbstverständlich erleben, sondern der Bezugsrahmen der Identifikation war z.B. der Stamm, der Clan etc.

    Zu deinem letzten Satz: Das mag an unserer jeweiligen „Blase der Wahrnehmung“ liegen. Und ich bin ganz zufrieden damit, dass meine Aufmerksamkeit wohl eher auf die positiven Aspekten schaut. :-)

  12. @Claudia, das ist mir schon aufgefallen, daß Du durch und durch ein Optimist bist – was ich eher schätze. Ich könnte dennoch für Dich mal eine Umfrage in meinem Bekanntenkreis machen. „Wie haltet es Ihr es denn mit einem persönlichen Beitrag für die Umwelt?“. Wenn das Ergebnis negativ wäre, könnte es sein, daß mein „Pessimismus“ eben Freunde nach sich gezogen hat, die genau in dieses Schema „Nichtstuer“ fallen. Das wäre geradezu logisch zwingend.

    Gruß
    Gerhard

  13. @Gerhard: also wenn es gelänge, das „Plastiktüten meiden“ ebenso erfolgreich zu machen wie „Müll trennen“, wär das ein großer Erfolg. Denn in Sachen Müll trennen sind Deutsche nach verschiedenen Erhebungen recht gut dabei…