Der physische Nahraum als Kontakt-Arena hat nahezu alle Bedeutung verloren. Klar, wenn in „meinem“ Haus der Keller saniert wird, dann redet man als Mieter schon mal miteinander über die Modalitäten. Und wenn in meinem Stadtteil Baumaßnahmen gewohnte Bestände vernichten, dann blogge ich darüber. Wenns ganz schlimm käme, würde ich halt wegziehen.
Was ich sagen will: dieser Nahraum ist kein Raum mehr, in dem man bevorzugt Freunde findet. Das Netz hat uns die Möglichkeit eröffnet, mit Menschen in freundschaftlichen Kontakt zu kommen, ganz egal wo sie wohnen.
Das wirkt auch solange ganz toll, wie man physisch keine Probleme mit dem Weiter-Existieren hat. Man kann ja herum reisen, um alle mal zu treffen, die einem ans Herz gewachsen sind – oder sie kommen zu Besuch. Als Hauptstädterin bin ich da sogar privilegiert, denn nach Berlin kommen viele mal ganz gern, aus unterschiedlichen Gründen. Ich bin dann ein Grund mehr, den man gerne mitnimmt, zur beiderseitigen Freude, no problem nirgends.
Und doch: manchmal frage ich mich, ob ich nicht das Falsche tue, wenn ich „Online-Kontakte“ pflege? Im Grunde „pflege“ ich sie ja nicht, sie entstehen und manchmal vertiefen sie sich: mal berate ich jemanden in persönlich wichtigen Themen über Monate und Jahre, ohne ihn je gesehen zu haben. Oder ich helfe jemandem mit ganz konkreten Hinweisen, Erläuterungen und Beispieldateien, wie er/sie etwas in seinem Blog auf die Reihe bekommen kann. Und alles dazwischen.
Ja, ich bekomme dafür „positives Feedback“, daran mangelt es nicht. Aber ich fürchte, bzw. meine zu wissen: wenn ich nicht mehr online bin, bin ich für all diese Menschen einfach weg. Und nicht mal ein großer Verlust, also nichts, wo der- oder diejenige extra nachforschen würde, was denn mit mir sei.
Und deshalb kommt – in weniger ooptimistischen, gut gelaunten Momenten – schon mal der Gedanke auf, ob ich nicht zuviel Energie und Herzblut an Fremde verschenke und dann selbst, wenns mir dreckig geht, einfach verloren bin?
Dabei denke ich, dass der, der so begeistert von meiner Hilfe für sein Blog ist, durchaus bereit wäre, 10 Euro für das Medikament zu spenden, dass ich mir vielleicht im Fall des Falles nicht mehr leisten kann. Vorausgesetzt, ich „halte“ den Kontakt…. was ich bisher eigentlich nicht mache. Ich gebe und helfe, weil es das ist, was mir als das Angesagte erscheint: Feuer machen, Wasser holen – so ZEN-mäßig ausgedrückt.
Weil das aber alles verstärkt „online“ passiert, hab ich schon manchmal Angst vor der Zukunft. Wenn ich krank und behindert, und vielleicht sogar „schlecht drauf“ sein werde – werden all jene, denen ich „online“ etwas bedeutet habe oder noch bedeute, kurz- oder langfristig, werden die mir dann helfen?
Wohl kaum. Denn wer nicht online ist (und wie üblich zur Unterhaltung beiträgt) existiert nicht.
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
37 Kommentare zu „Ich brauche wahre Freunde – geht das „online“?“.