„Du steckst deine Beschwerden ja ganz gut weg“, sagte heute ein alter Freund, als ich am Rande unseres Gesprächs die einsetzenden Zahnschmerzen nur kurz erwähnte, um im übrigen den gemeinsam geschauten „Tatort“ und dann die Lage der Welt zu besprechen.
Weil er ein alter Freund ist, den ich mindestens einmal die Woche sehe, weiß er gut, dass „Zahnweh“ nicht das einzige ist, sondern so in etwa das fünfte oder sechste in der Reihe diverser Zipperlein, die für mich so ab Mitte 40, erst recht ab 50 nach und nach virulent wurden. „Zahnweh“ wohlgemerkt nicht wg. Karies, wie bei den Jungen, sondern als Begleitkonzert des Sich-Verabschiedens eigener Zähne auf Nimmerwiedersehen: jeder Verlust eröffnet eine neue Baustelle rund um Zahnersatz (bzw. dessen Neu-Arrangement, und heute auch dessen Finanzierung!), ist also nie von heut‘ auf morgen abgehakt.
Ich denke jetzt nicht im Traum daran, meinen Mitlesenden eine Liste meiner „Beschwerden“ zu geben (wer wirklich lange mitliest, weiß, dass ich ein lebender „Sitzschaden“ bin). Tatsache ist, dass mein Freund recht hat: es tangiert mich im Herzen nicht wirklich. Ich bewerte all diese Erscheinungen auch nicht anders als das Wetter. Das kann, subjektiv betrachtet, gelegentlich nervig sein, aber es ist nun mal ein Geschehen, dem ich ausgesetzt bin und über das ich mich nicht unnötig aufregen will. Es ist, wie es ist – es ist nicht „gegen mich“.
Auch dass mein Leben ein Ende haben wird, ist so ein Geschehen. Die Wahrnehmung zunehmender Hinfälligkeit und Schwäche (verglichen mit früher, mit 20 oder 30!) erinnert daran, dass es so weiter gehen wird, letztlich bis zum Tod. Aber ich wäre doch schön blöd, wenn ich mich von diesen natürlichen Prozessen deprimieren ließe! ICH bin zum Glück nicht der Dreh- und Angelpunkt der Welt, sondern nur ein Stäubchen unter vielen. Klar wird mich gelegentlich die Wehmut packen, wenn ich mal das Ende recht nahe sehe und ich all das, was ich in dieser Welt liebe, mit Abschiedsaugen anschauen werde. Trotzdem hoffe ich, dass ich letztlich so bleibe, wie ich immer war: interessiert an Anderen, an der Welt, nicht allzu sehr am persönlichen Befinden.
Wenn ich das grade Geschriebene lese, beschleicht mich der Zweifel, ob rüber kommt, was ich meine. Die Haltung, die ich als „Schmerz muss nicht Leiden sein“ vermitteln will, ist vermutlich gar nicht vermittelbar. Sie wächst einem zu oder war immer schon da – und vor allem ist sie KEINE LEISTUNG! Nichts, was man in Selbstverwirklichungskursen erringen kann, nicht mal etwas nur GUTES, denn die andere Seite dieser Haltung kann man auch als Verwahrlosung beschreiben: Jemand, der sich nicht genug „um sich kümmert“, sondern stets dazu neigt, Impulsen zu folgen, sich „nach außen zu wenden“, anstatt sich zu besinnen, sich zu pflegen, zu schützen, stets gesund zu ernähren, fit zu halten und und und…
Ja, oft genug scheiß ich drauf! Und das werde ich auch weiter tun…. :-)
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9 Kommentare zu „Schmerz ist nicht zwingend als Leiden zu interpretieren“.