Dieses Blog trägt noch immer den uralten Untertitel „Vom Sinn des Lebens zum Buchstabenglück“. Dieser Satz wird bei der anstehenden Umgestaltung verschwinden, mir ist nur noch kein neuer Untertitel eingefallen.
Denn die Sinnfrage hat sich für mich erledigt, lange schon. Einst spielte der Satz vom „Buchstabenglück“ darauf an, dass ich mit 42 (!) das Internet entdeckt und meinen ersten richtigen Artikel online gestellt hatte, der den Titel trug „Vom Sinn des Lebens zum Regenwurmglück“. (Man schrieb das Jahr 1996, der hier archivierte Artikel gibt auch einen kleinen Eindruck, wie sich „surfen“ damals anfühlte). Für mich war das Internet „Buchstabenglück“: endlich konnte ich mich schreibend nach Belieben ausdrücken und mit anderen kommunizieren – einfach so, ohne viel Geld, ohne jemand um Erlaubnis fragen zu müssen. Was für ein Glück!
Suche ist sinnlos
Auf einer tieferen Ebene war ich schon damals über die Sinnfrage hinaus. Es gibt keinen Sinn, den man suchen und finden müsste. Der Sinn ergibt sich ganz „von selber“, wenn man die Blickrichtung ändert und nicht mehr fortwährend darauf schaut, was einem fehlt, sondern darauf, was man geben könnte. Dann stellt sich schnell das Gefühl der Fülle ein, denn GEBEN ist angesichts der vielen, denen es an etwas mangelt, und angesichts der vielen Missstände, die einer Verbesserung bedürfen, kein Problem. Sobald man sich selbst als Potenzial begreift, das Gute, das Wahre und Schöne in die Welt zu bringen, tritt man geistig aus der Konsum-Orientierung unserer spätkapitalistischen Welt aus. Insofern hab‘ ich mich angefreundet mit dem „Making Sens“ der Amerikaner, das als „Sinn machen“ das deutsche „Sinn haben“ zunehmend verdrängt.
Nun werden viele sagen: Ich kann mich nicht noch groß engagieren, mein Job, meine Verpflichtungen und vielerlei Widerstände lassen mir dazu gar keine Zeit. Was ich mit dem „sinn-machenden“ Geben meine, ist jedoch nicht zwangsläufig eine „zusätzliche Aktivität“, sondern erstmal eine Änderung der Haltung im Rahmen jeglicher Aktivität: im Beruf, in der Familie, in der Gesellschaft – auch z.B. beim Taxi-Fahren.
Böse Welt?
Letzteres erwähne ich, weil es der Blog-Artikel eines Berliner Taxifahrers war, der mich zu diesem Eintrag inspiriert hat. Es ist eine Klage über die Menschen, die er durch Berlin fährt: Business-Leute, die nur von Märkten und Renditen quatschen, besoffene Jugendliche, die mit der obligatorischen Bierflasche in der Hand besonders „cool“ sein wollen, Handwerker, die gegen Ausländer polemisieren, und und und. Er erlebt sich als Außenseiter, der in dieser „Normalwelt“ nicht klar kommt:
„Sie haben mich ja auch schon gekriegt: Ich habe zwei Jobs, Einbauküche, Auto vor der Tür und einen vollen Kühlschrank. Aber die Seele ist leer. Ein paar Freundschaften gibt es, sehr wenig, auch da gehts teilweise um Ausnutzen des anderen…..
Schon lange bin ich in der zweiten Lebenshälfte, und noch immer gehöre ich irgendwie nicht dazu. Diese Gesellschaft ist mir so fremd wie vor 30 Jahren. Selbst jetzt mit meiner bürgerlichen Existenz bin ich darin ein Außenseiter, auch wenns kaum jemand sieht. Ich kann nicht dazugehören und will es auch nicht. Weil ich Angst habe, dann jegliche Gefühle zu verlieren.“
Dies sind alles Sätze, die vom Haben und Haben-wollen handeln. Die Seele scheint „leer“, wenn man nur darauf schaut, was bei den ANDEREN und in der Gesellschaft falsch und unschön ist. Es ist ein erster großer Irrtum, zu glauben, alle anderen hätten einen an der Waffel und man selber nicht. Jeder und jede hat helle und dunkle Seiten und wenn so ein Business-Mensch mal alleine im Taxi sitzt, bringt es ein zuhörender und zugewandter (gebender) Taxi-Fahrer durchaus mal zustande, dass dieser sich öffnet und seine malträtierte „helle Seite“ zeigt. Aber vermutlich spricht dieser Taxi-Fahrer nicht mit seinen Gästen, sondern be- und verurteilt nur. Und ist entsprechend schlecht drauf:
„Das Leben ist leer, selbst wenn es scheinbar voll ist mit Freizeitbeschäftigungen, Jobs und allen möglichen Terminen. Es ist leer, sinnlos und ich will nicht, dass es auf diese Art weiter geht. Aber ich habe das Gefühl, dass ich damit ziemlich allein stehe.“
Alles, was daran hindert, sich zu engagieren, kreativ und mitfühlend mit Anderen umzugehen, ist das eigene Ego. Dieses ist nicht etwa „was Esoterisches“, sondern jene innere Instanz, der es wichtig ist, JEMAND zu sein – meist mit ganz bestimmten Vorstellungen von Status, Besitz und Image. Dabei ist es recht egal, ob man sich als besitzlosen Außenseiter oder toll integrierten Mach-was-mit-Medien inszeniert – immer gebiert dieses Ego die Getrenntheit, die letztlich in die innere Leere führt.
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17 Kommentare zu „Woher kommt der Sinn im Leben?“.