Claudia am 13. Oktober 2013 —

Zur Zukunft des Autos

Autos kommen in diesem Blog normalerweise nicht vor. In Berlin brauche ich schon lange kein eigenes Gefährt mehr und jegliche Begeisterung am Besitz eines Autos war mir immer schon fremd. Allenfalls kritisiere ich sie wegen Luftverpestung, Energieverschwendung und Lärm.

Wenn ich also einem Vortrag über die Zukunft des Autos von Anfang bis Ende fasziniert folge, dann muss der richtig gut sein, auch für Nicht-Auto-Fans. Hier ist er:

Der großartige Vortrag des Zukunfts- und Trendforschers Lars Thomsen enthält auch die Anleitung zur Zubereitung von Popkorn!

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25 Kommentare zu „Zur Zukunft des Autos“.

  1. ja, klasse vortrag:)
    ein problem hab ich nur damit, dass so ein elektromobil
    neu etwa 89.000 Euronen kostet.

    der gebrauchte diesel, mit dem ich mittlerweile 35.000 km seit letztem jahr abgespult habe, kostete in der Anschaffung 1.890 Euronen. und ich denke das teil ist noch für mindestens 150.000 weitere km gut.

    diese elektrozukunft ist für mich zur zeit unerreichbar,
    so faszinierend diese vehikel auch sein mögen: zur zeit werden sie für die sowiso schon reichen und sattgefutterten gebaut, für leute, die nicht darauf angewiesen sind werkzeug und/oder material tagtäglich ca 2-300km weit durch unsere so wunderbare post-industriell aufblühende Landschaft zu kutschieren.

    dabei ist die kombination von Windkraft/solar erzeugter Energie und dezentraler mobiler verbrauch dieser zur zeit schon „lästig“ werdenden alternativen energieformen
    genau mein Ding. allein die kosten sind die schranke ansonsten: toyota:)

    gruss
    i.m.sz.

  2. Nun, manchmal keimt in mir schon der Verdacht, eine durch (intelligente) Technik ‚ökologisch‘ gemachte Menschheit nach dem Bilde von Technikern bestünde vielleicht nur aus sehr wenigen Reichen und sehr viel Technik.

    Mit der kleinen Randnotiz: man rate, wo die Intelligenz dann versammelt wäre. Und der bösen: wo die Armen?

  3. Auch wenn die ersten konkurrenzfähigen E-Mobile nur „für Reiche“ erschwinglich sind, so ist es doch der schon vielfach beobachtete Verlauf der (technischen) Dinge, dass sie im weiteren dann billiger und billiger werden. Wie ja auch dem Vortrag zu entnehmen ist, der aufzeigt, wie schnell die Kosten der erforderlichen Batterie-/Speicher-Technik sinkt!

    In dem Punkt bin ich durchaus optimistisch!

  4. @Claudia

    Optimistisch gefällt mir. Doch scheint es mir ein wenig naiv anzunehmen, die Kosten von Rohstoffen oder Vorprodukten würden sich auf Verbraucherpreise auswirken (siehe Strompreise) sowie auszublenden, daß die durschnittlichen Lebenshaltungskosten weniger durch die Preise einzelner Produkte (der billige Kühlschrank) bestimmt werden als durch jenen des gesamten Warenkorbs (in dem, Gott sei’s geklagt, wohl auch der teure Kaffeeautomat Einzug halten wird).

    Und zu dem Zeitpunkt, an dem E-Autos schließlich ins Geschäftsmodell des automotive Molochs integriert sind, werden Endverbraucher vielleicht längst nicht mehr das zahlen müssen, was sie konsumieren, sondern was den Produzenten an Gewinnen entgeht, falls sie nicht das konsumieren, was sie gar nicht mehr zahlen können. Denn dann sind alle Produzenten endlich – too big to fail!

  5. Wieso naiv? Hast du denn den Vortrag auch mal durchgehört? der rechnet das doch deutlich vor… und es ist bei nahezu allen anderen „neuartigen“ technischen Geräten ja ebenso gewesen: anfangs schweineteuer und nur für wenige erschwinglich, später dann bezahlbar für die Massen.

    Im übrigen haben wir in DE allein schon 1 Mio Millonäre – die könnten fürs erste umsteigen. Was wahrscheinlich ist, denn wie der Vortragende berichtet, ist das FAHRERLEBNIS mit dem E-Auto deutlich besser, da keine Verzögerung mehr vor der Beschleunigung kommt…

  6. Naiv, weil solche Hochrechnungen nur unter ausufernden ceteris paribus Annahmen gelten, welche der smarte Trendforscher in seinem Vortrag wohlweislich (oder, hoffe ich gern für ihn, aus Zeitgründen) unterschlägt.

    Eine massenhafte Produktion von Akkumulatoren (sowie von mit Elektronik vollgestopften Fahrzeugen) für den Individualverkehr geschieht jedoch nicht in einer konstanten Umgebung (Preise und Verfügbarkeit von allen notwendigen Rohstoffen, Quantum des Verkehrsaufkommens, sich ändernde Mobilitätszwänge usw.), sondern in Wechselwirkung mit vielerlei anderen Faktoren (Bevölkerungswachstum, Beschäftigungsstruktur, Stadtentwicklung) und erschöpft womöglich viele andere Rohstoffe (etwa seltene Erden), so daß hier leicht der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden könnte.

    Obendrein hülfe eine Rettung des aberwitzigen Individualverkehrs durch E-Fahrzeuge als 1:1 Ersatz für Diesel/Benziner nichts gegen dessen von der Antriebstechnik unabhängige Wirkungen (Rohstoff- und Energieverbrauch für die Produktion und Wartung der Wagen, Entsorgung von Altwagen und Akkus, Gebäudeschäden durch den rollenden Verkehr, Instandhaltung des Straßennetzes, Zerschneidung von Landschaften usw.).

    Was das Fahrvergnügen angeht: Wäre dieses primär durch den Kick der Beschleunigung bestimmt, so wäre nach wie vor der kräftige Tritt in den Hintern durch kein (ziviles) Gefährt der Welt zu toppen.. ;-)

  7. Ich bin nicht einig mit Dir, @ Susanne, weil Deine Meinung nur einen Schluss zulässt: Weg vom Auto und zurück in die mobile Vergangenheit. Im Idealfall träfe es nur den Individualverkehr und der ÖPNV wäre die Alternative (der dennoch technisch nach wie vor im Gestern und Heute und nicht im Morgen steckt).

    Gleichwohl hast Du vollkommen recht, wenn Du die massenhafte Produktion der Akkus mit den Wechselwirkungen der unterschiedlichsten Probleme und Herausforderungen einkalkulierst. Aber egal was dahingehend passieren wird, die technologische Weiterentwicklung wird sicher nicht gestoppt werden. Dazu ist die Idee viel zu verlockend. Für die einen, weil sie ihren Grips benutzen können um Lösungen zu finden und für die anderen, weil es dort viel Geld und Ruhm zu verdienen gibt. Nein, der Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Er verzögert sich höchstens. Aber was sind schon 520 Wochen?

    Ich bin mir nicht sicher, ob der Individualverkehr aberwitzig ist. Er ist vielleicht aberwitzig organisiert, mit – ganz sicher! – aberwitzigen Verkehrsmitteln bestückt und ein riesiger Umweltschädling. Aber er ist eben auch ein Garant für das Funktionieren der Wirtschaft und eine für den Ottonormalautofahrer kulturelle Errungenschaft, die noch dazu für sein Ego von größter Wichtigkeit ist.

    Die Frage ist also nicht, wie der Individualverkehr abgeschafft werden kann, sondern wie er neu organisiert werden muss, damit er zum Vorteil für alle wird und nicht die Welt zerstört.

  8. @Susanne: wenn ein Auto-Fan, der gerne sein Fahrzeug streichelt, davon berichtet, dass man nach der Fahr-Erfahrung mit dem Tesla beim Benziner das Gefühl habe, es sei etwas kaputt – jaaaa, dann glaub ich wirklich dran, dass der breitflächige Umstieg in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich kommt. Denn Beschleunigung IST genau das, worauf echte Autofans, die am FAHREN Spass haben, abfahren!

    @Olaf: das mit der Ego-Relevanz nimmt aus meiner Sicht ab, jedenfalls bei den Jüngeren. Wo kann man das Auto in den Städten schon richtig vorzeigen? Man muss es weitab oder in irgend einer Tiefgarage abstellen, oft gefühlte Ewigkeiten Parkplatz suchen… Wogegen das richtige Smartphone und andere Gadjets als Status-Symbol doch viel offensichtlicher sind. Naja, und wenn die kritische Masse an E-Mobilen erreicht ist, dann wirken Benziner sowieso vorgestrig.. vielleicht irgendwann noch so relevant wie Vinyl-Platten.

    Insgesamt zur Auto-Reduzierung: Individuelles Sharing ist durchaus eine Option im Individualverkehr, die noch eine große Zukunft vor sich hat. Wenn erstmal alle die Apps haben, mit denen man spontan Mitfahrende suchen kann und gleich auch das „mitzahlen“ über Handy problemlos klappt…

    Ja ja, es gibt gegen alles pessimistische Einwände. Aber WARUM stehen die bei uns in DE nur immer so im Vordergrund?

  9. @Olaf Sander

    Deine Argumentation liest sich für mich so, daß nicht sein kann, was nicht sein darf („ch bin nicht einig mit Dir … weil Deine Meinung nur einen Schluss zulässt: Weg vom Auto und zurück in die mobile Vergangenheit“) und daß bestimmt sein wird, was sein muß („die technologische Weiterentwicklung wird sicher nicht gestoppt werden“)

    Genau das ist jedoch in meinen Augen Utopie mit Scheuklappen, die das Unangenehme nicht denken und das Angenehme herbei wünschen will. Auch der ominöse ‚technische Fortschritt‘ ist jedoch kein deus ex machina, der aus dem Kasten springt, wenn er gebraucht wird, und dazu dann exakt so aussieht, wie er gebraucht wird.

    Dein letzter Satz sollte nach meiner Auffassung daher lauten: Die Frage ist, ob der Individualverkehr so organisiert werden kann, daß er zum Vorteil für alle wird und nicht die Welt zerstört.

    @Claudia

    Vielleicht korreliert die Zahl der pessimistischen Einwände in Deutschland positiv mit dem Grad der Lebenszufriedenheit und Lebensqualität hierzulande, die ja auch dann noch benötigt wird, wenn der munter zum Brunnen gegangene Krug dummerweise einmal tatsächlich zerbrochen ist – und Plan B greifen muß!

    Zum Thema Beschleunigung: ich bin ja nun wirklich eine Raserin vor dem Herrn (schäm schäm mea maxima culpa etc pp), aber an der Beschleunigung interessiert mich nicht, daß sie sofort einsetzt, sondern wie lange sie anhält. Das eine ist der Kick für den Hasenfuß, der sofort wieder den Fuß vom Gas nimmt, hat das Wägelchen gebockt, das andere ist real fun…

  10. @ Susanne, da habe ich mich wohl falsch ausgedrückt, denn ich meine nicht, dass nicht sein kann was nicht sein darf und dass bestimmt sein wird, was sein muss. Ich möchte meine Gedanken gerne im Konjunktiv belassen und sagen, dass sein sollte, was sein müsste. Darüber lohnt es sich zu diskutieren, alles andere ist nur Streit.

    Bevor ich auf Dein Argument eingehe möchte ich noch betonen, dass ich kein Autonarr bin und ich nicht von Dir denke, dass Du eine Autohasserin wärest (schon allein deshalb nicht, weil Du ja gerne Gas gibst ;o) ). Mir geht es nicht darum im Recht zu sein oder es zu bekommen. Mir geht es um die beste Lösung, am besten für alle. Ja ich weiß das ist naiv. Versuchen will ich es trotzdem.

    „Genau das ist jedoch in meinen Augen Utopie mit Scheuklappen, die das Unangenehme nicht denken und das Angenehme herbei wünschen will.“

    Ich halte es für unbedingt notwendig die Utopie zu denken, weil so zumindest eine Richtung bestimmt und ein Ideal verbildlicht werden kann. Vor den Scheuklappen als solchen ist wohl niemand gefeit, wichtig ist nur das man bereit ist sie abzunehmen, wenn man sich ihrer bewusst wird. Was unangenehm oder angenehm ist, muss beim Thema Auto meiner Meinung nach sehr differenziert betrachtet werden.

    Im Großen gesehen ist zweifelsohne die Umweltverschmutzung durch die Mobilität das Unangenehmste. Theoretisch wären wir aber im Stande dieses Problem technisch zu lösen. Und damit meine ich nicht nur die Frage, ob Verbrennungs- oder Elektromotoren eingesetzt werden. (Btw. wurden die ersten Elektroautos im Jahr 1888 auf die Straßen geschickt und man stelle sich mal vor, dass man damals diese Technologie weiterentwickelt hätte und nicht die doofen Benzin- und Dieselmotoren.)

    Das ganze Konzept Auto müsste neu gedacht werden, was ja zumindest bei der Art des Antriebs bereits passiert. Aber auch die Herstellungsweise, also welche Materialen verwendet und welche Ressourcen benötigt werden, muss auf den Prüfstand. Was an einem Auto könnte aus regenerativen Rohstoffen hergestellt werden? Einige Teile im Innenraum von neuen Autos sind bereits „Bio“. Pollenfilter funktionieren mit Olivenkernen und Aktivkohle, Bodenbeläge und Innenraumverkleidungen können gut aus Faserpflanzen gewonnen werden, mit teilweise besseren Eigenschaften als die herkömmlichen Teile (hier wartet die Brennnessel, eine enge Verwandte des Hanfs, darauf endlich wiederentdeckt zu werden). Wie viel von einem Auto wird weggeschmissen und wie wenig wiederverwendet? Cradle to Cradle (C2C) ist hier ein gutes Stichwort. Da ginge schon viel mehr, als man glauben möchte.

    Auch der Individualverkehr sollte neu gedacht und den Erfordernissen angepasst werden. Was ist wichtiger, ein Auto zu besitzen oder es zur Verfügung zu haben? Das ist das, was Claudia schon angesprochen hat, nämlich das junge Leute eine ganz andere Beziehung zum Auto haben, als die Älteren.

    Ich z. B. muss mich zu den Älteren zählen. Nicht weil ich es bin oder mich so fühle, geschweige denn so aussehe ;o), sondern weil ich auf dem platten Land lebe und auf ein Auto angewiesen bin, damit ich mir mein Einkommen verschaffen kann. Eine nahe Verwandte von mir dagegen ist auf ein Auto angewiesen, weil sie nicht mehr laufen kann. Das Auto sichert ihr die nötige Mobilität, um am Leben ausserhalb der eigenen Wohnung teilnehmen zu können.

    Klar, wer in der Großstadt lebt und mit einem guten ÖPNV versorgt ist, der bekommt einen anderen Blick auf das Auto. Aber es gibt eben auch die Anderen, die auf so eine Kiste angewiesen sind, dafür aber immer einen Parkplatz haben. Die darf man nicht wegdenken.

    Als dritter Punkt der so enorm wichtigen Mobilität fällt mir das Transportwesen ein. Alle Fracht auf die Schiene? Aber ja, wenn es geht. Nur hat nicht jedes Unternehmen eine eigene Gleisanbindung und der Lieferverkehr in die Geschäfte geht auch nicht mit der Bahn. Rettungsdienste, Bauunternehmen, Stadtreinigung- und Versorgung, sie alle benötigen ihre Transportmittel, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir kommen gar nicht daran vorbei, das Autos neu zu denken. Unser ganzes Leben ist um dieses Gefährt gestrickt.

    „Auch der ominöse ‘technische Fortschritt’ ist jedoch kein deus ex machina, der aus dem Kasten springt, wenn er gebraucht wird, und dazu dann exakt so aussieht, wie er gebraucht wird.“

    Fortschritt ist nicht ominös. Er kommt nicht von ungefähr und schon gar nicht von allein. Er wird gemacht. Fortschritt ist, wenn man bereit ist die Scheuklappen abzunehmen. Dann kann man das Angenehme verfolgen und hat dem Unangenehmen etwas zu entgegnen.

  11. @Olaf

    (sorry für die etwas verspätete, dafür aber um so geschwätziger ausfallende Reaktion)

    Du schreibst: „Das ganze Konzept Auto müsste neu gedacht werden … Auch der Individualverkehr sollte neu gedacht und den Erfordernissen angepasst werden“. Dem stimme ich vorbehaltlos zu, allerdings bewegen sich nach meiner Auffassung Deine Ideen (und wohl auch die unseres Trendforschers) zu sehr im Rahmen technisch-immanenter Modifikationen dessen, was das Konzept Auto/Individualverkehr heute ausmacht (Antrieb, Material, Assistenzsysteme, Nutzungsgewohnheiten usw.) und .

    Ich würde hingegen von einem neuen Ansatz erwarten, das Konzept des physikalischen Transports von Menschen und Gütern in immer größeren Massen mit Hilfe von aus eigener Kraft fahrenden Maschinen insgesamt auf den Prüfstand zu legen – gerade in einer Welt, in der beide Quantitäten in absehbarer Zeit zu umfangreich zu werden drohen, um ohne existentielle Schäden für Mensch und Material, Infrastruktur und Natur weiter erfolgen zu können.

    Für Menschen bedeutet das, sie müssen sowohl Arbeit als auch die Erholungsphasen zwischen Geburt, Arbeit und Tod in größerer Nähe als bisher finden können. Virtuelle Welten und Spielereien werden den klassischen Urlaub (im Flieger in den Puff) und alltägliche Freizeitausflüge (shopping down town) zurück drängen müssen und vor allem der Arbeitsplatz sowie das Pflegepersonal wird eher nahe beim Wohnort angesiedelt sein müssen.

    Für Güter bedeutet das, die Endfertigung muß nach Möglichkeit am Ort der Konsumption oder ihm sehr nahe erfolgen und vor allem die Optimierung der Produkte durch eine verteilte Produktion dort, wo sie am billigsten ist, wird gegenüber der Optimierung der physischen Wege stark an Bedeutung verlieren müssen. 3-D Drucker weisen schon heute in diese Richtung. Landwirtschaft mag wieder zurück kehren dorthin, von wo sie einst vertrieben wurde. Und Langlebigkeit von solchen Produkten, die kompliziertere und aufwendigere Produktionsstadien verlangen, wird eine größere Rolle spielen müssen.

    Was aber technisch machbar ist (oder wird), muß sich nicht deswegen realisieren lassen. Der Individualverkehr (wie so viele Mikro-Entscheidungssysteme) ist nach meiner Überzeugung nahezu unlösbar eingebunden in ein Konzept von Gesellschaft, welches den Aufbau immer größerer – politischer, ökonomischer, medialer… – Strukturen bei gleichzeitiger Atomisierung individueller Entscheidungs-, Erlebnis- und Wahrnehmungsprozesse als ein sine qua non seiner Existenz zu enthalten scheint.

    Deswegen wird eine Neuorientierung jedes Teilbereiches, also auch des Individualverkehrs, gar nicht möglich sein, ohne gegen das (oder parallel zu dem) Konzept der Globalisierung neue Konzepte, etwa solche der Regionalisierung oder des Lokalen (als Schlagwort vielleicht am besten geeignet), zu entwickeln, und das wird sicherlich gravierende politische Konsequenzen verlangen, gegen die es erhebliche Widerstände gibt.

    Was von solchen Utopien jemals Realität werden kann ,wird sich kaum als master plan realisieren lassen und schon gar nicht als Fortschritts-Utopie mit technologischem bias. Ginge es nach denen (siehe die ‚Utopien‘ aus dem vorigen Jahrhundert), würden wir heute alle in Atomautos herum fahren und auf dem Mars Urlaub machen und Roboter, die aussehen wie Marilyn Monroe oder Clark Gable, massierten uns den vom Nichtstun verspannten Nacken.

    Schon die Entscheidung darüber, was realisiert werden sollte, wird sich eher hinter dem Rücken der Menschen als durch offene, politische Diskussionen durchsetzen. Wo denn auch, die Medien sind qua Werbung und Technikabhängigkeit auf Gedeih und Verderb an den status quo gebunden (da schließe ich auch das Internet und seine Apologeten mit ein), Kirche, Wissenschaft und Kunst haben einen zu großen Kapitalbedarf, um echte Alternativen anders denn als Kasperletheater für die Erbauung des sich up2date zeigenden Spießers zu dulden, und die Politik, naja, geh mir bloß weg damit, die gilt ja schon als tatkräftig, wenn sie auf dem Flur im Kanzleramt eine Phalanx zustande bringt…

  12. Erstaunlich (für mich), wie sanft und weich die Gesellschaftskritik von @Susanne hier daherkommt. Sonst kenne ich von ihr zu ähnlichen Themen sehr Bissiges und „Böses“.
    Vielleicht bist Du, @Susanne, etwas „müde“?!
    Zu dem Gesagten kann ich nur beifügen, daß alles Nahe-hinschauen quasi zu diesen Schlußfolgerungen führen muß, weswegen ich oft nicht so genau schaue.
    Ich freue mich über einzelne positive Meldungen und Lebens-Erscheinungen, die trotz allem anderen vor sich hinträufeln und unsere Gesellschaft befruchten. Es gibt sie und ich weiß eigentlich nicht warum. Irgendwas in uns will das Gute, immer noch und immer wieder.
    Mag sein, daß dies ÜBERHAUPT nichts mit dem Thread zu tun hat. Dann halt nicht.

  13. @Gerhard

    Für Deinen Kommentar mein herzlichster Dank. Müde bin ich zwar nicht, aber sanft ‚paßt scho‘.

    Allerdings nicht, weil ich allenthalben Schneeglöckchen im Oktober sprießen sehe, sondern weil es zwei durch die Presse geisternde Fotos in Zusammenarbeit mit einem Hollywood-Machwerk, in dem ich vor einiger Zeit einmal fast nicht eingeschlafen wäre, geschafft haben, mich all meiner Sorgen ums Gestern, Heute und Morgen zu entheben.

    In dem besagten Film rast ein Komet auf die Erde zu, aber, welch ein Glück, es rasen auch ein halbes dutzend gestandene Männer, geschart um einen noch Gestandeneren in ihrer Mitte, der sogar eine weiche Seite in Gestalt seiner Fürsorge für seine Tochter besitzt, welche sich prompt unsterblich in einen seiner braven Mitstreiter verliebt und die küssen sich dann auch hinter einem Stapel von Raketenersatzteilen und wo war ich stehen geblieben? Ach ja, diese Männer also rasen dem auf die Erde zu rasenden Kometen ihrerseits entgegen, beziehungsweise schreiten sie auf einem Rollfeld in breiter Phalanx der Kamera entgegen, besteigen ein Raumschiff, das sie auf den Kometen bringt, bohren Löcher in den Kometen und pusten ihn ins Nirwana. Wobei der Vater sich opfert, damit seine Tochter am Ende seinen Begleiter zum Ehemann kriegt, aber nicht, bevor sie mit ihrem sterbenden Daddy im Kosmos ein herzzerreißendes Telefonat am cellphone hinlegt, bis dann endlich der Akku alle und der Schinken zu Ende ist!

    Ja, nun, wen kann bloß so ein Schmonzenz beruhigen, fragst Du Dich jetzt sicher. Dachte ich damals auch!

    Aber nun sah ich die Tage besagte Fotos durch die Resthirne dieser Republik schwirren: Angela Merkel, flankiert von ihren Getreuen, schreitet quer durch die Flure des Kanzleramtes der Kamera entgegen. Und noch nicht genug des Grauens, der Dingens von der SPD tut es genauso, wie heißt er nur, nicht Ottfried Fischer, aber er sieht fast so aus, auf jeden Fall schreitet auch der, flankiert von anderen Sozialdemokraten gleichermaßen mir entfallenen Namens durch einen Flur, nun ja, vielleicht nicht des Kanzleramtes, dann aber wenigstens des Willy-Brandt-Hauses, und garantiert 1000 Pro auf die gleiche Kamera zu, und das alles in HD!

    Welcher Komet dieses Universums könnte sich da noch erdreisten, auf unsere Erde zuzustürzen? Und welches lächerliche Problem hienieden könnte schlimmer sein als ein Stern am Himmel, der Unheil kündet? (Hat uns doch der letzte schon einen Haufen von Ärger bereitet, der immer noch nach wirkt)

    Kurzum – ich begrub meine Sorgen in der Beugung des Rechts, sorry, der Biegung des Flusses, ach Quatsch, es war mein banges Herz, oder war es mein Sparbuch? Hm, irgendwie habe ich mich verheddert – egal, ich bin nun endlich aller Sorgen ledig, lebe glücklich und zufrieden bis an das Ende meiner Tage, und wenn das Raumschiff wieder heimkehrt, kriege ich auch noch einen Mann ab und der sieht dann eben nicht so aus wie eine dieser Pfeifen da vom Flur, sondern ist echt absolut erste Sahne und so gut wie neu…

    So!

  14. @Susanne, schade, daß ich die genannten Bilder nicht wirklich kenne. Ich habe sie womöglich in den letzten Wochen beiläufig wahrgenommen, aber gewirkt haben sie definitiv nicht.
    Wo kann man denn diese Schritte lernen? Ich würde auch gerne so durchs Leben laufen. Das hätte ad hoc eine positive Wirkung, auch auf mich selbst!

  15. @Gerhard

    Hier habe ich mal einige Bilder zusammengestellt. Ich hoffe, die positive Wirkung stellt sich unmittelbar ein…

    P.S. Okay, daß der Johannes Heesters nur dank Rollator mitkommt, der Horst Seehofer dringend mit seinem Schneider reden sollte und der Peer Steinbrück an seiner Beintechnik zu arbeiten hat, ist geschenkt. Sollbruchstellen halt.

  16. Was für ein spannendes Gespräch – herzlichen Dank dafür! Den „Schinken“, den Susanne gesehen hat, kenne ich auch. Wie schön, dass wenigstens im Film die Welt immer gerettet wird.

    Aber auch real ist man dran: gestern sah ich eine Doku über konkrete Abwehr-Technologien gegen Asteroiden, die sich in Entwicklung befinden: Zerschmelzen mittels riesiger Sonnenspiegel und „ablenken“ mittels lange nebenher fliegen.. interessant! Man muss damit allerdings Jahre vor dem aufprall einsetzen..

    Zur Politik mag ich jetzt grade nix sagen, das deprimiert im Moment nur.

    Wünsche allen eine schöne Woche!

  17. Wer sich für eher unspektakuläre, aber in meinen Augen deutlich spannendere Ansätze anderer Lebensweisen interessiert, als es technologische Utopien von tollen Autos für kleine Jungs darstellen, die mit Supertechnik die Welt retten, weswegen gar nicht genug von ihnen auf der Erde herum rasen können, dem sei dieser Link auf die Transition Town Totnes empfohlen, eine Stadt, in der versucht wird, Leben und Arbeiten auf etwas andere Weise als üblich zu gestalten.

    Es gab dazu die Tage auf arte einen Film, in dem Totnes vorkam (hier der link) – vielleicht ist der ja über die mediathek dort noch zu gucken, ich kenne ihn leider nicht, habe aber einiges Gute darüber gehört.

  18. 19.10.

    Hej Susanne,

    vielen Dank für Deine Antwort, die weder zu spät noch geschwätzig ist, sondern viel mehr den Verstand anregt und den Horizont erweitert. Ich bin mal so frech und zitiere Deine Argumente im Einzelnen, um bei den jeweiligen thematischen Fäden bleiben zu können und nicht die Übersicht im komplexen Knäul zu verlieren.

    „Das ganze Konzept Auto müsste neu gedacht werden … Auch der Individualverkehr sollte neu gedacht und den Erfordernissen angepasst werden“. Dem stimme ich vorbehaltlos zu, allerdings bewegen sich nach meiner Auffassung Deine Ideen (und wohl auch die unseres Trendforschers) zu sehr im Rahmen technisch-immanenter Modifikationen dessen, was das Konzept Auto/Individualverkehr heute ausmacht (Antrieb, Material, Assistenzsysteme, Nutzungsgewohnheiten usw.) und .

    Das ist der eine Ansatz im Umdenken. Technologisch gesehen von dem ausgehend was ist, was – State of the Art – machbar wäre und, zu guter Letzt, was für die Zukunft sinnvoll erscheint – mit dem gesunden Menschenverstand als Aufpasser.

    Ich würde hingegen von einem neuen Ansatz erwarten, das Konzept des physikalischen Transports von Menschen und Gütern in immer größeren Massen mit Hilfe von aus eigener Kraft fahrenden Maschinen insgesamt auf den Prüfstand zu legen – gerade in einer Welt, in der beide Quantitäten in absehbarer Zeit zu umfangreich zu werden drohen, um ohne existentielle Schäden für Mensch und Material, Infrastruktur und Natur weiter erfolgen zu können.

    Für Menschen bedeutet das, sie müssen sowohl Arbeit als auch die Erholungsphasen zwischen Geburt, Arbeit und Tod in größerer Nähe als bisher finden können. Virtuelle Welten und Spielereien werden den klassischen Urlaub (im Flieger in den Puff) und alltägliche Freizeitausflüge (shopping down town) zurück drängen müssen und vor allem der Arbeitsplatz sowie das Pflegepersonal wird eher nahe beim Wohnort angesiedelt sein müssen.

    Für Güter bedeutet das, die Endfertigung muß nach Möglichkeit am Ort der Konsumption oder ihm sehr nahe erfolgen und vor allem die Optimierung der Produkte durch eine verteilte Produktion dort, wo sie am billigsten ist, wird gegenüber der Optimierung der physischen Wege stark an Bedeutung verlieren müssen. 3-D Drucker weisen schon heute in diese Richtung. Landwirtschaft mag wieder zurück kehren dorthin, von wo sie einst vertrieben wurde. Und Langlebigkeit von solchen Produkten, die kompliziertere und aufwendigere Produktionsstadien verlangen, wird eine größere Rolle spielen müssen.

    Das ist der andere Ansatz. Und der ist weitaus komplexer und – positiv formuliert – herausfordernder, als der technische. Wie viel, welcher Art, von woher, wohin und weshalb werden Menschen und Güter transportiert? Und was sind die Gründe für die Reisen der Menschen?

    Ich gebe Dir vollkommen Recht, was den „Verbleib“ der Menschen in ihrer Region und in ihrem Leben betrifft. Das wäre wünschenswert, weil dann auch wieder Werte wie Gemeinschaft, Familie und Freunde an Bedeutung gewinnen würden. Aber reisen sollten die Menschen dennoch können, damit sie verstehen und fühlen lernen, dass die Welt, in der sie leben, rund ist. Denn wer nur in seiner Region bleibt, bekommt früher oder später einen verengten Horizont – und das meine ich nicht böse oder überheblich oder so. Das ist wie es ist, Menschen sind so.

    Frauen und Kinder in Thailand missbrauchen könnte durch Zusammenarbeit sicher verhindert werden. Pauschalurlaube mit heimatlichen Essen in heimatlichen Enklaven irgendwo in der Karibik könnten hoch besteuert, kultureller und informativer Austausch dagegen subventioniert werden, weil den die Welt so bitter nötig hat. Ich weiß, ganze Industriezweige würden jetzt ihr Veto einwerfen und der Gedanke ist auch naiv. Denn um hier ein Umdenken herbei zu führen, bedürfte es ein ordentlich Maß an Aufklärung und ganzheitlichem Denken. Im Kern wäre es eigentlich ganz einfach, aber es ist dennoch soweit weg wie eine Begrünung des Mars.

    Bei den Gütern wird es aber schon wieder schwieriger. Ja, so viel wie möglich dort herstellen, wo es konsumiert wird. Das kann im Großen und Ganzen aber nur für die Waren des täglichen Bedarfs gelten. Denn bei dem was man nicht andauernd verbraucht, bspw. Baumaterial, Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Bücher usw. usf., sieht es schon anders aus. T-Shirts billiger Qualität sollten keine 20-, 30-Tausend Kilometer zurückgelegt haben, bevor sie für 5,50 Euro bei H&M verramscht werden. T-Shirts guter Qualität und aus heimischer Herstellung müssen aber auch einen realistischen Preis haben dürfen, vor allem dann, wenn sie länger halten und die Umwelt nicht mehr schädigen als unbedingt nötig.

    Wie groß ist regional, welche produktiven und innovativen Fähigkeiten hat diese Gegend, was braucht sie von außerhalb und, ganz wichtig, wie kommt sie an diese Produkte heran? Bei diesem Gedankengang gibt es in meinem Kopf einen Abzweig mit dem Schild „Kleinstaaterei“, der mich misstrauisch werden lässt. Die könnte da nämlich schnell entstehen und hätte auf lange Sicht nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische, soziale und kulturelle Auswirkungen. (Stell Dir mal vor, irgendein Horst von irgendeinem zänkischen Bergvolk erhöbe sich zum König und riefe die Monarchie aus, nur weil er vom regionalen Volk gerade geliebt wird… ;o) )

    Ich glaube auch an den Erfolg des 3D-Drucks. Ganze Häuser ließen sich damit ausdrucken [1] – wobei eine solche Maschine ja wieder transportiert werden müsste. Aber es wird nur ein Teilbereich im Universum der Produkte sein, den diese Technologie abdecken kann. Die Konzeption der Produkte generell müsste überdacht werden. Nur allein mit dem Wahnsinn der geplanten Obsoleszenz und den Produktzyklen aufzuhören, würde der ganzen Sache eine völlig neue Richtung geben. Technologiesprünge und nicht alle halbe Jahre ein Update, Facelift und dergleichen im „neuen Modell“. Recycling statt Schrott, denn tausende Tonnen an wertvollsten Materialien gehen allein in Deutschland jedes Jahr verloren, weil unser Wirtschaftssystem so unsagbar bescheuert ist. Da sind die Autobauer und Unterhaltungselektroniker wohl die größten Idioten unterm Sternenzelt.

    Und selbst für die Landwirtschaft gibt es gute Ideen und Konzepte, die eine Lösung vieler Dilemmas sein könnten. Biolandwirtschaft sowieso, Urban-Farming [2, 3] ((hoffentlich!) ganz groß im Kommen)), vertikale Landwirtschaft [4] und unabdingbar, regionale Produktion mit ihren typischen saisonalen Zyklen. Kein Mensch braucht im Winter Melonen, mit denen Spanien sein kostbares Wasser wegexportiert. Die Nachfrage danach ist künstlich gemacht und nur ein üble Tradition aus einer Zeit als noch der Glaube herrschte, Wachstum hätte keine Grenzen. Es gilt, ich stecke jetzt einen Euro ins Phrasenschwein, global zu denken und lokal zu handeln.

    21.10.

    Gerade jetzt, als ich noch etwas zum Individualverkehr schreiben wollte, z. B. darüber, dass Städte viel schöner wären, gäbe es keinen Individualverkehr, sondern einen ÖPNV mit dem Menschen jeden individuellen Ort in der City erreichen können, dass Landschaften weniger zerschnitten würden, wenn man die Bahn nicht profitorientiert betrachten würde, sondern infrastrukturell – gerade jetzt kommst Du und sprichst über die „technologischen Utopien von tollen Autos für kleine Jungs“. Und das obwohl ich über 1,90 m groß bin. Aber das kannst Du ja nicht wissen, weshalb ich darüber lächele.

    Dass Du mich und meine Argumente nicht ernst nimmst ist schade. Weil ich nämlich den Eindruck hatte, diese Diskussion könnte für Dich und mich von Vorteil sein – wie ich ja in meinem einleitenden Satz, den ich vor knapp zwei Tagen schrieb, bereits sagte. Du hast einen wunderbar scharfen Verstand, Susanne. Ich hätte gerne davon profitiert und von Dir gelernt. Aber jetzt habe ich Aversionen.

    Dennoch wünsche ich Dir einen guten Tag und eine schöne Zukunft. Denn die haben wir alle verdient und ich werde nicht aufhören daran zu glauben, nur weil mich jemand belächelt.

    Liebe Grüße

    Olaf

    [1] http://radwechsel.net/wordpress/2012/04/12/was-ware-wenn-wir-hauser-ausdrucken-konnten/
    [2] http://www.urbanfarming.org
    [3] http://www.3sat.de/page/?source=/dokumentationen/170107/index.html
    [4] http://de.wikipedia.org/wiki/Vertical_Farming

  19. @Olaf: hab Danke für deinen langen Beitrag, bei dem im Grunde eine große Übereinstimmung mit Susannes Einlassungen heraus kommt.

    Ich glaube aber nicht, dass Susanne mit ihrer letzten „Spitze“ DICH belächeln wollte – gibt sie doch weiter oben zu, selbst eine „Raserin“ zu sein! Susanne ist mir „bekannt, beliebt und gefürchtet“ für ihre gelegentlich äußerst abgründigen, aber auch irgendwie unterhaltsamen Sätze zu den Problemen der Welt. Das kannst du auch an Gerhards VERWUNDERUNG weiter oben sehen, wenn es mal NICHT auftritt („Erstaunlich (für mich), wie sanft und weich die Gesellschaftskritik von @Susanne hier daherkommt.“).

    Wenn man im übrigen mitliest, was ansonsten in Kommentargesprächen so abgeht, so ist das hier im Vergleich ein äußerst ruhiges, wertschätzendes und inhaltlich spannendes Gespräch! Mal so eine kleine Spitze am Rande gegen die Ego-Auto-User fällt doch da durch den Rost.. bzw. sollte fallen… :-)

  20. @Olaf

    Daß meine kleine Randbemerkung über ‚tolle Spielzeuge kleiner Jungs‘ so große Wellen schlug, tut mir herzlich leid. Sie war weder auf Dich persönlich gemünzt noch sollte sie ein Zeichen dafür sein, daß ich Deine Argumente (denen ich ja teilweise zustimme) nicht ernst nähme oder gar mich über Dich lächerlich machen wolle.

    Da als Kind gern mit den (abgelegten) Büchern der Großen gefüttert, träumte ich damals selbst oft von einer technologisch brisanten Kostbarkeit aus Mr. van Vogt’s ‚Weapon Shops of Isher‘, um erfahrene Kränkungen flink ins Positive zu wenden, und selbst heute als (vorgeblich) Erwachsene wäre ich in Momenten tiefer Niedergeschlagenheit nicht gänzlich abgeneigt, den Einsatz einer gender reversed version von Woody Allen’s Geheimwaffe aus Casino Royal in Erwägung zu ziehen. Seine brachte alle Männer um, die größer als er selbst (minus 10 cm) waren, und verwandelte alle Frauen in Schönheiten, meine hingegen, hm, naja…

    Du siehst, ich wäre also schon eine Kandidatin für den Tesla memorial fan club, nur finde ich an E-Autos leider so gar nichts von dem, was ein richtiges Spaßauto auszeichnet, und das ist nun mal so viel Krach, daß die Leute auf der Straße sich die Ohren zuhalten, wenn du hinterm Haus den Motor anwirfst, eine empfindliche Schaltung, die bei der kleinsten Abweichung im Schaltweg vom 3. in den 2. alle Zahnräder aus dem Getriebe zu reißen droht und einen ersten Gang gleich gar nicht kennt, eine Straßenlage wie ein Streckbett aus der Blütezeit der Inquisition, aber ohne kommode Federung durch glühende Kohlen, keine Scheibenwischer, zumindest keine, die auch bei Regen funktionieren, Scheinwerfer, die nur tagsüber helles Licht geben und ein Drehzahlmesser, dessen Zeiger beim Hochdrehen sich, falls du nicht höllisch gut aufpaßt, um den Anschlag wickelt und anschließend in den Fußraum stürzt, wo er mindestens das Bremspedal blockiert.

    Das und nur das macht den wahren Fahrspaß aus, selbst beim Zigaretten Holen von der nächsten Tanke, wo der Chef noch eigenhändig in die Zapfsäule spuckt, für die letzten 2km/h top speed!

    Wer allerdings ökologisch unbedenklichere Kicks sucht, dem sei eine Ausfahrt mit einem guten Turnierwagen und zwei noch besser im Futter stehenden Haflingern an einem eisig kalten Januar Morgen empfohlen, der dich zu einer schönen, offenen Wiese führt, wo der Boden einen halben Meter tiefer, reinster Morast ist, obwohl der Raureif trügerisch freundlich herüber schimmert. Und wenn es dich dann juckt, dann probierst du einmal aus, wer gewinnt: Schlamm bis über die Radnaben plus vier Trommelbremsen an Ballonreifen – oder die beiden vorne vor?

    Mein Tipp ist letzteres. Und dieser Kick, der macht aus jedem Fahrgerät, egal ob Otto, Diesel oder Tesla, eine müde Bartwickelmaschine!

  21. Hej Susanne,

    vielen, vielen Dank für Deine Antwort. Meine leicht angesäuerten Gedanken sind verflogen und der Respekt für Dich gewachsen.

    Ich kann total nachvollziehen, was Du über „richtige Autos“ schreibst. Ich selbst bin seit Jahren ein großer Fan der Rallye Dakar, die ja jetzt in Südamerika gefahren wird. Einmal in so einem Boliden sitzen, die brachiale Kraft des Motors spüren und vollkommen sinnbefreit durch die Botanik brettern. Ich gäbe was drum, könnte ich da mal nur dabei sein – am liebsten mit Jutta Kleinschmidt als Fahrlehrerin. ;o)

    Ja, da grinst der Geist des Widerspruchs. Aber der Widerspruch ist feste Konstante in unserer komplexen Zeit. Weshalb sollte man nicht das Eine tun (und dabei Spaß am Leben haben), während man über das Andere nachdenkt (damit das Leben eine Zukunft hat)?

    Für mich schließt sich der Kreis mit Goethe:

    „Verändert sich nicht alles in der Welt? Warum sollten unsere Leidenschafte bleiben?“

    Fazit: Gebt mir einen großen E-Motor mit fetten Batterien. Ich will eine Rallye fahren.

    Ich freue mich auf die nächste kleine Unterhaltung irgendwann mit Dir. Deine Worte werde ich jetzt richtig zu verstehen wissen.

    Alles Liebe

    Olaf

  22. @Susanne, @Olaf, @Stammleser, @alle:

    dieses Kommentargespräch hab ich seit Start etwa zweimal in den „sozialen Medien“ gerühmt. Auch direkt den Vergleich gezogen mit demselben Thema auf GooglePlus.

    Dort wird schnell und oberflächlich was gesagt/reagiert – im Blog sprechen Menschen miteinander, die auch mal 2 Tage verkraften, bis andere reagieren. Das macht einen Riesenunterschied!

    Auch auf anderen Ebenen ist das ähnlich: das GUTE wird nicht berichtet, nicht nur weil „good news bad news“ sind, sondern weil das GUTE Zeit zu seiner Entfaltung braucht!

    Eben in der Auseinandersetzung mit dem Oberflächlichen, dem Ignoranten, den Schubladen, in die unser „Auto-Pilot“ uns auch selber täglich hinein führt – nur im Sich-Reiben an diesem „Bösen“ kann das GUTE sich zeigen.

    Dafür aber braucht es Zeit. Wenn man die nicht mehr aufbringt, um sich auf etwas und jemanden auch EINZULASSEN, dann ist man schnell nichts mehr als ein beliebiger Verstärker (bzw. ein/e Verstärker_in) beliebiger Erregungsimpulse.

    Ich bin glücklich, dass solche Gespräche HIER immer noch statt finden!

    DANKE, DANKE, DANKE.

    Nicht weil ich dadurch „hier“ irgend etwas besser verkaufen könnte, sondern weil ich dadurch meinen Glauben an die Menschheit nicht verliere. Und nicht zur bloßen Zynikerin werden muss…

  23. Hallo Claudia, ich bin in der Tat ein „Stammleser“ Deines Blogs, seit einigen Jahren schon.
    Sich als Stammleser zu bekennen, dazu gehört manchmal schon Mut. Man ordnet sich unter, gehört zum Volk, das folgt…fast so als hätte man selbst nichts zu sagen und vermelden.
    Wenn ich bei jemandem immer wieder mal kommentiere (deren Blogs kann ich an zwei Händen gut und gerne abzählen), dann schleicht sich bei manchen bisweilen ein Gefühl der Minderwertigkeit ein, der eines Zweite-Klasse_Internet-Nutzers. Ich bin ja nur ein Kommentierer des Gedankenguts und der gedanklichen Richtung eines anderen. Der Blogbetreiber kann antworten oder es auch sein lassen,denn Kommentare sind bei einigen im Grunde bloßes Zuwerk (wird manchmal direkt so formuliert) …das Herz des Blogs sind die Artikel des Blogbetreibers, der damit quasi ein Tagebuch führt.
    Und dennoch bin ich hier Stammleser, weil hier meist „unaufgeregt“, sachlich und mit Sachverstand diskutiert wird, wenn auch nie sicher ist, ob der jeweilge Faden weitergesponnen wird und man evtl. der Letzte in einem Gespräch bleibt, der fragt.

  24. Lieber Gerhard,

    freut mich, dass du hier immer noch mitliest – und noch mehr, dass du ab und zu kommentierst!

    Ich sehe Kommentierende nicht als 2.Klasse-Nutzer! Was wäre Bloggen ohne Kommentare? Hier (und durchaus gelegentlich auch anderswo) ist oft das Kommentargespräch viel interessanter und wesentlicher als der Auslöser-Artikel – ich gebe im Grunde „Schreibimpulse“, genau wie damals, als ich noch die so betitelten Kurse gab. Nur halt jetzt umsonst und draußen – und natürlich erwarte ich nicht, dass JEDES Posting so besonders gewertschätzt wird, dass ein längeres Kommentargespräch entsteht.

    Umso mehr freut es mich, wenns mal wieder vorkommt!

  25. netter Vortrag. Wenn ich mir überlege was momentan an Geld versenkt wird um ein Elektroauto zu bauen wünsche ich mir, dass er recht hat. Verbrenner wollen wir schon lange los haben, Wasserstoff ist zu gefährlich. Elektrisch fahren ist ein Traum. Und die Megacitys brauchen solche Fahrzeuge zwingend, das weiß jeder. Ich lass mich überraschen, nichts ist ungewisser als die Zukunft.
    Ottmar