Es ist nicht meine Frage, denn ich blogge, weil ich auf diese Weise „mit der Welt kommuniziere“ – und das auf eine Art, die vor dem Web ganz unmöglich war. Das will ich keinesfalls mehr missen, ohne Blogs würde ich mich regelrecht amputiert fühlen! Allerdings betrifft mich der wiederkehrende Abgesang auf Blogs insofern, dass das vielleicht irgendwann alle glauben und dann niemand mehr Blogs liest. Unwahrscheinlich, aber immerhin kann man schon sehen, dass kurze, bebilderte Unterhaltungshäppchen heute das sind, was am meisten „gelesen“ wird. „Blogdesign“ ist heute mehr und mehr ein Bildersturm, Texte werden eher verborgen als gezeigt, weshalb viele Leute mittlerweile brav „Artikelbilder“ produzieren, die eigentlich „nur“ schreiben wollen.
Blogger, geht sterben! – ?
Diese Woche erschien nun bei CARTA der Artikel „Braucht es uns noch?“ von Wolfgang Michal, der bezüglich der „Digitalberichterstattung“ meint, die Altmedien hätten das Thema nun endgültig übernommen und entsprechende Blogs seien zumehmend überflüssig (mit guter Kommentardiskussikon drunter, wo er viel Widerspruch erntet!). Ok, diese Vorhaltung tangiert vor allem Blogs, die selbst gerne „Großmedien“ wären, aber die Ressourcen dafür nicht haben. Dazu passt, dass angehende Journalisten (digital sozialisiert!) mehrheitlich von einer Karriere bei den „Holzmedien“ träumen, wie im JakBlog zu lesen war. (Dort kann man übrigens besichtigen, was „modernes Webdesign“ anrichten kann! Man suche mal nach der Kommentier-Möglichkeit oder lese die Bemerkungen dazu!)
Wellen reiten?
Nun, diese Welt der Profi-Schreiber ist – zum Glück – eine andere als jene der persönlichen Blogs. Doch auch sie haben oft ein Problem mit der Wahl der Themen. Das „hinterher schreiben“ ist eine ständige Verführung und ich bin mir selbst nie sicher, ob und wann das in Ordnung, nützlich, nervig oder überflüssig ist. Hardy schrieb dazu hier in den Kommentaren:
„Ich denke mal, der Punkt ist der, ob das, was man da schreibt, einfach nur ein “wellenreiten” ist. Viele Blogs leben ja davon, daß sie das, worüber gerade alle schreiben, mit einer vielleicht gar nicht mal eigenen Idee befüttert.“
Klingt erstmal stimmig, aber: sie haben ja vielleicht eine eigene kleine Leserschaft, bei der man nie sicher sein kann, ob sie ein „Thema der Zeit“ auch tatsächlich schon bemerkt hat. Z.B. schreibe ich gelegentlich auch im Gartenblog über Netzthemen, denn ich vermute, viele Gartenfreunde sind da nicht ständig so up to date und übersehen manch‘ lauernde Gefahr.
Davon abgesehen ist so eine öffentliche Debatte auch ein anregender „Schreibimpuls“. Z.B. die Edathy-Affäre, die neuen Entwicklungen in Sachen Leistungsschutzrecht, die Abstimmung in der Schweiz zur Begrenzung des Zuzugs und vieles mehr. Bei alledem wird – so meine Erfahrung – ein Blog-Artikel dazu erst interessant, wenn man ihn nicht gleich schreibt, sondern ein bisschen Zeit ins Land gehen lässt. Nichts ist blöder, als am Abend ein Update bringen zu müssen, weil man morgens nicht an sich halten konnte, gleich den ersten Gedanken dazu raus zu hauen – und später stellt sich raus: es war doch alles ganz anders!
Die Dinge auf sich wirken lassen und erst DANN schreiben: das ist bleibender Vorteil persönlichen Bloggens, das eben NICHT den üblichen Zwängen der Aktualität und Ökonomie ausgesetzt ist. Bei manchen Themen, die auf meiner inneren ToDo-Liste stehen, denke ich sogar daran, extra langweilige, nichtssagende Überschriften ohne „Keywords“ zu verwenden, damit nicht irgendwelche Massen strömen und hier das übliche platte Geschimpfe abgeht, das man in gut besuchten Medien so oft besichtigen kann.
„Unter dem Radar bleiben“ ist oft genau richtig! Und was die Wirkung angeht, so denke ich, dass es mehr bringt, ein paar wenige Menschen zu ernsthaftem Nachdenken bzw. Mitdenken anzuregen als tausende zu einem „Like-Klick“ zu verführen.
Um nun noch was zur Frage in der Überschrift zu sagen: Ja natürlich braucht es Blogs! Und weil es zum Glück so viele mit ganz unterschiedlichen Inhalten und Herangehensweisen gibt, findet man immer auch solche, die man nicht mehr missen möchte!
Ihr seid herzlich eingeladen, in den Kommentaren ein bis zwei Blogs zu empfehlen, die Ihr gerne lest – insbesondere nicht ganz so bekannte!
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Auch zum Thema:
- Eine riesige klaffende Wunde – Schneeschmelze
- Unsere Blogs sollen schöner werden – Quo vadis, deutsche Blogosphäre? (Mit Seitenhieb auf alle, die das Design vernachlässigen.. :-))
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27 Kommentare zu „Braucht die Welt noch Blogs? Und wenn ja, welche?“.