Diese Partei hab ich in Berlin mal gewählt. Frischen Wind wollten sie in die Parteienlandschaft bringen, doch lange schon sind nurmehr Stürme der Entrüstung zu beobachten. Rücktritte, Austritte und – man glaubt es kaum! – juristische Auseinandersetzungen, Abmahnungen, Gegendarstellungen, Anzeigen…
Da Teile des Parteivorstands hingeschmissen hatten, findet an diesem Wochenende ein „außerordentlicher Parteitag“ (#aBPT) statt. Die Neuwahl sämtlicher Führungspositionen (die bei den Piraten ja nicht führen sollen) steht an. Die zerstrittenen „Flügel“ erhoffen sich vom aBPT die Entscheidung, wem die Partei gehören soll: den „Sozialliberalen“ oder den „Progressiven“, wahlweise auch Konservative bzw. Linksradikale genannt. Das Problem dabei: Ein „außerordentlicher“ Parteitag darf nur das eine Thema, nämlich die Neuwahlen behandeln. Wird die Tagesordnung ausgeweitet auf all die „sonstigen Themen“, die den Piraten unter den Nägeln brennen, könnten jegliche Beschlüsse und sogar die Wahlen ungültig werden.
So ist das Feld also optimal bereitet, um sämtliche Auseinandersetzungen entlang an zur Wahl stehenden Personen auszutragen. Viel Spass dabei, ich wundere mich, dass sich überhaupt noch Menschen finden, die da kandidieren! (Äußerst seltsame „Saalordner“ stehen jedenfalls bereit).
Piraten ohne KOMPASS? (Sic!)
Kurz vor Start lassen es sich die Piraten natürlich nicht nehmen, ein weiteres „Gate“ zu produzieren: Die Zeitung „Kompass“ mit Infos zum Parteitag und den Kandidierenden, erstellt von einer „AG Piratenzeitung“, hat dem geschäftsführenden Vorständen offenbar nicht zugesagt. Erst bekam das Blatt ein „Gegendarstellungsverlangen“ vom Justitiar der Partei, das an juristischer Inkompetenz kaum zu übertreffen ist. Und nun macht die Info die Runde, es sei jetzt „verboten“, dieses Blatt auf dem Parteitag zu verteilen. ALLES AUF PAPIER unterfalle dem Verteilverbot, kontern andere. Völlig irre, das Ganze – mir ist es aufgefallen, weil dieser „Kompass“ das einzig übersichtliche, journalistisch aufbereitete Medium zum Parteitag ist, das für Außenstehende einigermaßen verständliche Infos gibt!
Da waren mal gute Ideen…
Manch eine/r wird sich fragen, ob es nicht ganz irrelevant ist, was diese 1,3-Prozentpartei noch so alles anstellt. Das mag für die derzeitige Parteienlandschaft stimmen, doch immerhin sind die Piraten angetreten, alles zum Besseren zu ändern: demokratischer, transparenter, Basis-näher…. im Ergebnis hat die Abwesenheit „althergebrachter Strukturen“ dafür gesorgt, dass sich Klüngel-Politik, Hinterzimmerkreise und „Seilschaften“ erst richtig entfalten konnten. Ein Phänomen, dass ich Anfang der 80ger auch bei der Alternativen Liste Berlin (Vorläufer der GRÜNEN) hautnah erleben konnte – damals mein Grund zum Austritt.
Die Idee, „Basisdemokratie“ mal mit den Mitteln des Internets umzusetzen, erschien mir jedoch vielversprechend. Doch gerade damit sind die Piraten kein Stück voran gekommen, sondern haben sich in den Widersprüchen zwischen Datenschutz und Transparenz hoffnungslos selber lahmgelegt.
Ein Trauerspiel, das Ganze. Manche nehmens mit Humor, kaufen große Mengen Popkorn, um sich übers Parteitagswochenende den erwarteten Showdown in Halle als Livestream zu gönnen (ob es sowas diesmal überhaupgt gibt?). Andere twittern noch schnell ihren Austritt…
Das Piratenschiff ist gekentert. Eine NEUE, ganz ANDERE Partei bräuchte eben auch neue Menschen, die sich anders verhalten. Und die sind nicht in Sicht.
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- Richtungsstreit? Ein Thüringer Pirat sieht nur einen Streit um Methoden;
- Flügelstreit? Nein, Kampf gegen Amigo-Mentalität – Piratin Aranita sieht das anders.
- KOMPASS: Logbuch BPT 2014.2 (.pdf)
- Substanz – Appell (aus der Schweitz) zum Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland – vermutlich in den Wind gesprochen!
- Wie man keine Gegendarstellung durchsetzt – Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung – RA Markus Kompa zerlegt das Gegendarstellungsverlangen;
- Die Hölle von Halle – Markus Kompa auf Heise, zum anstehenden Parteitag
- KOMPASSGATE – Thorsten Wirth pullt eine Streisand – tja… und das ist offenbar alles ernst gemeint…
- Über Kommunikation, Piratenpartei und Trolle – Wie die Piratenpartei zukunftsfähig bleibt – @Junkfoodkoch meint, viele Eskalationen lägen an der Netzkommunikation – immerhin einer, der noch Hoffnung hat.
- Livestream vom Piratenparteitag – es wird ihn geben…
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4 Kommentare zu „Showdown in Halle? Zerstrittene Piraten stolpern von Gate zu Gate“.