Aber nein, werden jetzt viele denken, bloß nicht! Schließlich ist so ein langes Wochenende nichts, was man gerne aufgeben würde. Aber davon mal abgesehen: Wer „feiert“ eigentlich noch Pfingsten?
Ich komme auf dieses Thema, weil keines der Blogs aus meiner Blogroll oder meinem Feedreader irgendwelche Worte über Pfingsten verliert. Auch auf Rivva finden sich nur die üblichen Alltagsthemen und selbst im Mainstream – gesichtetet über Google News – muss ich die Suche bemühen, um ein paar wenige Artikel mit „Pfingsten“ im Titel zu finden. Meist sind es Ausflugstipps oder oberflächliche Info-Artikel mit lexikalisch anmutenden Antworten auf die Frage nach dem Pfingsochsen, dem Pfingstwunder und den Terminen für die Pfingstferien.
Nur die gute alte Tante ZEIT müht sich, etwas Gehaltvolles über Pfingsten zu schreiben. In „Das Ich ist die Sonne“ fragt Thomas Assheuer:
„Was hält eine Welt zusammen, die nur aus Einzelkämpfern besteht? Eine Gesellschaft, in der unterschiedlichste Kulturen aufeinanderprallen, die oft nur eines gemeinsam haben, nämlich ihre schier unüberwindliche Fremdheit?“
Ausgehend von zeit-typischen Slogans wie „Unterm Strich zähl ich“ schaut der Autor zurück auf die multikulturelle, aber unfriedliche Gesellschaft im Judäa der dreißiger Jahre, in der sich das Pfingstwunder laut Bibel ereignet haben soll. Es herrschte „babylonische Sprachverwirrung“, die Strafe Gottes für den Versuch, durch Bau eines hohen Turms gottgleich zu werden. Und dann das Wunder:
„Was dann am jüdischen Wochenfest geschieht, trägt zu Recht den Namen „Wunder“. Ein „Brausen“ entsteht, und plötzlich hört jeder den anderen in seiner eigenen Muttersprache reden. Wildfremde Menschen sprechen mit einer Zunge. „Sie gerieten außer sich vor Staunen: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?“ Jedenfalls sind die Menschen seltsam beseelt und „eines Geistes“. Römer, Kreter, Ägypter, Parther, Meder, Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Menschen aus Phrygien und Pamphylien.
Mit anderen Worten: Die menschlichen Sprachen bleiben zwar immer noch voneinander geschieden, aber sie sind keine undurchdringlichen Universen mehr – sie lassen sich vollständig ineinander übersetzen. Jeder versteht jeden, und man muss nicht Muttersprachler sein, um eine fremde Kultur verstehen zu können.“
Bedauerlich, dass dieser Geist heute einfach nicht auf uns herab kommen will! Grillen, Chillen, Feste feiern – das ist Pfingsten heute. Der „Karneval der Kulturen“ in Berlin kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es viele Menschen gibt, die gar nicht erst verstehen WOLLEN, mal ganz abgesehen vom Können.
Einheimische und Fremde – wer will schon verstehen?
Der Fremdenhass, der in Kommentaren unter Artikeln über Probleme mit Asylbewerbern zu Tage tritt, ist erschreckend und deprimierend zugleich. Es sind Medien entstanden, die sich exakt diesem Hass widmen und ihn verstärken, wo sie können. Die werde ich nicht zitieren oder verlinken, doch funktioniert das beispielhaft immer so: Irgendwo in DE sind hunderte junge männliche Asylbewerber in einer „Notunterkunft“ (Turnhalle) untergebracht, ohne jede Beschäftigungsmöglichkeit. Die Toiletten sind schnell in üblem Zustand, im Umfeld der Unterkunft liegt Müll herum und zudem nehmen es sich die jungen Männer heraus, Anwohnerinnen auf Englisch anzusprechen mit dem Ansinnen, sie kennen lernen zu wollen. Das Hass-Medium nimmt sich nun dieser ach so furchtbaren Zustände an, die von den „Systemmedien“ ja angeblich verschwiegen werden, vermischt Tatsachen, Gerüchte, Ängste von Anwohnern (da reicht schon eine interviewte Person, um dem Artikel den richtigen Drive zu geben) und zeichnet alles in grellen Farben. Darunter geht dann die Post ab, der zivilisatorische Lack spielt bei den Kommentierenden offenbar kaum mehr eine Rolle!
Ich frag mich immer: Wessen Anliegen ist es, solchen Hass zu schüren? Und wie primitiv denken eigentlich jene, die das dann noch verstärken? Müsste nicht jedem vernünftigen Menschen auffallen, dass diese Art der Unterbringung kaum Anderes zulässt als die kritisierten „Zustände“? Wenn für zuviele Menschen zu wenige sanitäre Einrichtungen da sind, sind die nun mal schnell verdreckt. Und was sollen die jungen Männer aus dem Beispiel den ganzen Tag tun? Ist es verwunderlich, dass sie versuchen, eine Frau kennen zu lernen? Ist „auf englisch angesprochen werden“ denn schon eine extrem schlimme Bedrohung?
Und der Müll: Genug Tonnen wären das Mindeste, darüber hinaus bietet das Thema einen schönen Einstieg in die Kulturvermittlung, wenn sich denn jemand darum bemühen würde. Deutsche Mülltrennung könnte regelrecht gelehrt werden und vielleicht wäre das in diesem Kontext anstehende „Umgebung reinigen“ ja sogar sinnvoll auszudehnen auf jene Wäldchen und vernachlässigten Flecken, an denen die Einheimischen gerne ihren Dreck illegal entsorgen. So im Rahmen einer beiläufig entstehenden Umwelt-Initiative aus freiwilligen Anwohnern, Flüchtlingen und Migranten? Man hätte friedlichen Kontakt, ein bisschen Beschäftigung und sichtbare positive Beiträge zum Gemeinwesen.
PFINGSTEN hat als bloßes Grillfest kaum noch einen Sinngehalt. Um es zum „Fest der Integration“ zu machen, müsste allerdings eine ganze Menge Geist von irgendwo herab kommen. Und der lässt leider auf sich warten!
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
8 Kommentare zu „Pfingsten – kann das weg?“.