Claudia am 23. Juni 2015 —

Gewalt und Geschlecht

Vorausgeschickt: Ja, unter Feministinnen gibt es Männer Hassende – genauso wie es unter Männerrechtlern Frauen Hassende gibt. Verletzte Seelen, auf beiden Seiten.

Was aber die Gewalt angeht, so ist es halt doch so, dass eher junge Frauen sich fürchten, wenn ihnen junge, angetrunkene Männer entgegen kommen, einzeln oder zu mehreren… wogegen Männer sich nicht mal vorstellen können, wie es ist, mit so einer Belastung im Blick aufs andere Geschlecht zu leben.

Mit einem langjährigen Beziehungspartner hatte ich das Erlebnis, dass ihm auf einmal der Groschen gefallen ist. Wir sprachen übers Reisen… und ich natürlich darüber, dass ich nicht so ohne weiteres alleine hier und dahin reise, jedenfalls nicht so, wie es Männer in meiner Umgebung machten. Er merkte plötzlich auf, sah mich hochgradig erstaunt-entsetzt an und sagte: “Mein Gott! Ihr seid ja quasi immer im Krieg!”

Ein (hierzulande!) prozentual geringer Anteil Männer, die körperlich übergriffig anbaggern, gar vergewaltigen oder auch nicht-sexuelle Gewalt gegen Frauen ausüben reicht völlig aus, um “alle Frauen” zumindest in eine Hab-Acht!-Haltung gegenüber Männern zu bringen.

Und ja, auch Frauen üben gelegentlich Gewalt aus, allerdings führt weder deren Form noch die Fallzahl dazu , dass sich “alle Männer” (bzw. solche, die in der jeweiligen Situation als “Objkekt der Begierde” in Betracht kommen) fürchten müssten.

Es gibt also schon einen Unterschied, der auch Gegenstand der Diskussion sein darf – sogar muss, will man ihn aufklären und / oder verändern.

***

Aus dem Kontext gerissen und für sich alleine hier veröffentlicht.

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Diskussion

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18 Kommentare zu „Gewalt und Geschlecht“.

  1. Ich muss zugeben, die Schlussfolgerung wird mir nicht klar. Und der Kontext hilft auch nicht weiter.

    Was ich aber weiss ist, dass die Zahl der verängstigen Frauen offenbar sehr klein ist. Denn ob jemand Angst hat oder unsicher ist erkennt man am alltäglichen Verhalten. Und davon ist auf der Straße nichts zu sehen. Ich muss es wissen, beruflich muss ich mir die Menschen ansehen, um zu erkennen ob sie „nur wütend“ sind oder gleich angreifen wollen.

    Was mich aber besonders stört, ist die Aussage, dass Frauen „gelegentlich Gewalt“ ausüben. Wenn man Gewalt rein körperlich definiert, ist die Aussage korrekt. Frauen haben weniger Kraft, deshalb sind sie im Normalfall unterlegen.

    Aus diesem Grunde gehen Frauen manipulativ vor, erpressen und bedrohen.
    Einfaches Beispiel: Ein Mann würde sagen: „Entweder Sex oder Prügel.“ Eine Frau würde sagen: „Du musst mir das neue iPhone nicht kaufen. Wir haben genug Freunde, die ich fragen kann… und die sich über deinen „kleinen Räuber“ kaputt lachen würden.“

    Wie gesagt, die Schlussfolgerung ist mir nicht klar, aber wenn es darum geht offen und ehrlich miteinander zu reden, dann muss man in erster Linie akzeptieren, dass Männer und Frauen gleichermaßen Gewalt ausüben, jede auf ihre Art und dass man die Gewalt der Geschlechter nicht dadurch beendet, in dem man sie für unmoralisch erklärt. Oder in dem man immer auf das andere Geschlecht verweist und sagt „Du musst erstmal Rücksicht nehmen“ oder „Die sollen doch erstmal anfangen sich wie Menschen zu verhalten.“

    Aber ich bin Realist. Den Menschen gibt es seit 250,000 Jahren. Die Frauenrechte seit höchstens 100 Jahren und der Gedanke, dass beide gleichberechtigt sein sollen seit höchstens 50 Jahren. Wenn überhaupt. Und ich denke, die Ansprüche an beide Seiten sind einfach zu hoch. Das wird noch Generationen dauern, bis man sich aufeinander zubewegt und akzeptiert.

  2. @Somaro vielen Dank, dass du hier versuchst, das Thema rational, unaufgeregt und unfeindselig zu besprechen!

    Meine Schlussfolgerung war doch nur: Das muss man diskutieren (dürfen)!

    Was deinen Einwand über psychische Gewalt von Frauen angeht: da geb ich dir Recht! Frauen sind nicht die besseren Menschen und tun, was sie halt gerade können, um sich durchzusetzen.

    ABER: Als ehemalige Jura-Studentin sehe ich einen Sinn darin, dass das Strafrecht einen Unterschied macht zwischen körperlicher und psychischer „Gewalt“. Letztere kam überhaupt erst auf im Geschlechterkampf um die Definitonsmacht auf…

    ES ist ein Unterschied, ob du dich im Raum psychischer Erpressbarkeiten bewegst, da Opfer oder Täterin bist. ODER ob du weißt: Wenn das nicht mehr gilt, bin ICH das Opfer und ER der Täter. Weil körperlich stärker und enthemmt.

  3. Es stimmt zwar, dass Männer Frauen meistens – nicht immer – körperlich überlegen sind, in einer Situation häuslicher Gewalt nützt ihnen das aber nichts. Wenn ein Mann, der von seiner Partnerin geschlagen wird, versucht, sich robust zur Wehr zu setzen, steht er sofort als der Täter da. Die Wahrheit glaubt ihm niemand.

    Experiment bei Youtube (ob die behauptete Zahl stimmen, kann ich nicht beurteilen)

  4. Bei „häuslicher Gewalt“ gilt für beide Seiten, dass immer Aussage gegen Aussage steht, sofern keine nachweisbaren Verletzungen feststellbar sind. Welche Zahlen da stimmen, wird man also nie mit Sicherheit wissen, doch gehe ich durchaus davon aus, dass Frauen hier nicht nur ganz selten selber gewalttätig werden.

    Der Film ist beeindruckend, ja! Und ich denke, es ist, wie es ist, weil eben allgemein von der physischen Überlegenheit des Mannes ausgegangen wird. Was dazu führt, dass die Passanten nicht annehmen, ihm als Opfer helfen zu sollen.

    Wie könnte man all das ändern? Wie wäre es mit ordentlichem Sportunterricht für alle, orientierend auf Fitness, Kraft und Wehrhaftigkeit? Ich war in der Kindheit oft Opfer von Mobbing und auch Gewalt (andere Kinder), aber völlig außerstande, mich physisch zu wehren.

    Aber selbst einige Kampfkraft würde nur im privaten Bereich nutzen – auf der Straße gegenüber Gruppen nicht so sehr.

  5. Ich frage mich, wie Frauen auf die Idee kommen können, dass Männer dieses Problem NICHT kennen! Mich haben Gruppen männlicher jugendlicher und Erwachsener in „unberechenbarer Stimmung“ schon als Kind, Heranwachsender, Gleichaltriger und auch später gestört, bis heute.

    Diese Leute sind in der Regel auch nicht sonderlich schlau, weswegen mich manche schon mal für eine Frau hielten. Ich weiß nicht, was es mir nützen würde, wenn so einer herausfindet, dass ich gar keine bin, nachdem er mich irgendwohin gezerrt hätte.

    Inzwischen besteht das Problem weniger, glaube ich, früher hatte ich das aber schon mal, dumm von Männern angemacht zu werden. Kann auch sein, dass ich daher die Seite ansatzweise kenne.

    Auf einen gewissen Teil der (vorwiegend männlichen) Bevölkerung könnte ich sehr gut verzichten.

  6. Ich wage jetzt mal zu bezweifeln, dass man im Alltag erkennen kann, ob Frauen Angst haben. Es geht ja nicht um eine Situation in der Fußgängerzone an einem Samstag bei strahlender Sonne. Ich könnte nicht beurteilen, ob und wieviel von den flanierenden Frauen, sich ganz genau überlegen, ob sie zu einer anderen Uhrzeit (Nachtzeit) in einer anderen Gegend der Stadt ängstigen oder nicht. Ich glaube auch nicht, dass das irgendjemand kann.

    Was mir auffällt bei diesen Diskussionen und was ich nicht verstehe ist, dass von Männerseite immer ein: Ja, aber… kommt.
    Ja aber, ich bin nicht so
    Ja aber, alle Männer sind doch gar nicht so
    Ja aber, Frauen sind doch auch nicht die besseren Menschen
    Ja aber, Frauen können doch auch gemein, brutal, gewalttätig sein

    Der im Link gezeigte Film ist erhellend, ändert jedoch nichts an dem Sachverhalt, dass Frauen von Männern weitaus häufiger (in welcher Schwere auch immer) angegangen werden als Männer, dass weitaus mehr Frauen körperliche Gewalt von Männern zu erleiden haben als umgekehrt.Das „Männlichkeitsbild“, dass die Passanten (Frauen und Männer) offenbar in ihren Köpfen haben, ist ein schreckliches. Sie gehen nicht nur davon aus, dass sie dem betroffenen Mann nicht nur nicht helfen müssen, sondern sie lachen auch noch über ihn. Das ist absolut diskussions- und kritikwürdig.

    Aber warum werden solche Sachverhalte immer dann herangezogen, wenn es in der eigentlichen Diskussion um Männergewalt gegen Frauen geht – eben als „Ja, aber…“ Argument?

  7. „Aber warum werden solche Sachverhalte immer dann herangezogen, wenn es in der eigentlichen Diskussion um Männergewalt gegen Frauen geht – eben als “Ja, aber…” Argument?“

    Ich verstehe das durchaus, weil ich „als Frau“ genauso viel Anlass habe, mich darüber zu ärgern, was „Frauen“ alles nachgesagt wird! Schließlich gibt es doch auch MICH, die ich nicht „so“ bin – bin ich etwa ein Alien oder was?

    So geht die emotionale Schiene….

    Fakt ist, dass Männer ganz genauso oft von Männergewalt betroffen sind wie Frauen (vermutlich gar öfter), mögen auch die Intentionen der Täter verschieden sein.

    Wenn darüber Konsens besteht, könnte man eigentlich ganz entspannt rumanalysieren und Umgangsformen mit dem Problem diskutieren. Aber „zwischengeschlechtlich“ scheint das nicht so einfach zu sein…

    P.S. Ich glaube, es ist quasi ein Kollateralschaden einer eigentlich sinnvollen, nützlichen Eigenschaft, die mit einigem Recht mehrheitlich den Männern zugeschriebenen wird. Eine gute Formulierung wird mir noch einfallen… Ihr könnt das Blog ja per RSS im Blick behalten. Zum „Geschlechterkrieg“ hab ich etliche Themen, über die ich gerne schreiben würde. Aber ich hab keinen Bock auf irgendwelche Hater/innen…

  8. Eben: Männer sind weitaus häufiger Opfer männlicher Gewalt als Frauen. Könnte man(n) sich ja mal Gedanken darüber machen. Das von Frauen zu erwarten, die weitaus häufiger Opfer männlicher sexualisierter Gewalt werden als umgekehrt und sich demzufolge primär damit auseinandersetzen, ist doch etwas viel verlangt. Die Ja aber Vertreter könnten ja argumentieren, dass die weibliche Opferperspektive durchaus ihre Berechtigung habe, für sie selbst jedoch nicht im Fokus des Interesses stünde, da die meisten Opfer männlicher Gewalt eben andere Männer seien und daraus würden sich andere Fragen und Herangehensweisen ergeben und die ach so bösen Frauen einladen, sich mal damit auseinanderzusetzen gemeinsam mit ihnen.

    Stattdessen immer nur: Stimmt so nicht, aber Frauen sind doch auch mal böse und gemein usw. Hört sich für mich so an wie kleine Kinder, die streiten: Du bist schuld, nein du, nein du, du hast angefangen, aber du hast gestern das und das ….. usw. Find ich bei denen ja ganz lustig und interessant. Bei intelligenten Erwachsenen nur ermüdend und langweilig.

    Im Übrigen glaube ich nicht so recht, dass Du Dich persönlich angegriffen fühlst, wenn Frauen mal wieder bestimmte Verhaltensweisen zugeordnet werden, die mit Dir nichts zu tun haben. Anlass gäbe es sicherlich genug aber wirklich betroffen…?

  9. @Brendan: dass ich mich nicht „persönlich betroffen“ fühle, ist Ergebnis langer Lebenserfahrung und der Einsicht, dass mich im Grunde niemand persönlich meint (außer den Allernächsten, und selbst das ist nicht immer gewiss!).
    Sie sprechen mit ihren Projektionen und erzählen dabei mehr über sich selbst als über mich…

    Aber davon abgesehen: der Ärger ist berechtigt und ok! Verständlich jedenfalls – aber eben nichts, wobei mann und frau stehen bleiben sollten.

  10. Ich bezweifle sehr, dass Nahkampftraining für alle die richtige Antwort auf Gewalt ist.

  11. Hi Claudia,

    bin beim surfen zufällig über einen Kommentar auf Dein Blog aufmerksam geworden, soviel vorweg.

    Du zitierst
    “Mein Gott! Ihr seid ja quasi immer im Krieg!”
    …und stellst vieles fest.

    Ich stelle auch mal gern Fragen.

    Woher rühren diese von Dir erwähnten Fakten: Erziehungsprobleme, Kommunikationsdefizite, Pauschalisierungen?

    Wie würde eine Lösung für Dich aussehen? Was sollte geändert werden, und von wem?

    btw: ich habe bisher nur einige Beiträge gelesen, werde nun öfters vorbeischauen

    HG
    Peter

  12. @Peter: sei gegrüßt! Dein Blog hab‘ ich auch grade besucht – nehme es evtl. in die Blogroll auf, wenns gestattet ist.

    Eine LÖSUNG? Gäbe es die, wäre sie sicher schon versucht bzw. umgesetzt worden!

    Es wird m.E. immer so sein, dass ein größerer Anteil von Männern körperlich übergriffig / gewaltätig wird (gegenüber beiden Geschlechtern) als dies bei Frauen der Fall ist (Frauen neigen entsprechend mehr zur sog. „psychischen Gewalt“).

    Vermutlich prädisponiert das männliche „Hormonkostüm“ eher zu Gewaltausübung – immer schon zogen ja vor allem Männer in den Krieg, sie machen die gefährlicheren Arbeiten und sind allgemein Risiko-bereiter (immer „im Durchschnitt“, natürlich nicht jeder).

    Das wundert ja auch nicht, so evolutionär betrachtet. Es reichen wenige Männer, um viele Frauen zu schwängern – was auch bedeutet, dass Männer für die Arterhaltung „entbehrlicher“ sind – dadurch aber für die Gruppe, den Stamm dennoch nützlich, grade aufgrund dieser „Krieger-Kompetenzen“.

    Was die Erziehung angeht: Da hat man ja lange mit „Frauen schlägt man nicht!“ dagegen gehalten, auch durchaus erfolgreich. Seit jedoch die Frauenemanzipation deutlich fortgeschritten ist und Männer Frauen auch als Konkurrentin erleben, wird diese Vorgabe evtl. wieder aufgeweicht.

    Was man machen kann? Vielleicht mal Erkenntnisse der Psychologie / Psychotherapie in den Unterricht einfließen lassen: Selbsterfahrungsmethoden, Umgang mit Gefühlen, Anti-Gewalt-Training… im Sport statt so viel wettbewerblicher Leichtathletik eher Yoga (Konzentration, Selbstwahrnehmung) und ethisch fundierter Kampfsport, für beide Geschlechter.

    Gut wäre vielleicht, phasenweise für bestimmte Inhalte Mädchen und Jungs getrennt zu unterrichten – nämlich dann, wenn es um den Umgang mit den anderen Geschlecht geht.

  13. Moin Claudia,

    wer legt den Männern in die Wiege, wie diese später ticken?

    Ich kenne viele Eltern, die es wenig kümmert, was aus den Kleinen wird, insofern, dass Werte nicht vermittelt werden (können) – das ist keine Bewertung, sondern meine Beobachtung. Dazu zähle ich u.a. Wertschätzung, Achtung und Respekt – so bin ich zumindest großgezogen worden.

    Ich zeige aber nie mit meinem Finger auf andere, wichtig ist mir solches:
    „Unter all den schwierigen Menschen,
    bei Dir zu Hause,
    oder am Arbeitsplatz,
    gibt es nur einen Einzigen,
    den Du wirklich ändern kannst.
    Bei dem mußt Du anfangen.“

    Zudem habe ich mir abgewöhnt, mit „man“ zu argumentieren, also „man könnte ja mal der Gewalt entgegentreten“ – nein, ist es nicht besser zu argumetieren/handeln „ich trete der Gewalt entgegen“?. Immer dann, wenn es in meinem Umfeld auftritt?

    Dazu brauche ich keine Psychologen etc., sondern Menschlichkeit und das Herz am rechten Fleck. Hilfreich ist ebenfalls, „beim andern sein“.

    Manchmal sind es einfache Vorgehensweisen, wie z.B. bei Deinem Erlebnis bei Lidl: Unfreundlichkeit mit Freundlichkeit zu begegnen, soetwas kann die Situation entkrampfen.
    Eine Anmerkung zu Deinem Erlebnis dort: Beschäftigte sollten gefragt werden, wer letztlich ihr Gehalt zahlt. ;-)

    Mir ist klar, dass es viele Gewalt-Varianten gibt, nicht alle sind so einfach zu handeln, aber für meinen Alltag reicht mir das so.

    Sollte jemand meine „Grenzen“ mit (grober) Gewalt verletzen, wäge ich ab, wie ich reagiere.

    Will sagen, ich kann und will nicht andere Menschen werten, jeder sollte bei sich selbst anfangen.

    Dazu ein Zitat: „Du und ich: wir sind eins, ich kann dir nicht wehtun ohne mich zu verletzen.“

    Sicher ein Ideal – aber nicht erstrebenswertes? Oder anders: …meine Sicht ;-)

    Eine Lösung insgesamt liegt mir allerdings ebenfalls nicht auf der Hand.

    BTW Blogroll: gern, wie Du es wünscht; meine Blogroll hat Zuwachs bekommen… ;-)

    HG
    Peter

  14. @Peter, in der Tat ist dein Ideal der Gewaltlosigkeit ein gutes Ideal.
    In der Schule könnte und sollte man den richtigen Umgang mit eigenen und fremden Agressionen zum Thema machen.
    Allerdings würde das wiederum verpuffen, wenn man den Einfluß von Gewaltfilmen und Videospielen auf Jugendliche betrachtet.

  15. @ Gerhard: Ist es nicht egal, wo angesetzt wird, sondern dass das konsequent durchgeführt wird? Insbesonders zu Hause?

    Mir ist klar, dass das kein Prozess von heute auf gleich ist. Zudem muss natürlich auch die Schere im Kopf weg, um diesen Prozess bei sich selbst umzusetzen.

    Es ist IMHO schwer, aber nicht unmöglich, diese Videos aus den Köpfen zu verbannen.

    (m)eine Lösung wäre: Jugend-/Kinderschutz „radikal“ umzusetzen.

    Insofern komme ich auf das zurück, was ich bereits erwähnte: jeder muss bei sich selbst beginnen, etwas zu (ver)ändern. Nicht auf andere zeigen.

  16. Lieber Peter, dieses Blog ist ein „Gemischtwarenladen“ – es enthält sowohl Texte über Selbsterfahrung und „bei sich selber anfangen“ als auch – und mit meinem zunehmenden Alter immer öfter – Texte zu gesellschaftlichen Zuständen, zu Politik, zu Geschlechterfragen im Allgemeinen etc.

    Dabei ist es für mich total stimmig, auch „man“ zu sagen – schließlich bin nicht ich es, die an den relevanten Stellen sitzt, um da an Schräubchen zu drehen: weder hab ich Kinder noch bin ich Lehrerin oder Kultusministerin, ich entwerfe keine Lehrpläne und keine Gesetze. Alles, was ich beitragen kann, sind meine Worte und Ideen – also mache ich das auch!

    Im LIDL-Fall stellte sich keinerlei Gewaltfrage! Es gab nur Wortwechsel – es war mal eines der seltenen Vorkommnisse, wo ich mich bewusst nicht „zurück genommen“ habe – und das finde ich nach wie vor richtig so! Selber immer nur freundlich bleiben und alles hinnehmen, trägt zwar leichter durch den Tag, ist m.E. aber nicht immer angebracht.

    Ganz allgemein halte ich uns alle für interaktive Individuen, die zusammen die Gesellschaft bilden. Jedes Verhalten wirkt auf das Verhalten anderer ein, im Guten wie im Schlechten. Die extreme Individualisierung, der Rückzug auf „sich selbst“ als einziges Projekt von Veränderung ignoriert die Polis, das politische Denken, die Bemühung ums Gemeinwohl. Und sogar beim rein persönlichen Wohlergehen partizipiere ich immer schon von Anderen, die durch wundervolle Texte, Weisheitsbücher und Info-gesättigte Schriften zu div. Themen sehr wohl über sich selbst hinaus denken und für viele zu Wegweisern werden!

    Ich habe miterlebt, wie während und nach dem deutschen Herbst viele die Nase voll von Politik hatten und sich spirituellen Lehren und der Selbstfindung zuwendeten. Unter dem Slogan „bei sich selbst anfangen“… Das ist ja auch nicht falsch, darf aber nicht das Einzige sein, das noch interessiert. Denn dann landet man schnell auf einem Pop-spirituellen Wellness-Markt, der vor allem ökonomische Bedeutung hat, gesellschaftlich aber nichts mehr bewirkt, bzw. zur reinen „Reparaturanstalt“ (BurnOut etc.) für Besserverdiener verkommt.

  17. Ein toller Kommentar, Claudia, besonders in der Formulierung, dem ich mich ganz und in allem inhaltlich voll anschließe.

    In deinem allzu schönen Gemischtwarenladen, möchte ich zum Slogan “ bei sich selbst anfangen“ fragen:

    Kann, z.B. ein Pädophiler, kraft seines Geistes und seiner Erkenntnis „bei sich selbst anzufangen“, seine Neigung neu und anders verorten?

    Oder sind wir UNTERTAN, unserer-
    – Triebe
    – Ängste
    – Süchte?

  18. @Anonymus: aus Gründen einer gefälligeren Anrede könntest du schon einen Namen angeben!

    Danke fürs Lob! Zur Frage: Die große Mehrheit Pädophiler lebt vor, dass sie sehr wohl mit ihrer Neigung umgehen können, ohne sich strafbar zu machen. Eine Mega-Leistung, die praktisch nie gewürdigt wird, geht es doch um so etwas Wesentliches wie den Sexualtrieb.
    Bei stofflichen Süchten sieht es etwas anders aus: da gibt es vielfach Phasen, in denen eine „Selbstrettung“ nicht mehr möglich ist. Veränderung kommt dann manchmal genau dadurch: die Einsicht in die eigene Machtlósigkeit – in Verbindung mit totalem Scheitern und miesester Lebensqualität.