Claudia am 08. Dezember 2015 —

Idomeni

Update 10.12.: Wildes Flüchtlingslager in Idomeni von der Polizei geräumt
Die Presse wird bei Reportagen systematisch behindert.

Idomeni – das ist ein Ort im Norden Griechenlands an der Grenze zu Mazedonien. Seit dem 18. November werden dort nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Irak durchgelassen, alle anderen bleiben „außen vor“. Was das für Folgen hat? Darüber berichtet die Presse kaum noch, man muss suchen, um Infos zur Lage zu bekommen. (Immerhin heute ein Bericht der Tagesschau )

Idomeni ist ein kleiner Ort mit nur hundert Einwohnern, die sich mit tausenden Flüchtlingen konfrontiert sehen, deren Verzweiflung von Tag zu Tag steigt. Anfänglich haben die Anwohner geholfen, wo sie konnten, mittlerweile drohen sie mit Aktionen, wenn die Lage sich nicht ändert. Das Blog Liveticker Idomeini berichtet, dass noch immer 2500 Menschen an der Grenze ausharren, bei Nachttemperaturen um die Null Grad. Die Initiative „NoBorder-Train-Kitchen“ kocht für sie in behelfsmäßigen „autonomen Küchen“.

Ein Zugverkehr nach Mazedonien ist länger schon nicht mehr möglich, da die Flüchtlinge auf den Geleisen sitzen. Die Grenze zu Mazedonien wird von Polizeikräften und einem gewaltigen Zaun „gesichert“. Offizielle Politik (sofern man das noch so nennen kann) ist, dass die Menschen nach Athen zurück fahren und dort Asyl beantragen sollen – für das desolate Griechenland eine nicht zu bewältigende Aufgabe. Zwar fahren kostenlose Busse, doch wer das Angebot annimmt, landet in Athen in einem Stadion ohne jegliche Versorgung. Deshalb sind Flüchlinge von dort schon nach Idomeni zurück gekommen, weil es da in Sachen Versorgung ein wenig besser sei.

Es wird befürchtet, dass die Flüchtlinge, die sich weigern, nach Athen zu fahren, bald gewaltsam von der Grenze entfernt werden. Wie das dann weiter gehen soll, wenn der Griechische Staat bei der Versorgung komplett versagt, mag sich jeder selber ausmalen!

Hier noch ein Überblick zur Lage auf der Balkanroute. Die Boote, mit denen Flüchtlinge von der Türkei zu den griechischen Inseln übersetzen, starten neuerdings nachts, weil sie so weniger Gefahr laufen, von den Türken aufgehalten zu werden. Ist natürlich viel gefährlicher…

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Soll ich zu alledem jetzt noch was sagen? Die Kommentierenden unter dem Tagesschau-Beitrag sind großteils sehr zufrieden mit dieser Entwicklung und danken Mazedonien, dass es uns die Flüchtlinge vom Leib hält. Österreich baut gerade auch einen Zaun, bald sind alle Länder der Balkanroute massiv eingezäunt – Goodbye Schengen!

Ich sitze hier im Warmen und hab‘ die Freiheit, mich Luxusproblemen zu widmen wie „abnehmen“, „gesunde Ernährung“ oder „den richtigen Sport für mich finden“. Der größte Konflikt, der mich persönlich erreicht, ist der mit dem Kleingartenverband Lichtenberg, der allen Ernstes meint, ich würde auf meiner Parzelle keine „kleingärtnerische Nutzung“ betreiben (absurd!). Als erfahrene „Content-Produzentin“ friste ich mein Dasein auf sehr bequeme Art, indem ich für Unternehmen blogge, die „schöne Dinge für Haus und Garten“ vertreiben. Alles friedlich, alles easy – und draußen verzweifeln die Flüchtlinge an den Grenzen zum „gelobten Land“, in dem ich es mir gut gehen lassen darf. Einfach wegen des Glücks, hier geboren zu sein.

Nein, ich fühl mich nicht gut dabei.

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Zwar geht es bei meinem „Formularprojekt“ nicht um Erstversorgung, doch ist es gleichwohl sehr sinnvoll. Hier also nochmal der Verweis auf meinen Spendenaufruf. Jede Meldung über eine Spende freut mich riesig.

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Grade erschienen:

Flüchtlinge in Griechenland – Wut, Hass und Verzweiflung in Idomeni (Tagesspielgel)

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