Es passiert selten, dass ich mal den TV-Nachrichten hinterher schreibe. Was dort gerade vermeldet wurde, erscheint mir jedoch als berichtenswertes Beispiel für die Verlogenheit und Widersprüchlichkeit unserer Gesellschaft. Und nein, es sind mal nicht „die Politiker“, die alleine schuld wären. Die absurde Rechtslage in Sachen Präimplantationsgnostik (PID) verdankt sich dem Volkswillen, der partout nicht geneigt ist, mehrere Sachverhalte logisch zusammen zu denken.
Alsdenn: ein Paar wünscht sich ein Kind, doch der Vater in spe hat Chorea Huntington, eine unheilbare schwere Erbkrankeit, die das Gehirn zerstört und zu Demenz und Tod führt. Nun ist es in diesen Fällen heute möglich, unter vielen Auflagen eine Pränataldiagnostik bei künstlicher Befruchtung durchzuführen. Da die Betroffenen die Krankheit nur zu 50% weiter vererben, lassen sich auf diesem Weg die Embryonen testen. Man pflanzt dann nur Embryonen ohne das Huntington-Gen ein – eine Selektion, ja genau. Wie HEUTE berichtete, ist dieses Verfahren im Einzelfall mittlerweile zulässig, doch extrem teuer. Das Paar muss mehrfach beraten werden, eine Ethik-Kommission muss darüber befinden, und schlussendlich braucht es vielleicht mehrere Versuche.
Auch wenn es beim ersten Mal klappt, kostet das Verfahren schlappe 20.000 Euro, die das Paar selbst bezahlen muss. Wer das Geld nicht hat und dennoch kein Kind mit Chorea Huntingtoon in die Welt setzen will, entscheidet sich eben für die „Schwangerschaft auf Probe“: natürliche Empfängnis, aber anschließend ein Test während der Schwangerschaft mit anschließender Abtreibung, sofern der Fötus Träger der Krankheit ist. Dafür braucht es keine Ethikommission, die Kosten halten sich im Rahmen oder werden sogar von der Kasse übernommen.
Ist das nicht absurd? Auch ich bin immer schon FÜR die freie Entscheidung der Frau, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen will oder nicht. Aber ebenso sollte es Paaren dann auch ermöglicht werden, das medizinisch Mögliche in Anspruch zu nehmen, um schwere Erbkrankheiten zu vermeiden – und zwar OHNE immense Kosten. Da hierzulande doch ständig über zu wenig Kinder geklagt wird, sollte es doch eigentlich im Interesse der Allgemeinheit sein, die Kosten zu übernehmen, die zu einem Staatsbürger mehr führen.
Gängelung nur für Arme
Gutverdiener und Reiche sind von alledem kaum tangiert. Sie zahlen locker hohe Rechnungen oder besorgen sich im Ausland, was sie wünschen und hierzulande vielleicht verboten ist. Mittellose Rentner mit Grundsicherung werden gezwungen, im kalten Deutschland auszuharren, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht verlieren wollen, während man es nicht im Ansatz schafft, Steuervermeidungen im großen Stil zu verhindern. Jeder Taxifahrer muss neuerdings einen Fiskaltaxameter haben, damit das Finanzamt auch ja jede Einnahme auf den Cent genau überwachen kann. Die Justiz kann man mit Fug und Recht als „Klassenjustiz“ bezeichnen, wenn schon ein Rechtsstreit um ein Online-Foto mit über 6000 Euro Streitwert veranschlagt wird, mit entsprechend hohen Kosten für Anwälte und Gerichte. Ich könnte die Aufzählung lange fortsetzen, von den Schikanen gegen Arbeitslose brauch ich wohl gar nicht erst anfangen.
Kurzum: schade, dass es keine Partei gibt, die gegen extreme Verregelung, Gängelung, Überwachung und Entmündigung der Bürger/innen eintritt. Dazu sind wohl allesamt zu deutsch! Und sage jetzt niemand, es gäbe doch die FDP! Die hat sich in der Vergangenheit immer nur um die Freiheiten und Vorteile der Besserverdiener gekümmert, um Zahnärzte und Hoteliers.
Mist, mir fällt kein spritziger Schluss ein! Sei’s drum.
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5 Kommentare zu „Schwangerschaft auf Probe, weil Pränataldiagnostik zu teuer“.