Claudia am 07. August 2019 —

Angst

Zeitweise verweigere ich mich den Nachrichten, dann wieder „scanne“ ich Headlines wie besessen, gleich in mehreren Akkumulatoren (Google News, Rivva.de, Net-News-Express, Twitter). Meist reicht mir Titel plus Untertitel, um mich „informiert“ zu fühlen, nur vereinzelt lese ich die zugehörigen Artikel, auch nicht immer ganz.

Auch vielen Gefühlen verweigere ich mich, die durch die News ausgelöst werden, vor allem dem Gefühl der Angst. Andrerseits ist mir bewusst, dass ich in den Medien „Erregungszustände“ suche, nicht nur das so rational und sinnvoll erscheinende Informiert-Sein über alles Wichtige. Schließlich bietet mein routinierter Alltag nicht viele Höhen und Tiefen, da wundert es nicht, dass irgend etwas in mir immer wieder Gelegenheiten sucht, sich aufzuregen.

Allerdings gelingt es nicht mehr so einfach, Wut und Empörung zu spüren, vielleicht ein Aspekt zunehmenden Alters. Wut und Empörung sind ja meist Abwehrreaktionen gegen Angst und Traurigkeit – und dazu bin ich mir zu durchsichtig. Angst und Traurigkeit können sich nicht mehr so gut verkleiden, als etwas Anderes ausgeben.

Die Folge ist dieses absurde Hin und Her zwischen Information Overflow und Verweigerung, bzw. die phasenweise Flucht in Fiction, Filme, Fernsehen – da hab‘ ich immerhin eine Stopptaste und kann vorspulen, wenn ich keine Lust habe, mich ‚runter ziehen zu lassen.

Angst - Symbolbild

Angst – ich spürte Widerstände, den Artikel so zu titeln. Dabei ist es das wohl wirklich: Die Welt ist aus den Fugen und das macht mir Angst.

Beim Megathema „Klima“ kann ich ja noch darauf hoffen, die schlimmsten Folgen des „Wandels“ nicht mehr zu erleben. Nicht so bei der Weltpolitik: die kriegerischen Zuspitzungen sind nicht zu übersehen, es brennt an vielen Stellen gleichzeitig.

Zunehmende Aggressivität und Gewalt, gespaltene Gesellschaften, autoritäre, abgedrehte Führer und ihr menschenverachtendes, schlichtdenkendes Gefolge, ausufernde Handelskriege, militärische Aufrüstungen, ein neuer kalter Krieg, Kündigungen der Rüstungskontrollverträge, das Atomwaffen-Kartell im Aufwind – und nirgends auch nur der Ansatz einer neuen Friedensbewegung! Dazu sind alle viel zu zerstritten oder folgen weiterhin unkritisch der „transatlantischen“ Agenda, die immer genau weiß, wo gerade der Feind steht.

Bei alledem geht der Alltag ungerührt weiter als wäre nichts. Das sich verändernde Wetter und Probleme rund um Migration – diese Themen sind zwar überproportional vertreten, doch haben wir uns daran schon gewöhnt. Jeder Starkregen bekommt Schlagzeilen quer durch die Medienlandschaft, und wenn mal eine Woche lang KEIN Verbrechen eines Nicht-Deutschen tausendfach verkündet werden kann, tut es eben die „Zuspitzung“ von Politiker-Äußerungen, die so nie gesagt wurden.

FridayforFuture ist immerhin ein Lichtblick im Geschehen. Die Jugendlichen bringen es fertig, dass das Klima-Thema gewaltig an Präsenz gewonnen hat. Wenn sich allerdings lange vor der „Klima-Apokalypse“ die Menschheit selbst in Schutt und Asche legt, war auch dieses Engagement umsonst.

Ja, ich bin heute nicht gut drauf. Und werde jetzt einfach arbeiten, anstatt weiter auf den Zustand der Welt zu schauen.

***

Infos zur Lage aus ein paar Non-Mainstream-Medien:

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Diskussion

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14 Kommentare zu „Angst“.

  1. Am Ende denken die Amis vielleicht (falls sie es tun!), dass sie die Russen mit der Kündigung des INF-Vertrages erneut in eine Rüstungsspirale treiben, die ihnen den erneuten wirtschaftlichen Garaus machen. Denen traue ich eigentlich fast alles zu. Und die Scharfmacher bei uns spielen mit. Bloß ist Putin nicht Gorbatschow. Ich schreibe das ohne Wertung.

    Zu Linnemann und anderen Heißmachern habe ich auch schon wieder gebloggt. Gäbe es doch nur mal ein paar erfreulichere Themen. Ich finde keine.

  2. Liebe Claudia, hallo Horst,

    das mag jetzt kein wirklicher Trost sein, aber für nachdenkenswert halte ich ihn schon. Diesen kleinen und kurzen Kommentar, der vor vielen Jahren hier einmal bei Claudia sinngem. geschrieben wurde:

    „Die großen Fortschritte der Menschheit entstanden immer aus der Not.“

    Das ist mir damals zutiefst wider gelaufen. Aber ich finde, da ist was dran. Und so kann ich den derzeitigen verbalen Bürgerkrieg entweder als Rückschritt, oder als „Vor-schritt“ betrachten.

    Ich neige dazu, ihn als „Vor-schritt“ zu betrachten, auch wenn ich weiß: dass wird eine extrem schwierige Geburt.

  3. Der Anonymous von heute, 21.34, heißt Menachem :)

  4. Ein Buchtipp für einen optimistischeren Blick auf die gegenwärtige Weltpolitische Lage: Steven Pinker, The Better Angels of Our Nature. Why Violence has Declined

  5. @sominore. Ist Pinkler nicht irre anstrengend? Vielleicht übertrieben positiv? Das Buch bekam damals schlechte Kritiken. Aber ich könnte mal was positiven Input brauchen.

  6. @Horst, @Solminore: Es gibt „Factfulness“ von Rosling, das habe ich gelesen und fand es ganz überzeugend. Es schlägt in die gleiche Kerbe, zeigt auf, in welchen verschiedenen Feldern es besser wurde. Rosling führt zu Ende des Buches durchaus die heute wichtigsten Problemfelder auf.

  7. […] Nachrichten: Überall Gefahren, miese Entwicklungen, dunkle Perspektiven. Ich schrieb über die Angst, die mir all das macht, manchmal hilft es ja, sich die Dinge von der Seele zu schreiben. Nachhaltig […]

  8. Danke für Eure Kommentare! Es bedeutet mir was, dass so ein Eintrag nicht mit „0 Kommentare“ stehen bleibt.

    Heut gehts mir wieder besser, siehe den aktuellen Eintrag!

  9. naja, ich habe Probleme mit diesen Aussagen denn sie spiegeln nicht den Zustand der Welt wieder. Klar gibt es Probleme aber es gibt so viel Tolles, Schönes und liebe Menschen auf der Welt. Bis jetzt haben wir alle Probleme gelöst. Wenn ich an die Befürchtungen meiner Jugend denke ist es einfach ganz anders gekommen.

  10. Mensch Claudia,
    dies Ding hier:

    >>Wenn sich allerdings lange vor der „ Klima-Apokalypse“ die Menschheit selbst in Schutt und Asche legt, war auch dieses Engagement umsonst.<<

    musst du dir – ich bitte dich darum – echt abgewöhnen. Das ist Bullshit!

    „ Klima-Apokalypse“ ist ein Begriff, welcher ein Ende und die völlige Vernichtung impliziert. Dazu wird es nicht kommen. Einfach nur, weil das die Erfindung des menschlichen Verstandes ist.
    Was wir sehen ist ein zyklischer Klimawandel, welcher vielleicht etwas von desaströsen menschlichen Eseleien gestützt wird.

    Und das "die Menschheit sich selbst in Schutt und Asche legt" ist ein Relikt des Zeitgeistes aus den späten 1970-er bis 80-er Jahren. Dieser Zeitgeist ist Mausetot und hat keine Chance doch noch irgendwie ins Geschehen einzugreifen. Vergiss es.
    Das aktuelle Zeitgeschehen ist nur ein fogerichtiger, wenn auch etwas derber Scherz des Universums. Das Universum kann es sich locker leisten eine derart schräge species wie sapiens blödsinnig rumlavieren zu lassen.

    Hope you`ll get it Ma'am

  11. Deine Gelassenheit angesichts dessen, was gerade so alles passiert, kann ich nicht teilen. Schau mal das Video im neuen Eintrag!

  12. Zum Glück habe ich Dich wenigstens nicht verärgert.
    Danke für deine Langmut.
    Aber was diese Brände betrifft so ist für mich der eigentliche Skandal, dass die Weltgemeinschaft sich das seit Jahrzehnten (!) ruhig mit ansieht und hier und da mal – eher im Folklore-Stil – Kundgebungen und Proteste auftauchen.
    Es ist schließlich nicht erst seit gestern bekannt, welche immensen Schäden dadurch entstehen.
    Eine Politik, welche ernsthaften Umweltschutz, ja gar Klimaschutz betreibt, hätte schon die regelmäßigen Brandrodungen bis über die Schmerzgrenze hinaus sanktionieren müssen. Parallel hätten wirtschaftliche Anreize geschaffen werden müssen und Subventionsprogramme. Das wäre dann eine echte Winwin Situation geworden.
    Aber diese Möglichkeiten wurden vertan.
    Gestern stieß ich auf einen konstruktiven Artikel, welcher durchaus hoffen lässt.
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klima-und-waldbraende-3-menschheitsfallen-und-wie-wir-ihnen-entkommen-a-1283381.html

    Gruß, Hermann

  13. @Hermann: bin voll deiner Meinung und verstehe diese Lethargie der Regierenden nicht! Immerhin konnte ich dieser Tage erleben, wie das „außergewöhnliche“ Gefühl akuter Sorge angesichts des Amazonas-Feuers, das mich umgetrieben hat, binnen weniger Tage die Politik erreichte – offensichtlich ist es nicht nur mir so gegangen und sie haben Druck bekommen, nicht weiter so ignorant die Dinge auszusitzen. Irland und Frankreich haben das Handelsabkommen in Frage gestellt, was offenbar Wirkung auf die Wirtschaft in Brasilien hatte – also musste sogar Bolsonaro einlenken. Mal sehen, ob er nun die angebotene internationale Hilfe auch annimmt…

    Aus dem von dir verlinkten Artikel:

    „Wenn alle immer mehr wollen, aber nicht bereit sind, sich dem Gemeinwohl zuliebe einzuschränken, muss das in einer Welt mit begrenzten Ressourcen in den Untergang führen.“

    Im heute hier eingebundenen Vortrag bekommt man u.a. die Info, dass 15% des Sauerstoffs der Erde im Amazonas-Gebiet erzeugt werden – was wohl mit unserer Atmosphäre und Atemluft passiert, wenn die den Regenwald planieren? Dass auch 10% aller Tierarten dort leben, erscheint da vergleichsweise eine harmlose Bedrohung…
    Angesichts solcher Aussichten auf dem persönlichen Luxus zu bestehen, bzw. Wachstum, Profite und Arbeitsplätze weiterhin als höherrangige Güter anzusehen als den Erhalt unserer Lebensgrundlagen – tja, wie soll man das nennen? „Dumm“ ist viel viel zu schwach! Mir fehlen einfach die Worte!

  14. @Claudia
    „Verstehe diese Lethargie der Regierenden nicht!“

    Genau das ist ja der leidige Punkt. Solange du diese cracks ernst nimmst, kannst du sie nicht verstehen. Dampfplauderer soweit das Auge reicht. Jede Menge Lügen in einem allerdings etwas größeren Haufen Wahrheiten versteckt. Das ist eine äußerst erfolgreiche Strategie, um seine Ziele zu erreichen.
    Es besteht kein wirkliches Interesse am Umweltschutz bzw. dem Klimaschutz. Man erlässt bestenfalls irgendwelche Verordnungen und Gesetze mit Berufung auf Umwelt und Klima, um die Staatseinnahmen zu steigern. Das ist Schmierentheater übelster Qualität. Noch übler ist es allerdings, sich durch so einen Mist die gute Laune vermiesen zu lassen. Et kütt wie et kütt und es is noch immer jot jejange…