„Die Tage schwimmen davon. Einer nach dem andern. Ihre Anmut heißt Gleichförmigkeit.“ schrieb Claudia Kilian gestern in ihre Sammelmappe.
Anmut? Kann Gleichförmigkeit anmutig sein? Auch mit längerem Nachsinnen komme ich nicht dahin, das so zu sehen. Wenn ich meine Stimmungslage betrachte, dann ist Gleichförmigkeit eher ein Gift, das mich auf Dauer herunter zieht.
Zum Beispiel tagelang das Haus nicht verlassen, allenfalls mal zum „Lädchen“ unten am Eck. Kleinste Kreise ziehen zwischen Bildschirmen: PC im Arbeitszimmer, TV im Wohnzimmer – und natürlich auch mal Küche, Bad, Balkon.
Letzterer ist dieses Jahr ein richtiger Balkongarten, aber er reicht nicht. Reicht nicht für das Gefühl, etwas Anderes erlebt zu haben, dazu braucht es mehr.
Nach vier derart „gleichförmigen“ Tagen, an denen ich zwischen Artikel schreiben (mein Brotjob) und Prokrastinieren durch Medienkonsum oszillierte, war meine Laune im Keller. Nurmehr die Pflicht und zur „Abwechslung“ schlechte Nachrichten: Überall Gefahren, miese Entwicklungen, dunkle Perspektiven. Ich schrieb über die Angst, die mir all das macht, manchmal hilft es ja, sich die Dinge von der Seele zu schreiben. Nachhaltig ist das aber nicht.
Was wirklich geholfen hat: Ein Besuch im Garten! Seit letzten Freitag war ich nicht mehr dort gewesen, eine ungewöhnlich lange Zeit. Es hatte genug geregnet, so dass keine elend lange Gießorgie fällig wurde, also konnte ich da einfach ein paar Stunden entspannen, mit dem Liebsten plaudern, durch die drei Zonen des Gartens wandern und schauen, was sich so alles tut.
Schon bald war mein Stimmungstief wie weggeblasen. Der Garten interagiert mit dem Körper, spricht meine Sinne an, konzentriert den Geist auf die Phänomene der Natur. Die Fahrt mit dem Fahrrad hin und zurück (jeweils 25 Minuten) bringt genug körperliche Bewegung, um innerlich „umzuschalten“, raus aus dem Medien-Modus, hin zum physischen Dasein.
Sonne und Schatten, Vogelstimmen und Insektengesumm, frische Luft und die Farben des Sommers. An jeder Ecke des Gartens kommen Ideen, was alsbald, im Herbst oder in der nächsten Saison getan werden könnte. Und im hier und jetzt: Tomaten ernten, verkosten und darüber sprechen, welche Sorten wir nächstes Jahr anbauen. Da bleibt kein Raum fürs Kreisen um das Elend der Welt – und das ist richtig gut so.
Wieder zuhause angekommen, schaffte ich locker und ohne irgendwelche Missempfindungen die Beendigung des Artikels, der mir vorher so schwer gefallen war. Nicht weil er irgendwie schwierig gewesen wäre, ich hab‘ in dem Metier eine Routine, die keine Zweifel am Können aufkommen lässt. Nein, es lag am Wollen bzw. Nicht wollen. An der Gleichförmigkeit, die mich mehr und mehr ausbremste bis fast hin zur Schreibblockade.
Heute hab‘ ich davon geträumt, bei mir wäre eingebrochen worden: der PC war weg! Ein leerer Schreibtisch – sonst fehlte nichts. Ein Hinweis aus den Tiefen des Unbewussten? Im Traum hab‘ ich mich schrecklich aufgeregt, bekam Existenzängste, dachte daran, einen „Finderlohn“ auszuschreiben. Im Wachzustand denke ich, ich sollte mal wieder mein Backup aktualisieren und die externe Festplatte nicht neben den PC legen!
Fünf Tage ohne Garten – das lasse ich nicht mehr einreissen! :-) Und für den Winter muss ich mir was überlegen, das Fitness-Center reicht nicht.
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4 Kommentare zu „Wie der Garten hilft“.