Da mein Kommentar zum Artikel „Wann beginnt Rassismus?“ auf „irgendwie jüdisch“ nicht angenommen wird, veröffentliche ich ihn eben hier. (Beim Absenden erscheint nur die Systemmeldung „Spam deleted“, warum auch immer). Da man nie weiß, wie lange ein Link funktioniert, beginne ich mit einem Langzitat, das klar macht, worauf ich mich beziehe:
„Im Gegensatz zu vielen Menschen, die in den letzten Tagen und Wochen durch die deutsche Medienlandschaft geistern und ihre Meinung dazu kundtaten, was Rassismus sei – durchweg natürlich als nicht Betroffene, oft weiße sehr priviligierte Männer, bin ich angesichts dessen nur eines: fassungslos. Mehr und mehr erkenne und erlebe ich diesen merkwürdigen Impuls von Nichtbetroffenen, diejenigen nicht zu befragen, die auf die Frage, was Rassismus sei und wann er beginnt, als einzige Auskunft geben könnten bzw. deren Aussagen zu anzuzweifeln, meist in der Art: “Das habe ich noch nicht erlebt, ich glaube das nicht.” Im Übrigen ein Impuls, der auch in Zusammenhang mit Antisemitismus gern geweckt wird.
So diskutiert man allen Ernstes, wie rassistisch Tönnies ist, ob überhaupt und definiert sich merkwürdige Rassismustheorien zusammen. Fakt ist: jemand der sich rassistisch äußert, ist rassistisch. Da gibt es keine Diskussion, keine Fragen, nichts.“
Die Erfahrung Anderer zu leugnen ist falsch, aber nicht dasselbe, wie selbst seinen Senf zum Thema dazu zu geben!
In den sozialen Medien haben alle die Möglichkeit, sich zu äußern – also auch zum Thema Rassismus, ungeachtet der eigenen Betroffenheit. Im TV ist diese Kritik berechtigter, wenn etwa ein Kommentator „von oben herab“ Unsinn salbadert (ohne Möglichkeit der Widerrede an gleicher Stelle)- aber eben nicht in der allgemeinen Diskussion.
Ich denke, jeder wache Mensch in diesem Land hat Rassismus schon mitbekommen, auch ohne selbst betroffen zu sein – kann dazu also auch eine Meinung haben und diese äußern.
Zudem hat der Begriff „Rassismus“ nun mal eine bestimmte Tradition, die bei vielen Älteren noch verwurzelt ist, nämlich den Bezug auf „Rasse“. Wobei es – wissenschaftlich lange klar – „Rassen“ bei Menschen gar nicht gibt.
Wenn dann also z.B. die Diskriminierung Türkisch-stämmiger Deutscher zur Debatte steht, lehnen viele es ab, das „Rassismus“ zu nennen – nicht etwa als Leugnung der real existierenden Diskriminierung, sondern wegen Kritik an der Ausweitung des Begriffs auf Weiße. Aus Gründen heißt es ja bezüglich jüdischer Menschen „Antisemitismus“ und nicht „Rassismus“.
„Fakt ist: jemand der sich rassistisch äußert, ist rassistisch.“
Sorry, aber dieses Statement ist eine unsinnige Aussage, denn eine Definition (hier: „rassistisch“) darf den zu definierenden Begriff nicht selbst enthalten. Dann ist es nämlich keine!
Energieraubende Auseinandersetzungen über den Begriff „Rassismus“ wären überflüssig, würden sich alle darauf besinnen, dass es um Diskriminierung, Menschenverachtung, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit geht, die in allen Varianten abzulehnen und zu bekämpfen ist. Das ist schließlich viel wichtiger als der Streit um Worte!
***
Ergänzend füge ich hinzu, dass die Äußerungen dieses Tönnies für mich unzweifelhaft rassistisch waren. Der Blogpost dreht sich aber gar nicht um diese konkrete Äußerung, sondern trifft verallgemeinernde Aussagen zur immer wieder aufflammenden Debatte rund „Rassismus“, denen ich so nicht zustimme.
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13 Kommentare zu „Ein Kommentar zu „Wann beginnt Rassismus?““.