Bei den Regionalwahlen in Italien wird gleichzeitig über ein Referendum zur Verkleinerung des Parlaments abgestimmt. Ein „Ja“ zeichnet sich bereits jetzt ab, und zwar mit deutlicher Mehrheit von 70 bis 80 Prozent. Im Abgeordnetenhaus wird es demnach künftig nur noch 400 Parlamentarier statt bislang 630 geben. Die Zahl der Senatoren wird von 315 auf 200 sinken.
Hierzulande schimpfen wir oft auf die chaotische Politik in Italien: da ist im Parlament manchmal die Hölle los und mit strukturellen Reformen kommen sie nicht wirklich voran. Die Parlamentsverkleinerung haben allerdings alle großen Parteien von links bis rechts auf Betreiben der 5-Sterne-Bewegung schon 2019 gemeinsam beschlossen. Was für eine tolle Leistung im Vergleich zu dem absurden Theater, das unsere Parteien rund um dieses Thema seit Jahren aufführen – und dabei knallhart versagen aus einfachem Machtkalkül.
Wir haben mit 709 Sitzen mittlerweile nach China das größte Parlament der Welt und jedes Jahr wird es durch die „überhang- und Ausglihsmandate“ größer. Aktuell wird ein Gesetzesentwurf beraten, auf den sich CDU und SPD geeinigt haben:
„Der Gesetzentwurf der großen Koalition sieht in einem ersten Schritt vor, dass sogenannte Überhangmandate künftig erst nach dem dritten Überhangmandat ausgeglichen werden und dass Überhangmandate einer Partei teilweise mit ihren Listenmandaten verrechnet werden können. Das soll schon bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr greifen und verhindern, dass der Bundestag noch größer wird. In einem zweiten Schritt soll dann zum 1. Januar 2024 die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 reduziert werden.“ (Quelle)
Wieso 280? Diese Zahl wird überhaupt nicht begründet. Zudem ist die Opposition geschlossen dagegen und hält den Vorschlag für verfassungswiedrig und zudem nicht mal zielführend. Grüne, FDP und Linke hatten schon früher einen eigenen Vorschlag für eine Reform eingebracht: demnach soll die Zahl der Wahlkreise schon für die Bundestagswahl 2021 von derzeit 299 auf 250 reduziert werden.
Diese sehr sinnvolle Idee finden Union und SPD gar nicht gut. Warum wohl?
„Die Oppositionsparteien werfen vor allem der Union vor, ihre Pfründe sichern zu wollen. CDU und CSU hatten bei der Bundestagswahl 2017 viele Direktmandate geholt. Würde die Zahl der Wahlkreise deutlich reduziert, hätten sie einiges zu verlieren.“ (Quelle)
Warum ist das für mich ein Aufreger? Haben wir nicht andere, wichtigere Probleme? Durchaus, aber wir regen uns hier (zu Recht) über Trumps Vorgehen auf, den frei gewordenen Sitz im High Court noch vor der Wahl zu besetzten – obwohl bei der letzten solchen Gelegenheit (mit umgekehrten Vorzeichen) die Demokraten nach Protesten der Republikaner die Wahl abgewartet haben. Das ist für mich genau diesselbe Chuzpe aus reinem Machtkalkül, wie es unsere Koalitionsparteien in Sachen Parlamentsverkleinerung an den Tag legen.
Die Italiener sind in dieser Sache zu bewundern: Parlamentarier können Selbstbeschränkung – wer hätte das gedacht, gerade von Italien!
Bei uns herrscht dagegen Verzögerungstaktik: Sollte der Koalitionsvorschlag durchgehen, was zu erwarten ist, werden andere Parteien klagen. Die Chance, dass der Vorschlag verfassungswidrig ist, ist groß und geklagt wird sicher. Dann dauert es wieder „ewig“ bis endlich eine vernünftige Reduzierung kommt.
Am Beste wäre es – zumindest in Deutschland – wenn die Neuregelung nicht von den Parteien und ihren Palamentarieren erarbeitet wird, sondern von einem eigens dafür zusammen gestellten Bürger-und-Expertinnen-Gremium.
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Ein Kommentar zu „Parlamentverkleinerung: Italien schafft es!“.