Ich mach‘ es kurz, schließlich wird über dieses schwer gehypte „TV-Experiment“ von Schirach derzeit genug geschrieben.
Zwar ist es löblich, möglichst vielen Zuschauern die Basics unseres Rechtsstaats deutlich machen zu wollen, aber so richtig gelungen ist das nicht. Dafür spricht auch das Abstimmungsergebnis: 54 % der ausgewählten Zuschauer fanden das Urteil (Freispruch) ungerecht, 46% gerecht. Die angestrebte Irritation des emotionalen Urteils wurde demnach nicht wirklich erreicht, jedenfalls nicht in einem Maß, das den Aufwand gerechtfertigt hätte.
Dabei wäre das möglich gewesen, hätte man die Ankündigung „zwei ganz verschiedene Blickwinkel“ konsequent umgesetzt. Statt dessen wurde gutwilligen Zuschauer/innen zugemutet, über weite Strecken denselben Film zweimal anzuschauen – eine seltene Ignoranz aktueller Sehgewohnheiten, die Wiederholungen gerne vermeidet und „Längen“ scheut. 7,955 Millionen (ARD) plus 2,493 Millionen (3.Programme) Zuschauer sahen den ersten Film, nurmehr 4,829 Millionen sahen auch den zweiten Teil, also weniger als die Hälfte!
Neben „Gegen die Zeit“ (Film aus der Sicht des Kommissars) hätte eine zweite Version gestellt werden müssen, die die Gewissheiten und emotionalen Urteile aufgrund der ersten Fassung tatsächlich erschüttert. Da der Freispruch mangels Beweisen und wegen eines aufgrund der Folter nicht verwendbaren Geständnisses beruhte, wären das die beiden Ansätze für die Andersartigkeit der zweiten Fassung gewesen:
- man zeigt die Entführung anders, mit mehr Blick auf den Täter, so dass zumindest Zweifel aufkommen, ob das wirklich der Beschuldigte ist,
- man zeigt so viel, dass klar ist, dass es ein anderer Täter ähnlicher Statur ist,
- man erklärt das Wissen des vermeintlichen Täters um den Aufenthaltsort des Opfers (es ist sein Bruder, sein Vater, sein Geliebter…) und mittels einer Vorgeschichte auch gleich den Grund, warum er lieber gesteht als ihn zu benennen.
Dazu noch mehr Details, um den Täter symphatisch zu machen, der schließlich einiges getan hat, um das Mädchen im Verlies zu versorgen – auch mehr Entsetzen bei der Todesnachricht. Und schon wäre das Votum anders ausgefallen.
Statt dessen eine öde Wiederholung aller wesentlichen Szenen, nur angereichert durch ein bisschen Story rund um den Verteidiger, dessen rechtsstaatliche Überlegungen schließlich auch in Version 1 vor Gericht genügend zum Ausdruck kamen. Einzig das Gespräch mit dem Beschuldigten war neu, jedoch exakt so erwartbar.
FAZIT: Viel Aufwand und Selbstbeweihräucherung (ich bin eine FREUNDIN des ÖRR!) um ein suboptimales Film-Experiment, das sein Ziel nicht wirklich erreicht.
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2 Kommentare zu „FEINDE – für mich KEINE Sternstunde!“.