Das Fragezeichen hinter der Überschrift ist eigentlich überflüssig: Bloßer Ausdruck eines Rests Hoffnung, an die ich nicht wirklich glaube. Noch niemand hat eine Alternative zum Kapitalismus formuliert, die uns Heutigen als wünschenswert erscheinen könnte. Ganz im Gegenteil sind sämtliche Versuche, Staaten auch „nur sozialistisch“ zu gestalten, großflächig gescheitert und dienen nurmehr als abschreckende Beispiele.
Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unser „bestes aller Systeme“ nicht zu einer Welt passt, in der die Grenzen des Wachstums und der verfügbaren Ressourcen immer spürbarer werden. Die „gute alte Zeit“, die so viele als „das Normale“ zurück sehnen, basierte auf massiver Ausbeutung der „dritten Welt“: Die Unternehmen westlicher Industriestaaten beherrschten die noch wenig entwickelten Staaten ökonomisch und nutzten deren Rohstoffe und Arbeitskraft zu ihren Bedingungen. Dabei machten sie so viel Gewinn, dass auch der einfache Briefträger gesichert angestellt werden konnte und – im Vergleich zu heute – gut verdiente.
Das ist vorbei. Viele der ehemaligen Drittweltländer haben sich lange schon vom Kolonialismus befreit und gut entwickelt. Allen voran hat China sich wirtschaftlich gewaltig emanzipiert und stellt heute einen Großteil unserer Konsumprodukte her. Nicht mehr viel ist „made in Germany“. Die Globalisierung hat die Dinge verändert, nicht nur die Produktion verlagert, sondern auch Gewinne. Das Wachstum des Kuchens reicht nicht mehr, um „alle“ gut zu versorgen. Damit nun Reiche (nicht nur das eine Prozent) reich bleiben können, mussten die Arbeitskosten gedrückt werden und ein gigantischer Niedriglohnsektor ist entstanden: prekäre, ungesicherte Arbeitsverhältnisse und geringe Löhne, die teils nicht mal mehr zum Leben reichen. Auch die soziale Umverteilung (Bürgergeld etc.), die nötig bleibt, um die Verarmenden nicht ganz ins Elend fallen zu lassen, gerät immer mehr unter Druck: Zu teuer, sagen Politiker und andere Gutverdienende und verlangen die drastische Reduzierung der Zuwendungen.
Nichts Wahres im Falschen
Der Spruch von Adorno „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ fällt mir immer ein, wenn ich persönliche Konsumveränderungen betrachte.
- Was bliebe zum Beispiel von einem Supermarkt oder Discounter noch übrig, wenn sich alle gesund ernähren würden? Nurmehr frisches Obst und Gemüse, unverarbeitete Lebensmittel zum Selberkochen, kein mit Zucker, Salz, Fett und Zusatzstoffen angereicherter Industriefood mehr? Wie viele Arbeitsplätze würden dadurch entfallen?
- Nehmen wir weiter an, wir alle würden uns nicht nur gesund ernähren, sondern auch genügend bewegen. Der gesamte Medizinbetrieb müsste gewaltig schrumpfen, weniger Krankenhäuser und Ärzte, weniger Pharma-Betriebe, der ganze Nahrungsergänzungsmittelmarkt würde zusammen brechen.
- Wenn das „gesunde Leben“ auch noch mit sich bringen würde, dass wir weniger Zeit vor Bildschirmen verbringen, würde auch die Medienwelt schrumpfen: Weil wir anderes zu tun hätten als an den Empörungswellen der „sozialen Medien“ teilzuhaben, Artikel zu „scannen“ oder unterhaltende Videos zu schauen.
Kurzum: Jede Entwicklung in Richtung „gesünderes Leben“ bringt die Wirtschaft in Gefahr! Ganz ebenso jeglicher Verzicht auf Konsum, der lediglich dazu dient, die Langeweile zu vertreiben oder ein kurzfristiges „Jagderfolgsgefühl“ zu vermitteln.
Die Engführung durch Klimawandel
Dass ich überhaupt auf dieses wirklich leidige Thema gekommen bin, verdankt sich einem Tweet auf X, in dem ein Redebeitrag von Ulrike Herrmann in der Lanz-Talkshow mit dem Worten beschimpft wurde:
„Womit erneut deutlich wird: dieser Sekte geht es nicht ums Klima. Denen geht es um Klassenkampf und Kommunismus!„
Herrmann führte aus, dass Öko-Energie immer knapp (und entsprechend teuer) sein werde, der Kapitalismus jedoch nicht ohne ständiges Wachstum (=mehr Energie- und Ressourcenverbrauch) funktionieren kann. Deshalb stellt sie die Frage in den Raum, wie „wir aus dem Kapitalismus aussteigen“ könnten, nicht etwa, weil sie grundsätzlich etwas gegen diese in vieler Hinsicht so erfolgreiche Wirtschaftsweise hätte. (Hier eine Kurzfassung ihres Buchs mit allen Dilemmata des Kapitalismus und warum bisher keine Alternative machbar ist). Kurz gesagt, nimmt sie uns die Illusion des „Grünen Wachstums“, also die letzte Hoffnung, es könne alles so weiter gehen, halt nur ein bisschen „grüner“ mittels erneuerbarer Energie. (Hier ausführlicher: Schluss mit Wachstum – und dann?)
Die Kommentare unter dem Tweet sind fast alle rein feindselig, irgend ein sachliches Gegenargument gegen ihre Sicht der Dinge hab‘ ich nicht gesehen.
FAZIT: Mit unserer Lebens- und Wirtschaftsweise sind wir unfähig, den sich abzeichnenden Folgen des Klimawandels zu begegnen. Wir können nur „weiter so“, denn jegliche Veränderung in größerem Maßstab kostet uns Wohlstand. Das sieht man schon jetzt, ausgelöst durch Putins Krieg und den folgenden Stopp des billigen Gases aus Russland (das war NICHT Habeck!), das hierzulande ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war. Ohne die Notwendigkeit, diese Energielieferungen zu ersetzen, hätten die „Erneuerbaren“ noch lange nicht den Schub bekommen, den sie derzeit haben (der aber lange noch nicht reicht).
Irgendein Lichtblick irgendwo? Vielleicht ja doch: In Albanien wurde ein riesiges Wasserstoff-Vorkommen entdeckt – also Wasserstoff, der nicht wie bisher aufwendig chemisch erzeugt werden muss. Auch in Frankreich hat man ein „bisher größtes natürliches Wasserstoffreservoir der Welt“ gefunden. Ein weiterer Artikel berichtet über Funde in Australien und anderswo, stellt jedoch in Frage, inwieweit diese Art irdischer Wasserstoff auch abbaufähig ist. Aber wer weiß, die Kreativität in Mangelsituationen ist groß. Vielleicht klappt es ja und wir können mit Wasserstoff noch ein bisschen „weiter so“.
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13 Kommentare zu „Nichts Wahres im Falschen: Alternativloser Kapitalismus?“.