Claudia am 16. Juli 2024 —

Trump – und was dann?

Spahn ist zum Nominierungsparteitag der Republikaner gefahren und wirft der Bundesregierung vor, sich nicht auf die nach dem Attentat immer wahrscheinlicher werdende Präsidentschaft von Trump „vorzubereiten“. Zitat aus dem DLF:

„Man müsse deshalb schon jetzt Gemeinsamkeiten suchen, betonte Spahn. Im Stil gebe es diese nicht, in den Themen aber ganz sicher. Er nannte etwa die NATO, den Atomwaffensperrvertrag und das Thema Migration. Die USA seien der Garant der Sicherheit in Deutschland. Deshalb müsse man mit jedem amerikanischen Präsidenten gesprächsfähig sein. Deutschland und Europa hingen von den USA mehr ab als andersherum, das müsse man in Deutschland endlich verstehen. Spahn warf den Regierungsparteien SPD, FDP und Grünen vor, sie seien bisher nicht für einen möglichen Wechsel im Weißen Haus gerüstet. Er sprach von einem unverantwortlichen Verhalten.“

Dem widerspricht der Transatlantik-Koordinator Link (FDP), man bereite sich im Gegenteil intensiv vor. Aber was meinen die eigentlich damit? Was muss da „vorbereitet“ werden? Ist damit nur gemeint, dass man nicht mehr von einem „weiter so“ mit Biden ausgehen sollte, dessen Chancen auf eine Wiederwahl wegen diverser Ausfallserscheinungen schwinden?  Was soll daraus aber konkret folgen? Das sagt weder Spahn noch irgendwer sonst ganz genau.

Das einzig Konkrete formuliert z.B. der CSU-Politiker Thomas Erndl:

„Beim Thema Sicherheit in Europa und bei der Ukraine-Unterstützung müssen wir mehr Verantwortung übernehmen“, forderte er. „Hier ist vor allem die deutsche Bundesregierung gefragt, die das nur halbherzig angeht…. „Wir müssen endlich die Führungsrolle übernehmen, die vor allem die Osteuropäer von uns erwarten“.

„Konkret“ ist das aber auch nur in dem Sinn, dass man sich vorstellen kann, was er meint: Mehr Militärausgaben, mehr Waffenlieferungen an die Ukraine. Aber was auch immer Deutschland tun würde: Die amerikanische Militärhilfe an die Ukraine könnten wir in keinem Szenario ersetzen. Hier ein Statistik-Auszug zum Stand der Dinge laut dem ifw-kiel/ukrainetracker:

Ukrainehilfen Statistik

(Die Unterstützung von Flüchtlingen AUSSERHALB der Ukraine sind in der Statistik übrigens nicht erfasst). Es ist vermutlich zu erwarten, dass Trump seinen Plan, Putins Krieg mit einem „Deal“ zu Lasten der Ukraine zu beenden, zumindest versuchen wird. Und angesichts der Gefahr, sich künftig ohne US-Hilfe verteidigen zu müssen, würde er wohl auch auf „verhandlungsbereite“ Ukrainer treffen. Was wohl wäre, wenn er irgendwann auch merkt, dass man Putin kein Wort glauben kann?

Mit der Abhängigkeit von den USA hat Erndl (und die vielen anderen, die darauf hinweisen) recht, denn sie sind der wichtigste Handelspartner in Sachen Export:

Außenhandel DE Statistik

Man erinnere sich: Trump hat während seiner letzten Präsidentschaft heftige Strafzölle gegen Importe von Stahl und Aluminium aus der EU und GB eingeführt. Unter Biden wurde das zu Gunsten von Kontingent-Regelungen zurück genommen.

So wahnsinnig Trump auch immer mal wieder wirken mag: Eine Konstante seiner „Make Amerika great again“-Politik ist die Absicht, auch alte Industrien wieder in die USA zurückzuholen bzw. diese zu supporten. Unser wichtigstes Exportgut in die USA sind nach wie vor Autos (die jedoch neuerdings mit immer mehr Mängeln auffallen). Diese Export-Säule könnte also erheblich wackeln, wenn Trump loslegt. Immerhin sind noch 1,75 Millionen Erwerbstätige in Deutschland „mit der Autoproduktion verbunden“, nicht gerade wenig!

Das sind jetzt nur zwei Aspekte einer künftigen Trump-Präsidentschaft, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielen würden. Aber es gibt noch viele mehr: der Niedergang der politischen Kultur, die „Trumpisierung“ der Debatten in Richtung Aggressivität, Gewalt, „alternative Wahrheiten“ ist bereits eine Folge Trumps letzter Präsidentschaft. Sie reicht bis hinein in die sich noch als „Mitte“ verstehende CDU/CSU/FDP, die von Trump und seinen Reps gelernt haben, dass ständiges Shitstormen der politischen Gegner und deren Markierung als „Feinde“ mehr bringt als das Herausstellen der eigenen Alternativen.

Ich mach hier mal besser Schluss, denn der eigene Text zieht mich grade ziemlich runter! Dass Trump kurz nach dem Attentat meinte, er wolle nun doch lieber „die politische Spaltung im Land überwinden“ – ja, das wäre schön, aber ich glaube ihm kein Wort!

***

Auch zum Thema:

Nicht direkt zum Thema, aber tröstlich (im Kleinen):

 

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Diskussion

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13 Kommentare zu „Trump – und was dann?“.

  1. „Beim Thema Sicherheit in Europa…“

    So genau weiß man das ja alles nicht, aber: Europa ist ein (Sub-) Kontinent und wurde nach der phönizischen Prinzessin Europa benannt ->

    Die legendäre Europa ->

    https://www.mythologie-antike.com/t85-europa-in-der-griechischen-mythologie-ist-die-tochter-von-konig-agenor-und-mutter-von-minos-rhadamanthys-und-sarpedon

  2. Ich mach hier mal besser Schluss, denn der eigene Text zieht mich grade ziemlich runter!

    Mir geht es beim Lesen dieses Beitrags und der Vorstellung, dass alles bei einer höchstwahrscheinlichen Wiederwahl Trumps zum Präsidenten geschehen wird, genauso.

  3. @Fred Lang

    Es sind doch sowieso alles nur Schauspieler, die ihre Rollen nach Drehbuch spielen. ECHTE Macht ist, war und bleibt unsichtbar.

  4. @Fred Lang

    Hat sich jemals etwas geändert? Nein, natürlich nicht. Diese Schauspielerei (Show) spielt überhaupt keine Rolle, es ist alles nur Unterhaltung.

  5. @Holger: Du lieber Himmel, was geht denn hier ab? Trump ist keineswegs ein „Schauspieler“, sondern ein äußerst eigensinniger Narzist, dem „das Wohl der USA“ im Grunde egal ist, Hauptsache, ER macht den Durchmarsch! Er hat es über die Jahre geschafft, die Reps zu seinem willigen Gefolge zu machen, leugnet Tatsachen, will die US-Demokratie in eine Autokratie verwandeln und verfolgt einen isolationistischen Kurs – was übrigens den Interessen aller, die mit Handel das große Geld machen, diametral widerspricht! Falls das gemeint ist, mit „unsichtbarer Macht“, die im übrigen nicht unsichtbar ist, sondern ganz offiziell die Wahlkampagnen von Trump bespendet!

    @Fred: dass ein Mensch mit deiner langen Lebenserfahrung „alles als Schauspiel“, das sich nie ändert, ansieht – obwohl wir seit wenigen Jahren völlig neue Krisen erleben und in der Weltverfasstheit mit Trump die drastischsten Änderungen drohen – ich fasse es nicht, echt!

  6. Es ist ein Weckruf um sich endlich von der USA abzunabeln. Mal wieder. Früher wären die Chancen dafür besser gewesen.

    Es ist ja nicht so, als hätte man mit der EU nicht ein eigenes Konstrukt.

    Natürlich wird das nicht passieren. Zu viel Geld und Medienpräsenz stehen auf der Kippe

  7. @Fred: dass ein Mensch mit deiner langen Lebenserfahrung „alles als Schauspiel“, das sich nie ändert, ansieht – obwohl wir seit wenigen Jahren völlig neue Krisen erleben und in der Weltverfasstheit mit Trump die drastischsten Änderungen drohen – ich fasse es nicht, echt!
    ——————–
    @Claudia
    In meinem Kommentar zu deinem Beitrag steht einzig und allein:
    Mir geht es beim Lesen dieses Beitrags und der Vorstellung, dass alles bei einer höchstwahrscheinlichen Wiederwahl Trumps zum Präsidenten geschehen wird, genauso.
    ——————————–
    Offenbar hast du mich mit Holger Fischer verwechselt:
    Holger Fischer Gestern, 19:29 (Zitatlink)
    @Fred Lang
    Hat sich jemals etwas geändert? Nein, natürlich nicht. Diese Schauspielerei (Show) spielt überhaupt keine Rolle, es ist alles nur Unterhaltung.

  8. Das ist wahrscheinlich die letzte Chance für Kerneuropa, sich von den USA zu emanzipieren und endlich eine gemeinsame Armee aufzubauen, bzw. einen Verteidigungsbund zu etablieren. Inklusive französischer Atomwaffen. Trump fordert übrigens gerade ‚Schutzgeld‘ von Taiwan, sonst keine Hilfe gegen China. Allerdings bedeutet diese Emanzipation auch, die Drecksarbeit in Zukunft selber erledigen zu müssen. Das unsere Gesellschaft dazu bereit ist, wage ich zu bezweifeln. Das die USA als Kandidaten nur einen Senilen und einen Verrückten zu bieten haben, sagt einiges über ihre Erosion aus. Aber das ist ein anderes Thema.

  9. @Fred: Du hast recht, ich hab Dich verwechselt – sorry!!!!

    @Worf: ein Verteidigungsbund abseits oder zusätzlich zur Nato? Diese hat 32 Mitgliedsstaaten, 2 Beitrittskandidaten und 5 (erklärte und potenzielle) Bewerberländer. Wäre es da nicht sinnvoller, auf dem Bestehenden aufzubauen und – wohl unvermeidlich – mehr beizutragen? Realistischer erscheint mir das allemal.

  10. Und nun hat Joe Biden hingeschmissen. War vermutlich längst Zeit – aber ich verstehe auch, daß Biden das Land nicht einem narzisstischen Blödmann überlassen wollte.

  11. Nachdem jetzt das m.E. Offensichtliche eingetreten ist und Biden angesichts auch der Medien-Camarilla auf ein erneutes Kandidieren verzichtet, ist wieder alles offen.

    Es ist aus unserer europäischen Sicht und in weitestgehender Unkenntnis des Wahlsystems der USA schwer zu sagen, ob wer wann und warum am Ende wirklich gewählt wird. Dem Eindruck nach ist zumindest anzunehmen, dass dieses Wahlsystem mit seiner Stimmenverteilung die Republikaner und damit Trump bevorzugt.

    Ganz ähnlich wie bei den Quatschumfragen hierzulande kann das m.E. bis kurz vor fast jederzeit kippen, wenn kurzfristige Ereignisse wie das Attentat auf Trump geschehen.

    Was es da im Sinne von Spahn „vorzubereiten“ gibt, weiss der wahrscheinlich selber nicht und das war mal wieder so eine typische Worthülse, es sei denn, er meint damit, dass wir in Europa gut beraten sind, den potentiellen US-Wahlsiegern schon mal im Vorfeld in den Allerwertesten zu kriechen. Man muss es auch in der internationalen Politik nehmen, wie es kommt. Trump ist dabei lediglich derart unberechenbar in seinen Sprunghandlungen, dass Langzeitplanungen mit diesem enfant terrible äußerst schwierig sind.

    Letztendlich täte es den Medien hierzulande meiner bescheidenen Sicht nach allerdings auch gut, wenn die Bullshitflut zum US-Wahlkampf wie bei anderen Themen etwas heruntergefahren würde, statt mittels Masse statt Klasse und zentnerweise Nebensächlichem die Köpfe zu füllen. Dieses permanente Ohrengeklingel zu allem und jeden geht mir seit ewig nur noch auf den Senkel und führt zumindest bei mir eher zu noch mehr Verweigern des Medienkonsums. Da langen einfach nur noch die Schlagzeilen und deren Aufmachung auf den Titelseiten, um das weitere Verfolgen mit einem müden Lächeln dankend abzulehnen. Qualität ist das jedenfalls schon ange nicht mehr und wenn dann schon bei solchem Geblubber dran steht, „was wir alles wissen müssen…“

    Da krisch isch Plaque;-)

  12. Zitat: „Dieses permanente Ohrengeklingel zu allem und jeden geht mir seit ewig nur noch auf den Senkel und führt zumindest bei mir eher zu noch mehr Verweigern des Medienkonsums. Da langen einfach nur noch die Schlagzeilen und deren Aufmachung auf den Titelseiten, um das weitere Verfolgen mit einem müden Lächeln dankend abzulehnen.“

    @ Siewurdengelesen
    So geht es mir auch! Abstinenz ist das neue Zauberwort. ;-)

  13. […] des Alterns. Aber dem ist nicht so, ein Glück! Nach wie vor interessiert mich das – derzeit besonders spannende – Weltgeschehen mehr als die eigenen Zipperlein, die es natürlich gibt. Aber warum sollte […]