Claudia am 16. Januar 2025 — 21 Kommentare

Mein aktuelles Problem mit dem Bloggen: Keine Lust? Doch, aber…

Hier hat es eine ungebührlich lange Blogpause gegeben, unabsichtlich. Dabei passiert ständig so viel, überall, auf vielen Ebenen – und EIGENTLICH hätte ich zu vielen dieser Aktualitäten durchaus etwas zu sagen. Warum also mache ich es nicht?

Warum blogge ich nicht über „Trump ante Portas“, über den Wahlkampf mit all seinen Unsäglichkeiten, über die plötzlich sooo arme deutsche Wirtschaft, über Migration, Sozialstaat und Gesundheitssystem, natürlich auch über Ukraine/Russland, Israel/Gaza, USA/China/EU oder zumindest über allzu mächtige Milliardäre? („Klimakrise“ drängt sich nicht in diese Liste, merke ich gerade. Passt zum Zeitgeist!)

Es ist einfach zu viel! Und es schreiben und posten auch ständig „gefühlt alle“ über diese Themen, mehrheitlich nicht sachlich und tiefer schürfend, sondern im Kampfmodus für oder gegen irgendwas oder jemanden. In der Folge fühle mich entsprechend gefordert, Stellung zu beziehen, denn ich muss ja davon ausgehen, dass hier Mitlesende in etwa den Stand der Auseinandersetzungen kennen könnten. Und damit wird das Bloggen rund um das in Betracht gekommene Thema zur Pflichtübung, zum bürgerlichen Engagement für die gute Sache – und schon verliere ich Lust, wirklich anzufangen! Denn ich würde dann auch nur das schreiben, was gewiss schon irgendwo irgendwer gesagt, geschrieben, gepostet, verlautbart hat. Da muss ich nicht dabei sein und auch noch drüber bloggen, dafür reicht das Reposten und Liken vernünftiger Artikel und Meinungen auf X oder Bluesky.

Aber täglich schaue ich in meine Blogbibliothek, um zu sehen, ob und wie andere Blogger/innen mit der Themenflut umgehen. Und heute lese ich bei TippingPoint die denkwürdige Headline: „Das wird man doch wohl noch schweigen dürfen!„. Sehr inspirierend!

Ich hoffe, der (anonym bloggende) Autor hat nichts gegen ein Langzitat:

„Ich denke, man muss nicht zu allem eine Meinung haben. Ich will spätabends in der Kneipe keinen Standpunkt im Nah-Ost-Konflikt herleiten müssen, nicht mal am Tage. Ich muss auch nicht in Außenwirtschaft und Ein/Ausfuhrbeschränkungen abtauchen, damit ich die Zoll-Drohungen des orangen Mannes in Florida diskutieren kann. Es muss auch okay sein, bei heißen Themen wie z.B. Gentechnik, Tierversuche, Energiewende, E-Mobilität, Staatsfinanzen, Ukraine, Kryptowährung (noch) keine Meinung gebildet zu haben.
Und selbst wenn man dann eine Meinung entwickelt hat (herzlichen Glückwunsch), dann heißt das noch lange nicht, dass man sie überall herumposaunen muss.
Es täte uns manchmal gut, wenn Hinz und Kunz, und auch Alice und Elon, nicht jederzeit, zu jedem Thema ihre Meinung kundtun würden. Wo führt das sonst hin? Zu riesigen Meinungs-Datenbanken auf gigantischen Meinungs-Servern? Und was ist danach dann anders … geschweige besser? Nichts. Irgendwann gehen sich alle an die Gurgel.“

So wahr! Und doch: Es will gebloggt werden – nur halt grade nicht so! Nicht so politisch, nicht so aktuell, nicht so viel „Weltgeschehen“ – das Weltgeschehen ist länger schon die meistbediente Kategorie im Digital Diary. Es gibt da auch noch „gesund leben„, „Alltag„, „Lebenskunst/Philosophisches, gar ein „Konsum-Blog“ – warum sind das so vernachlässigte Themenbereiche?

Weil das Weltgeschehen doch SO VIEL WICHTIGER ist! Es kommt mir vermessen, ignorant und egoistisch vor, z.B. über meine Bemühungen ums gesündere Leben zu schreiben, wenn grade so vieles im Argen liegt. Über das „Arge“ mag ich wiederum nicht bloggen, weil es mir grade zu viel ist, siehe oben. Dabei ist das hier ganz offiziell ein Mischthemenblog, also strukturell ungeeignet und ohne Absicht geführt, eine Special-Interest-Gruppe anzusprechen. Ich muss mir einfach wieder erlauben, über vergleichsweise unwichtige Dinge zu schreiben – es wird schließlich niemand gezwungen, meine Texte zu lesen! :-)

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Diskussion

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21 Kommentare zu „Mein aktuelles Problem mit dem Bloggen: Keine Lust? Doch, aber…“.

  1. Ach, Claudia, es wäre ein Lichtblick am Horizont, wenn es mal wieder etwas über diese ganz unwichtigen Dinge des Lebens zu lesen gäbe. Und das kannst du wirklich ausgezeichnet. Lass dich nicht vom mainstream einfangen. Und nö, die Welt ist in ihren Krisen wie sie schon immer war. Nur,- die Anzahl der Schaulustigen wächst von Tag zu Tag.

  2. Ich kann Deine Überlegungen gut verstehen. Für mich habe ich jetzt entschieden, auch über belanglose Dinge aus dem Alltag zu schreiben. Wieder einen Blog im Sinne eines Tagebuches oder Notizbuch zu führen. Und plötzlich macht es mir wieder Spaß.

    Über die großen Themen der Zeit, sollen andere schreiben. Manchmal habe ich dabei nämlich das Gefühl, den Überblick zu verlieren. Es ist einfach zu viel in den letzten Jahren passiert.

    LG Tommi

  3. Liebe Claudia,

    exakt das habe ich auch durch. Man ist dann wie blockiert, wie gelähmt und hockt irgendwie im undurchdringlichen Nebel. Wenn es dann noch so ist, wie es bei mir war, dass nämlich auch noch die Energie fehlt, dann hast du echt ein Problem.

    Aber ich hab das irgendwie in den Griff bekommen. Ich kann es eh nicht ändern, dass so viel derzeit passiert. Ich kann auch nicht zu allem etwas schreiben. Und vor allem muss ich auf mich achten und die seelische Gesundheit im Blick haben.

    Natürlich werde ich mich weiter einmischen, aber nicht im Bulldozer-Modus. Und ich glaube, dieser Wechsel hat mir gut getan. Und ich drücke dir die Daumen, dass dir auch so etwas in der Art gelingt.

  4. […] Claudi von Digital Dairy […]

  5. Eben, niemand zwingt dich hier zu irgendetwas und ja, manchmal darf man auch einfach mal leise sein. Vor allem, wenn es vielleicht zu viel wird. Auch das hilft sich wieder ein wenig selbst zu ordnen.

  6. Bei alldem kommt vielleicht nicht nur mir in den Sinn, dass es auch eine Option wäre, das Bloggen komplett einzustellen. Ändern wird sich ohnehin nichts und es ist ja auch richtig, dass alle Sichtweisen rauf und runter schon aufgeschrieben und veröffentlicht wurden. Welchen Nährwert soll Bloggen schon (noch) haben? Angefangen haben wir mit einem Enthusiasmus, von dem viele vermutlich nicht angenommen haben, dass dieser so lange anhalten könnte.

    Ich finde auch, du hast mit deinen vielen schönen (und positiv aufgenommenen) Texten, die sich mit anderem befassen als mit dem ganzen Mist, der uns in diesen Zeiten umtreibt, dass du daraus Antrieb schöpfen könntest. Ich habe zuletzt viel gebloggt. Immer gehts um den gleichen Mist, der mich in erster Linie wütend macht. Wer dazu auch noch in die asozialen Medien abtaucht, so könnte man sicher sagen, ist selbst schuld. Das ist so. Aber für mich ist die Beschäftigung damit eine Art Therapie. Dass man damit rein gar nichts ändert, ist natürlich einerseits ernüchternd. Andererseits will ich mein Maul aufreißen, vielleicht auch deshalb, weil ich viel Zeit habe und Bloggen als eines meiner wenigen Hobbys verstehe. Nun ja, sehr überzeugend ist meine Argumentation vermutlich nicht.

  7. Herzlichen Dank für Eure mitfühlenden Kommentare! Bin froh, mal endlich aufgeschrieben zu haben, was mich „bloggend bzw. nicht bloggend“ so umtreibt!
    @Menachem: Danke für die Ermunterung, wieder über Unwichtigeres zu schreiben!
    @Tommi: habe dein Blog gesichtet und gratuliere zum Redesign! Zeitweise hab ich auch damit geliebäugelt, ein „Magazin-Theme“ auf einem meiner anderen Blogs einzuführen. Habe aber gleich gesehen, dass es strukturell überfordert, den Anschein eine „Magazins“ zu erzeugen: Viel Arbeit für nichts… Gut, dass du zum Blogdesign zurückgekehrt bist!
    @Henning: deine Auseinandersetzung mit diesem Thema lese ich regelmäßig interessiert mit – und finde gut, wie du die Dinge siehst und behandelst!
    @Sari: Ja klar darf man stille sein, aber wenn es mich selbst stört, muss ich drüber bloggen! :-)
    @Horst: Dein Blog ist für mich immer ein Anlaufpunkt, grade weil es hochwahrscheinlich ist, dass du dich regelmäßig aufraffst, zu aktuell brisanten Themen zu bloggen. Dass wir nicht immer einer Meinung sind, ändert daran gar nichts! Egal ob ich dir zustimme, etwas ergänze oder gegenrede: Es tut mir dann gut, wenigstens bei dir etwas zur jeweiligen Sache gesagt zu haben! :-) Und kürzlich hast du sogar zum (nachlassenden) Klimaschutz was geschrieben, das Thema, das ich gar nicht mehr anfassen mag, weil es zu frustrierend ist. Danke dafür!

  8. Hallo Claudia,
    Ich findest es gut, dass Du wieder mehr über andere Dinge bloggen möchtest. Natürlich ist Politik auch manchmal wichtig und hin und wieder muss man einmal seine Meinung loswerden. Doch wie Du schreibst, sind politische Themen im Alltag oft zu gegenwertig und werden nur selten wirklich sachlich diskutiert. Da braucht man ab und zu einmal eine Pause davon.
    Liebe Grüße
    Julia

  9. Hallo Claudia,

    zunächst einmal vielen Dank für das verlinken, ich habe es dir gleich getan.

    Im Moment lese ich oft von Menschen, denen von allem zu viel ist. Weil anscheinend schon alles gesagt ist, nur noch nicht von jedem. Ich erwische mich selbst auch beim Augenrollen und bin gelangweilt von den anscheinend immer gleichen Erklärblogs. Daher kann ich absolut jeden verstehen, der sich da rausnimmt und sich anderen Dingen zuwendet.

    Mit meinem Artikel ging es mir genau so. Ich habe mich dabei an etwas abgearbeitet, ohne es direkt beim Namen zu nennen. Hätte ich es getan, wäre der Text nicht was er ist und von dir sicherlich auch nicht aufgegriffen sondern als einer der vielen betrachtet worden.

    Es geht um die Essenz der Dinge. Gerade bei schreibenden und lesenden Menschen wie uns. Wir müssen dabei nichts wiederholen, was schon gesagt wurde. Wir können unsere Sichtweise kundtun, wenn uns danach ist.

    Im besten Fall schaffen wir es, uns selbst der Welt ein Stück weit zu erklären und die Aufmerksamkeit empfänglicher Leser auf ein Thema zu lenken, dass ihnen neue Sichtweisen eröffnet und uns in dem Moment einfach gut tut.

    Von daher freue ich mich auf viele weitere Texte zu ganz unterschiedlichen Themen in dem Wissen, dass es dir gut getan hat darüber zu schreiben. Deine Leser werden es dir mit ihrer Treue honorieren.

    Ich wünsche allen ein schönes Wochenende,
    Daniel

  10. @Daniel: danke! Das ist ein stimmig formuliertes Blogprogramm, wie ich es gerade brauche:

    „Im besten Fall schaffen wir es, uns selbst der Welt ein Stück weit zu erklären und die Aufmerksamkeit empfänglicher Leser auf ein Thema zu lenken, dass ihnen neue Sichtweisen eröffnet und uns in dem Moment einfach gut tut.“

    Dass ich (im Diary!) gerade ein wenig umzusteuern versuche, heißt übrigens nicht, dass ich politische Blogposts, Stellungnahmen und Artikel plötzlich nicht mehr lese oder irgendwie überflüssig finde. Nur hier muss ich damit ein bisschen kürzer treten, so für mein Blogger-Seelenheil!

  11. vielen Dank fürs Linken und Zitieren. Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn die Menschheit ein halbes Jahr kein Internet hätte. Wo würden die Meinungen dann hinposaunt werden? Dem Nachbarn ins Ohr? Dem Marktplatz? Gäbe es denn überhaupt so viele Meinungen? Vermutlich nicht und die Kugel würde sich weiter drehen

  12. […] Digital Diary […]

  13. Liebe Fast-Namensvetterin,
    ich bin hier immer mal wieder stille Mitleserin, wollte auch öfter mal kommentieren, weiß aber gar nicht mehr, ob ich es dann auch gemacht habe, oder ob es bei der Absicht blieb…

    Jedenfalls finde ich, es gibt nichts langweiligeres als wenn alle dasselbe Schreiben, Artikel die du eigentlich gar nicht mehr zu lesen brauchst, weil du schon weißt was darin stehen wird, weil du den Inhalt schon 1000 mal in immer nur leichten Variationen gelesen hast.

    Also wenn man das nicht will, kann man entweder über Themen schreiben, über die nicht alle schreiben, oder versuchen den Themen über die alle schreiben neue Seiten hinzuzufügen, über die eben nicht alle schreiben.

    Ich kommentiere hier, weil mich dieses Problem auch beschäftigt.
    Derzeit blogge ich nicht, weil ich einerseits privat keine Themen habe, die ich für so wichtig halte, die Welt damit zu belämmern ;-) und weil ich andererseits auch keine Lust habe zum Weltgeschehen Sachen zu schreiben, die viele andere auch schon geschrieben haben.

    Was mich persönlich viel mehr interessiert als die aktuellen Probleme ist, die Frage WARUM ist die Welt so, wie sie ist und was und wie könnte man daran vielleicht zum besseren verändern.
    Das ist eine Thematik, die ich erstaunlich unterbelichtet finde, vor allem, wenn man bedenkt, wie wichtig sie ist.
    Also falls ich mich jemals dazu entschließen doch wieder zu bloggen… DAS wäre das Thema über das ich schreiben würde, weil es ja kaum ein anderer tut :-) .

  14. […] Mein aktuelles Problem mit dem Bloggen: Keine Lust? Doch, aber… – Digital Diary […]

  15. Ich finde das voll okay, wenn man da nicht mitzieht – den Blog kann man ja auch als eine Art Auszeit für sich vom Drumherum, dem Weltgeschehen sehen. Und wer weiß, vielleicht wird er das auch für andere?

  16. […] mich das Weltgeschehen nicht los, grade nicht in diesen Tagen rund um den Antritt von Trump. Das im letzten Blogpost formulierte Vorhaben, „mir zu erlauben, über Unwichtiges zu schreiben“, kann ich zur […]

  17. […] Ausblick, wie es gehen könnte. Aber ich musste das einfach schreiben, ganz entgegen meiner Idee, wieder mehr über Unwichtiges zu bloggen. Mein recht gleichförmiger Alltag gibt zur Zeit einfach nichts Unwichtiges her, das berichtenswert […]

  18. Danke, Claudia, für diesen Beitrag, den ich via Schreibmann gefunden habe. Ich habe schon vor ein paar Wochen über Politik zu schreiben aufgehört (verfolge aber das Tagesgeschehen weiterhin aufmerksam und rege mich auf und ängstige mich unsäglich). Ich konnte meine eigene Aufregung nicht mehr lesen und wollte auch, dass sich meine Leserschaft mal wieder ein bisschen amüsieren kann. Aber dann frage ich mich: Darf man einfach schweigen, wenn das Unrecht seinen Lauf nimmt?

  19. @frau frogg: Wie du siehst, kann ich nicht schweigen… trotz dieser Vorsätze. Es ist nicht die Zeit, „über Unwichtiges zu bloggen“ – das schaffe ich einfach nicht!

  20. Claudia, ich kann dich hier gut verstehen, aber ich persönlich blogge weiter zu den Themen, die du im Blogbeitrag aufgezählt hast, weil es mir schon sehr wichtig ist, dazu etwas zu sagen. Gerade jetzt, wo alles wieder in Frage gestellt wird. Da muss ich etwas sagen.

    Lorenzo

  21. @Lorenzo: Wie du anhand der neueren drei Blogbeiträge siehst, gelingt es mir auch nicht, zu Aktuellem zu schweigen!

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