„So ein Aufreger morgens tut aber auch gut. Da kochen die Emotionen hoch, man fühlt sich gleich wacher und lebendiger“, sagt ein lieber Freund auf meine selbstkritischen Bemerkungen zum morgendlichen Medienkonsum. Dagegen warnt „Bill Bonner“ auf Schrott&Meyer vor den Gesundheitsgefahren zuvieler News:
„Nachrichten aktivieren laufend das limbische System. Panik erzeugende Nachrichten erhöhen die Ausschüttung von Cortisol im Körper. Dies verändert das Immunsystem und hemmt die Freisetzung von Wachstumshormonen. Mit anderen Worten: Ihr Körper befindet sich dann in einem Status des chronischen Stresses. Ein entsprechend hohes Cortisol-Niveau kann die Verdauung stören, das Wachstum verschwinden lassen (von Zellen, Haaren, Knochen), es kann zu Nervosität führen und zu erhöhter Anfälligkeit für Infektionen. Weitere mögliche Effekte sind Furcht, Aggression, Tunnelblick und Desensibilisierung.“
Nun ja, aber welche Nachrichten erzeugen schon PANIK?? Am nächsten an „Panik“ komme ich lange vor dem Blick auf die News, nämlich dann, wenn es gleich beim ersten Klick heißt „diese Seite ist derzeit nicht erreichbar“. Vermutlich ist es aber bereits Folge von Tunnelblick und Desensibilisierung, dass mir eine marginale Netzverbindungsstörung als persönlicher GAU erscheint. Was ist das schon gegen echte Probleme, wie sie auf der Welt massenweise ins Licht der Aufmerksamkeit drängen?
„Ein Ventil für die tägliche Wut“ lautet der Untertitel des Blogs „Kultur banal“. So könnte man viele Blogs überschreiben und oft genug fühle ich mich auch danach, meinem Ärger per Blogpost Luft zu verschaffen. Zum Glück ist da auch eine Hemmung, die mich zuvor fragen lässt: steht das jetzt dafür? Ist bloßes Auskotzen gerade mutwillig „eingeatmeter“ Aufreger sinnvoll?
Manchmal ja. Zum Beispiel gefällt mir Sammelmappes „Witz des Tages“, weil er einen Gedanken anstößt, der in anderen Medien nicht formuliert wurde. Manchmal nein, wie etwa, wenn sich dasNuf in „Geht euch doch selbstverwirklichen, ich geh arbeiten“ allen Ernstes über ein Video erregt, in dem Studenten ermuntert werden, sich zu fragen, was sie im Leben wirklich gerne tun würden, anstatt nur ans Geld verdienen zu denken.
Indem ich aber über Letzteres den Kopf schüttle, evtl. gar einen Kommentar dort anbringe, bin ich auch wieder Teil der medialen Erregungskurve und biete anderen Anlass, sich ihrerseits über mich aufzuregen.
Bringt das alles irgend etwas – über den Konsum von Emotionen hinaus? Ich weiß, vielen erscheint das als die falsche Frage, denn wer bloggt, entscheidet die Sinnfrage individuell und hat auch jedes Recht dazu.
Dennoch treibt mich diese Überlegung immer wieder um: Gerne würde ich etwas GANZ ANDERES tun, sowas wie Freude machen, Hoffnung vermitteln, Gemeinschaftsgefühle stärken, Lust auf Veränderung und ein positives Miteinander machen, anstatt die um sich greifende Misantrophie zu stärken. Letztlich lande ich dann aber doch immer wieder beim „Aufreger versammeln“.
Unbefriedigend!
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16 Kommentare zu „Von der täglichen Wut“.