Wo ich denn mit meinem Reisebericht abgeblieben sei, fragte Mohnblume in den Kommentaren zum ersten Kambodscha-Artikel. Recht hat sie, der ist nun schon fast drei Wochen her und ich hätte längst mehr schreiben wollen! Aber wollen und machen sind hier zweierlei Dinge, die in der tropischen Hitze erstmal zusammen finden müssen. Wenn ich dazu noch soviel erlebe, dass ich gar nicht weiß, wo anfangen, wenn ich dann endlich vor dem Laptop sitze, dann belasse ich es oft genug beim Nötigsten, nämlich meinen Auftragsarbeiten, die auch aus der Ferne erledigt werden müssen.
Das Anstrengende an so einer Reise in einen ganz anderen Kulturkreis ist – neben dem Klima, an das ich mich mittlerweile gewöhnt habe – die komplette Andersartigkeit sämtlicher Dinge des Alltags.
Meist berichten Reisende ja vor allem das Spektakuläre, die großformatigen auffälligen Besonderheiten, die man dann auch immer wieder liest. Mir erscheint dagegen gerade erwähnenswert, dass nicht einmal ein Flaschenöffner so ist, wie man das bei uns gewohnt ist. Gestern hab‘ ich nämlich einen beschädigt, indem ich versuchte, mittels einer in Blech gefassten Öffnung an dem seltsam geformten Teil einen Kronkorken zu öffnen. Tja, der Korken blieb dran, das Blechteil sprang ab, es war nur eine VERZIERUNG!
Die Andersartigkeit der Toiletten findet eher meinen Beifall: Überall dort, wo die traditionellen Bodenschüsseln schon durch Sitz-Klos ersetzt wurden, gibt es neben der Wasserspülung einen zusätzlichen Schlauch mit eigenem Wasseranschluss. Natürlich auch noch Toilettenpapier für die, die es dennoch brauchen, doch finde ich den Schlauch sehr fortschrittlich und weit hyginischer als unseren heimischen Purismus, der vom französischen Bidet nichts gelernt hat. Klar, kostet ja mehr wegen des zusätzlichen Wasseranschlusses – doch in einem ARMEN Land wie Kambodscha leistet man sich das!
Armut ist relativ
So relativieren sich manche Bewertungen, die beim ersten Hinsehen so naheliegend erscheinen. Phnom Penh hat zum Beispiel kein öffentliches Nahverkehrssystem. Versuche mit einer Buslinie durch die Hauptstraßen sind gescheitert, da diese von der Bevölkerung nicht angenommen wurden. Na klar, denn hier kann man sich von überall nach überall bequem von Tür zu Tür transportieren lassen – mittels Fahrrad-Rikscha, TukTuk oder Moped, die nicht nur für Touristen sehr erschwinglich sind.
Dass offensichtlich viele Rikscha-Fahrer keine Wohnung haben, sondern in ihren Gefährten nächtigen, ist dann wieder undiskutierbar ARM. Und doch sieht man hier selten schlecht gelaunte Menschen, für mich der drastischste Unterschied zu Deutschland neben den Körperformen: hier sind alle schlank, agil, sehr beweglich – an der Beleibtheit und sichtbaren Kränklichkeit erkennt man den Europäer. Dabei sind es doch WIR, denen es richtig GUT geht – oder nicht?
Dieses seltsame Objekt ist nicht etwa moderne Kunst, sondern ein Kabelbaum, wie sie hier überall herum stehen. die Stromversorgung ist dennoch kontinuierlich, zumindest, soweit ich es in meinem Besserverdiener-Viertel an der Riverside von Phnom Penh mitbekomme. Straßenbeleuchtung ist jedoch nicht weit verbreitet, manchmal stehen da zwar die Leuchten, doch es ist kein Geld da, sie auch zu betreiben. So kann es ganz schön finster werden in so manchen Gassen, und zwar schon um halb sieben, nicht nur im „Winter“.
Kambodschaner stehen deshalb sehr früh auf, die vielen Mönche noch früher – und da die Pagoden dicht gesäht sind, wird man am frühen Morgen des öfteren vom Singsang diverser Zeremonien geweckt. Meist sind es Begräbnisse oder Hochzeiten, die dann den ganzen Tag über zelebriert werden – mit einem Aufwand an Material und Einsatz, der auf mich recht befremdlich wirkt. Auch da relativiert sich das Verständnis von Armut: wer hätte denn bei uns soviel Zeit und Geld, dem Zeremoniellen so viele Ressourcen zu gönnen?
Zum Schluss für heut wieder ein Bild, das für sensible Gemüter eher gewöhnungsbedürftig sein dürfte:
Auf Mopeds wird einfach ALLES transportiert, so auch diese Hühner. Da es keine Kühlkette gibt, vermeidet man vorzeitiges Schlachten. So negativ mich so ein Anblick berührt, so sehe ich doch auch das glückliche und artgerechte Hühnerleben, das sich quasi überall einsehen lässt: auf den Straßen, in Gehöften und Hinterhöfen, in Restaurants und Werkstätten: überall laufen Hühner frei herum und dürfen machen, was sie wollen. Kein Vergleich zu unserer Käfig und sogar Freilandhaltung!
Demnächst schaffe ich es vielleicht, die „großen Themen“ zu bringen, denen ich hier begegnete: die Khmer-Hochzeit, das Jatropha-Projekt – und natürlich die Brunnen in Tani, die ich hier nicht einfach dazwischen schieben und mit einem Absatz abfertigen wollte.
Bis dahin alles Liebe aus der Ferne!
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
16 Kommentare zu „Alltägliches aus Phnom Penh“.