Nein, ich will nichts über die brisante Zuspitzung in der Ukraine schreiben, nicht über die einseitige Berichterstattung lästern und auch nicht darüber, dass trotz der eskalierenden Lage auf Twitter #Tatort, #jauch und #dsds trenden. Offenbar gelingt es vielen, von allem, was droht und ängstigt, einfach abzusehen. Z.B. auch davon, dass unsere Daten nirgendwo mehr sicher sind: 75% geben an, nichts am eigenen Verhalten geändert zu haben. Andere „Aufreger“ muss man künftig nicht mal mehr selber ignorieren: Dass wir bald keine Fleischskandale mehr haben werden, weil die EU eine Geheimhaltungspflicht für die Kontrollbehören einführen will, wird uns vor einer Menge unschöner Nachrichten schützen. Und „bloßstellende Bilder“ werden jetzt auch endlich verboten. Niemand soll behaupten, die Politik unternehme nichts für unseren inneren Frieden, wenn der äußere schon den Bach runter geht! Selber schuld, wenn man noch Artikel zum Klima-Bericht liest, oder gar die Kommentare darunter! Oder sich von der Aufforderung des Schweizer Armee-Chefs beunruhigen lässt, der das Anlegen von Notvorräten empfiehlt: auf Cyber-Angriffe sei ja niemand wirklich vorbereitet.
Eigentlich will ich mich grade innerlich sammeln und beruhigen, indem ich blogge. Mich auf etwas Bestimmtes konzentrieren, das aus der Masse der Nachrichten und Verlautbarungen des Tages heraus ragt oder über etwas schreiben, das mich davon ablenkt – wie etwa die Tomaten-Anzucht auf meiner Fensterbank. Aber heute will mir das partout nicht gelingen, überall nehme ich exorbitante Steigerungen der Feindseligkeiten war. Bei den Piraten, einstmals Hoffnungsträger im politischen System, ergießen sich Hasswellen über den noch nicht zurück getretenen „Restvorstand“, der beschimpft, angegriffen, beleidigt, verklagt und angezeigt wird. Fundamentalistische Trolle sorgen mit öffentlichen Aufrufen dafür, dass auch in der normalerweise friedenspolitisch engagierten evangelischen Kirche wieder interne Glaubenskriege ausbrechen. Der Hass im Internet wird immer öfter Thema, einschließlich der absurden „Liebe zum Hass“. Es ist aber nicht „das Netz“, auch draußen im richtigen Leben geht die Post ab. In ganz Europa werden die Roma verfolgt und schikaniert, man sucht wieder Sündenböcke und ist dabei nicht zimperlich. Je mehr „soziale Schieflage“ der Finanzkapitalimus den Bevölkerungen zumutet, desto größer wird der Bedarf, Schwächere auszugrenzen, um sich so noch „als was Besseres“ fühlen zu können. Rechte Parteien sind überall auf dem Vormarsch, Israel konfisziert und bebaut weitere Flächen im Westjordanland, in Syrien geht der Giftgas-Krieg weiter, tausende afrikanische Kriegs-Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia stranden nun in Agrigent statt Lampedusa. Wo man hinschaut, breitet sich MEHR Chaos aus – was ist nur los mit der Welt?
Optimierung komplexer Systeme
Veränderung von Gleichungen
Ökonomie der Knoten in den Sätzen
aber du, wie du die Massakermaschine
ausschaltest, mein Text.
Schade, dass mein Text das heute nicht kann. Leider auch an keinem andern Tag.
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Update, 18.54: Doch noch was Positives, ausgerechnet bei den Piraten: sie haben sich offenbar mal nicht gestritten, sogar zusammengearbeitet…
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7 Kommentare zu „Vom Verschwinden der Friedlichkeit“.