Einfach abhauen, im Netz nurmehr die Brotarbeiten erledigen und mich ansonsten auf die „Carbon-Welt“ konzentrieren – am Wochenende war ich nahe dran! Soviel Hass und Aggressivität, überall Feindseligkeiten, Häme, Schadenfreude, Jammern, Schimpfen, Anklagen, der-die-das-muss-weg-Geschreibsel. Ich verzichte auf die belegenden Links, es kotzt mich einfach nur noch an. Mache es aber selber auch nicht viel besser…
Natürlich ist es nicht „das Internet“, sondern die Welt, die sich hier einschreibt und vermittelt. Eine erste Titel-Version hieß „Netz-müde, News-müde, Blog-müde, Politik-müde – und dann…“ – wobei das im Text weiter gegangen wäre mit „…und dann ein Artikel wie dieser: Bruchreif – bestimmt der wichtigste und liebevollste, friedlichste und ehrlichste Text, den ich seit langem rund ums Thema Einwanderung/Migration/Generationen gelesen habe!
Das hilft aber nicht darüber hinweg, dass ich massenhaft hochgradig frustrierende Infos aufnehme, Tag für Tag. Mehr als jemals in früheren Zeiten ausschließlichen TV-, Radio- oder Zeitungskonsums. Darunter viele beängstigende Nachrichten, die den Niedergang der Gesellschaft in Richtung Barbarei illustrieren, wie etwa die Info, dass jeder dritte Jura-Student die Todesstrafe befürwortet und jeder zweite die Folter. Mich trifft das besonders, denn ich hab‘ auch mal Jura studiert, zwar abgebrochen mit „allen Scheinen“, aber doch lange genug drin gesteckt. Schon damals waren die Kommilitonen eher konservativ, Freundschaften entstanden in diesem Studium nicht. Aber dass es mit dem Bewusstsein der künftigen Hüter des Rechts derart abwärts gehen würde, hätte ich nie für möglich gehalten. Nicht bei uns in DE!
Erschienen ist der Artikel in der ZEIT, die darunter keine Kommentare zulässt – vermutlich weil befürchtet wird, dass die „Kopf-ab-Fraktion“ sich lautstark zu Wort meldet. Überhaupt wird das Kommentieren von den „Leitmedien“ unter brisanten Themen kaum mehr zugelassen. Angesichts dessen, was sich in den Kommentaren da oft abspielt, kann ich das sogar verstehen. Gespenstisch wirkt es allemal.
Gespenstisch ist auch die Plattheit der Debatten, die Denkfaulheit der jeweiligen Akteure, wie sie Frank Lübberding grade im Blogpost „Hooligans und Salafisten“ so eindrücklich vorführt. Alles, was er da anführt, hab‘ ich auch gelesen – und immer stehen mir quasi die Haare zu Berge und ich verzweifle schier am Eindruck, den mir all dieser Schrott von meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vermittelt. (Ja genau, ich nenne da #ausgründen Frauen explizit mit!)
Ein anderer Aspekt meines gefühlten „Netz-Frusts“ ist die Verteilung der Aufmerksamkeit. Irgendwelcher Pipifax wird massenhaft geteilt, wirklich wichtige, tiefer schürfende Inhalte, die zum Nachdenken anregen kann man mit der Lupe suchen. Aufreger sind grundsätzlich willkommen, manche kommen im Abo, wie etwa das zweimal jährliche Genöhle über die Zeitumstellung oder über zu frühe Weihnachtsartikel in den Supermärkten.
Ja, ich bin selber schuld, schließlich könnte ich viel mehr ignorieren, wegschauen, gar nicht erst hinklicken. Das ist allerdings ein zweischneidiges Schwert, denn man kann ja kaum selektiv auf einen News-Aggregator schauen und „verpasst“ so vielleicht auch nützliche Nachrichten und aufbauende Postings. Zudem geht es in der Welt doch nicht um mein Befinden und „Kopf in den Sand“ ist für kein Problem eine Lösung, oder?
LÖSUNGEN? Wem geht es denn noch um so etwas, könnte ich dagegen halten. In vielen Bereichen scheinen die Menschen wie Scheuklappen-bestückte Automaten aneinander vorbei zu publizieren und zu agieren. Miteinander ernsthaft reden, auf Argumente eingehen, die Haltung des Gegenübers verstehen – wer will denn das noch?
Manchmal wünsche ich mir die fröhliche Ignoranz, wie sie Georg Kreisler in seinem Lied vom „Blumen gießen“ so trefflich besungen hat. Warum gelingt mir das nicht? Warum kann ich mich nicht in ein Hobby versenken und über Stricklieseln, Mode oder Deko-Basteln bloggen? Selbst in meinem Themen-Blog Unverbissen-vegetarisch geht mir das verbreitete Nur-noch-Rezepte-Bloggen der Veggie-Szene auf die Nerven und ich halte mühsam dagegen.
Aber vielleicht ändere ich mich ja gerade. Die Idee, zumindest eine begrenzte Zeit lang mal „aus dem Netz zu verschwinden“ kommt mir immer öfter in den Sinn. Da draußen scheint die Sonne, warum sitze ich nur hier und widme mich mutwillig irgendwelchen gefühlten Missständen?
Verrückt, total verrückt!
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8 Kommentare zu „Netz-Frust“.