Gestern sah ich im RBB die Sendung „Krank durch Früherkennung“. Die in der Doku vermittelten Fakten über den fehlenden Nutzen der „Gesundheits-Checks“ sowie gängiger Früherkennungsuntersuchungen sind erdrückend, werden aber von bundesdeutschen Institutionen weitgehend ignoriert. Auch der Frage, warum das so ist, geht die Sendung nach und deckt das große Interesse verschiedener Akteure auf, aus eigentlich gesunden Menschen Kranke zu machen.
Anklagen und beschimpfen reicht nicht
Das ist nur einer von vielen Missständen, denen ich im täglichen Medienkonsum begegne. Ich rege mich dann furchtbar drüber auf, dass hier eine maßlose Ressourcenverschwendung im Gange ist, während an anderer Stelle (etwa beim Personal, in der Pflege, etc.) gespart wird und vielen Menschen sogar die Kostenübernahme für Medikamente verweigert wird, die ihnen helfen würden.
Und was folgt? Selten mal ein Blogpost, in dem ich das Thema kurz anreisse, meinen Abscheu kund tue, die böse Welt beklage – und das wars. Meist kommt es aber nicht dazu, da die Aufregerthemen eigentlich viel zu viele sind, als dass ich sie alle „verbloggen“ könnte. Aber selbst WENN ich drüber schreibe, dann lesen das vielleicht ein paar Stammleser und einige wenige Spontanbesucherinnen. Die Infos im Film würde ich nicht alle wiedergeben, sondern ganz ebenso wie die drüber schreibenden Journalisten nur einen Punkt rauspicken. Meist war das in den Reaktionen der Medien die Mammographie, die aber nur einen kleinen Teil der Sendung ausmacht. Das wirklich Wichtige, die großen Studien über lange Zeit mit zigtausenden Patienten, die „Hard Facts“ über all die vielen „Checks“ – grade sie gehen meist unter, denn es macht Arbeit, das mitzuschreiben, die Links zu den Studien zu suchen, und alles in einer komprimierten, nutzbaren und leicht zu findenden (!) Form darzustellen.
2. Beispiel: Männerbewegung versus Feminismus
Ich lese sowohl feministische als auch männerbewegte Blogs und sehe da im wesentlichen „Kampfgeschehen“, fast nie eine wirkliche Auseinandersetzung mit Argumenten und Fakten. „Auseinandersetzung“ bedeutet für mich, dass zwei unterschiedlich motivierte Seiten sich respektvoll mit dem Vortrag und den Interessen der Gegenseite befassen und man gemeinsam nach Lösungen für konkret benannte (!) Missstände sucht. Statt dessen dominiert das Niedermachen, die Brandrede, die Anklage (wenn mal nicht im Posting, dann in den Kommentaren), sowie komplette Ignoranz – und vor allem bleiben beide Seiten ganz in ihrer jeweiligen Filter-Bubble und bestätigen sich da gegenseitig, auch indem sie vom 100. ins 1000. kommen. Wie öd! Wie wenig nützlich….
Im Kommentargeschehen mitzustreiten bringt da kaum etwas. Kommentiere ich als Frau in einem „Männerblog“ und bringe sachliche Gegenargumente, bin ich sofort für die versammelte Stammleserschaft Projektionsfläche für alles, was sie Feministimmen oder Frauen insgesamt vorwerfen. Mache ich dasselbe in einem „netzfeministischen“ Blog, werde ich oft gar nicht erst frei geschaltet oder es gibt nicht mal eine Kommentarfunktion.
Klar, auch hier wäre die normale Blogger-Reaktion, einfach mal an einem Punkt einzusteigen und mitzustreiten. Meist wären das Artikel, die wenig Nutzen haben, weil man den gesamten Kontext kennen muss, um ihn zu goutieren. Also nur spannend für wenige zwischen den Welten schweifende Vielleser/innen und sowieso schnell in der Vergangenheit versackt. Aber entlastend fürs Gemüt: ich hab immerhin gesagt, was ich denke – ab zum nächsten Thema!
Informieren statt streiten
Mir reicht das nicht, das merke ich immer öfter und schreibe lieber gar nichts als etwas wenig Hilfreiches. Aber ich denke über Alternativen zumindest nach. Informative Seiten zu konkreten Themen mit allen erhältlichen Infos und Fakten gespickt – das wäre echter Dienst an der Informations- und Diskussionskultur, denn Kontrahenten (und deren Mitlesende) könnten darauf verweisen, bzw. die Seite als Info-Steinbruch verwenden.
Wie gerne würde ich auf diese Art webben: Dienen statt ranten! Aber verdammt nochmal, das macht viel Arbeit und im Moment sehe ich da kein Land. Vordringlich ist (neben meiner derzeit verdichteten „Brotarbeit“) im Moment das erneute Spenden sammeln fürs „Formularprojekt“, das grade im 8.Monat läuft und unbedingt ein zweites Jahr finanziert werden muss.
Aber hey, die Hoffnung stirbt zuletzt! Immerhin hab ich jetzt schon mal drüber geschrieben… :-)
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20 Kommentare zu „Dienen statt ranten: Vom Umgang mit Aufregern“.