Wolf Schneider, der seit mehr als 20 Jahren „Connection – das „Magazin für’s Wesentliche“ heraus gibt, schreibt in seinem aktuellen Blog-Artikel:
„Mystik ist die direkte, unverstellte Wahrnehmung der Wirklichkeit, wie sie ist.“
Er grenzt diese Wahrnehmung einerseits gegen die Alltagswahrnehmung ab, die er als von Begriffen, Vorurteilen und Erwartungen verstellt beschreibt, andrerseits von der „mystifizierenden“, glorifizierenden und verklärenden Sicht vieler Esoteriker, die mit ihrem kindlichen Bedürfnis nach einer wieder verzauberten Welt nur einen weiteren Schleier über die Wirklichkeit legen.
Ein lesenswerter Artikel, insbesondere für alle, die sich gelegentlich einen Parkplatz zaubern oder beim Universum einen Scheck bestellen.
Dem aufklärerischen Tenor des Artikels schließe ich mich applaudierend an. Ob aber Mystik „die direkte, unverstellte Erfahrung der Wirklichkeit“ ist, weiß ich nicht. Mystisches Erleben wird in großem Konsens als das Rationale übersteigend beschrieben: Erst DANACH schaltet sich der übliche Verstand wieder zu und bemüht sich um Erinnerung und Deutung des Erlebten.
Wie kann man dann aber behaupten, dies sei „eine Wahrnehmung der Wirklichkeit, wie sie ist“? Ich behaupte, auch die soziale Wirklichkeit, in der wir leben, ist REAL: Wir Menschen und unsere jeweiligen Verhältnisse sind tatsächlich so, wie sie zu sein scheinen – weil und insoweit wir diese Welt in unserer „von Begriffen, Vorurteilen und Erwartungen verstellten“ Sicht so erschaffen und täglich erhalten.
Die (aus Sicht des Absoluten) „verstellte Sicht“ ist wiederum nichts willkürlich Entstandenes, gar frei Gewähltes. Sie hat sich vielmehr aus den physischen Tatsachen unseres Daseins in Millionen Jahren entwickelt. Was lebt, will überleben, damit fängt es ja schon an. Und es endet noch lange nicht bei dem, was wir heute als immer noch gierige und meist auch recht egozentrische Wesen im globalisierten Kampf ums Dasein so abziehen.
Nicht immer schön, aber doch real!
Dass es Momente gibt, in denen sich Menschen mit allem eins fühlen und von diesem Blickwinkel aus alle Bewertungen als müßig erkennen, macht diese Welt, wie sie sich uns üblicherweise zeigt, doch nicht unwahr. Es ist die Welt, in der wir allermeist leben und unseren Geschäften nachgehen – auch jeder „Erwachte“ muss schließlich Miete zahlen.
Gestern hat mich ein lieber Freund zur Kürze ermuntert. Ich mach hier also einfach mal Schluss! :-)
Im Bayon-Tempel im Morgengrauen – noch ganz ohne Touristen (außer uns).
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
24 Kommentare zu „Was ist Wirklichkeit?“.