Endlich hab‘ ich etwas gefunden, das mich vom schier unwiderstehlichen Zwang zum Rauchen befreit. Frei vom Tabak, frei von Asche und Tabakkrümeln, muss ich auch nicht mehr soviel Geld ausgeben, nur um mir selbst zu schaden. „Niquitin“ heißt das Ersatzmittel – ich meine die LUTSCHTABLETTEN, nicht die viel bekannteren Kaugummis und Pflaster!
Im Moment reicht mir eine halbe Tablette alle paar Stunden, die ich langsam im Mund zergehen lasse. Eine enthält 4 Milligramm Nikotin, es gibt sie auch mit zwei Milligramm. 72 Tabletten kosten zwischen 19 und 24 Euro. Mit Niquitin der Sucht zu fröhnen ist also, wenn man sich zum Beispiel auf fünf Tabletten täglich beschränkt, billiger als per Glimmstengel – für mich gleich nach der Gesundheit ein wichtiger Teil der Motivation fürs Aufhören. Tabletten kann man zudem ÜBERALL lutschen: In der Sauna, in einer Besprechung, im Flugzeug und in jedem Nichtraucherbereich dieser Welt.
Besser als Kaugummis und Pflaster
Pflaster haben bei mir nicht funktioniert. Es fehlt ihnen die orale Komponente und die deutlich spürbar einsetzende Wirkung nach Anwendung. Auch bei Kaugummis hab ich mich gefragt, ob ich mir die Wirkung, nicht nur einbilde und letztlich doch wieder zur Zigarette gegriffen. Vielleicht hab‘ ich sie immer zu schnell zerkaut, so dass vom Nikotin nicht genug aufgenommen wurde. Im Beipackzettel der Tabletten steht auch etwas von „besserer Verfügbarkeit“, verglichen mit den Kaugummis.
Mir ist bewusst, dass ich damit keinen Schritt mache, der Sucht zu entkommen. Sie erscheint mir allerdings „pur“ als ein sehr viel kleineres Übel als die Teerlasten, die ich meiner Lunge aufbürde, wenn ich exzessiv rauche. Ich werde insgesamt fitter und gesünder werden, denn viele Beeinträchtrigungen verdanken sich den schädlichen Zusatzstoffen, die mit dem Rauch inhaliert werden, nicht dem Nikotin allein.
Warum alle Welt (sogar Apotheker!) nur die Plaster und die Kaugummis, nicht aber die Lutschtabletten kennt, ist mir ein Rätsel. Sie wirken sehr viel besser als die anderen Verabreichungsformen: binnen weniger Minuten breitet sich ein sattes, zufriedenes, vollständiges Gefühl in Körper uns Psyhe aus (das, was Nichtraucher IMMER haben!). Der „Schmacht“ nach dem nächsten Glimmstengel ist wirklich weg – wie wunderbar!
Erholung – keine Befreiung!
Die Gefahr der Tabletten liegt darin, dass es auch mit ihnen auf Dauer keinen „Frieden mit der Droge“ gibt. Freunde berichteten davon, dass sie die Anzahl der eingenommenen Tabletten langsam steigerten bis Nebenwirkungen (etwa Hautauschläge) auftraten. Setzt man dann die Tabletten ab und raucht wieder, hängt man wieder an der Kippe und vermisst zusätzlich (!) die Tabletten.
Im Moment ficht mich das aber nicht an. Der Lunge Erholung zu gönnen erscheint mir vordringlich, anderen Problemen widme ich mich, sobald sie sich zeigen. JETZT freue ich mich erstmal über die neue, entspannte Lage an der Suchtfront. Es hat mich ja so angewidert, täglich zweimal die Tastatur umdrehen und ausklopfen zu müssen, um sie von den angesammelten Tabakkrümeln und Aschepartikeln zu befreien. Ständig darauf achten müssen, immer genug Tabak, Blättchen und Drehfilter da zu haben, bzw. mit mir zu tragen, konnte auch ziemlich nerven.. Die häßliche gelbe Verfärbung an Mittel- und Ringfinger, zwischen die ich die Kippe immer klemmte, ist schon fast verschwunden und die Lust, raus zu gehen und mich zu bewegen nimmt spürbar zu.
Kapitulation vor der Sucht
Der Umstieg auf die Tabletten ist eine Kapitulation vor der Sucht. Ich gebe erst einmal den Gedanken auf, irgendwelche Anstalten zu machen, davon weg zu kommen. 37 Jahre als Raucherin mit nur kurzen Unterbrechungen entfalten physisch und psychisch eine formende Kraft, gegen die mein Wille nicht viel ausrichtet. Es heißt ja immer: Man wird vom Rauchen nur frei, wenn man wirklich will. Was aber ist dieser Wille? Wer ist es, der ihn „hat“???
Bei mir war der Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören, immer aus Angst geboren: ein Risiko mindern, Schäden vermeiden, etwas weglassen, was belastet, nicht etwas gewinnen, wonach es mich verlangt. Also insgesamt ein vernünftiger Gedanken, aber kein intensiv gefühlter Wunsch, aus dem ein fester Wille und dann eine neue Wirklichkeit entstehen kann. Nikotin ist ja eine Joker-Droge, die immer gerade so wirkt, wie es der Süchtige braucht: entspannend, anregend, konzentrierend, inspirierend, Aufmerksamkeit erhöhend (letzteres steht sogar unter „Nebenwirkungen“ im Beipackzettel der Tabletten!). Ich hab mir nie wirklich gewünscht, diese Wirkungen nicht mehr „auf Knopfdruck“ zur Verfügung zu haben – es ist der Ausdruck eines tief sitzenden Kontrollbedürfnis: was gerade nervt, will ich ändern, nicht etwa mich darin üben, die Dinge hinzunehmen, wie sie gerade sind. „Ich“ kann derzeit also gar nicht vom Nikotin loskommen wollen, denn das, was ich als „ich“ wahrnehme, ist bereits eine Symbiose mit der Droge. Die „Nikotinbestie“, die ich bei einem früheren Versuch, nicht zu rauchen, als etwas von außen kommendes ansah, ist in Wahrheit ein Teil von mir – und nicht so einfach abzuspalten oder gar zu vernichten, wie ich (bzw. die Vernünftige) es gerne hätte.
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Update Januar 2014: Ich hab‘ nun endlich etwas gefunden, das mich vom Rauchen befreit, ohne dass ich das, was mir daran gefällt, aufgeben müsste. Lies mehr in meinem neuen Umsteigerblog!
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16 Kommentare zu „Lunge entlasten mit Nikotintabletten“.