Einfach mal in die Tasten tippen und schauen, was dabei heraus kommt. Nicht lang überlegen, immer im Rhythmus bleiben – oh, jetzt hab‘ ich den verbotenen Gedanken gedacht und schon stockt das Ganze, noch bevor es richtig angefangen hat. Okay okay, also lieber Zeit lassen, die Leere im Hirn genießen, nicht nach Themen und Lesern fragen, nicht nach arbeit, die lautstark nach mir ruft und nicht nach dem nächsten Kaffee, für den die Milch nicht mehr reicht, sondern erst beim Bäcker gegenüber geholt werden muss.
Es ist halb neun und schreibend komme ich mir vor, als würde ich die Schule schwänzen. Ich verbrauche Energie, die für andere Dinge verplant ist, um Sätze aneinander zu reihen, einfach nur, weil es mich glücklich macht. Manchmal schreib ich nur kurz, wie jetzt, manchmal dauert so eine Session aber auch bis zu zwei Stunden; dann ist eine Pause fällig, in der ich allenfalls mechanische Dinge tun kann, ganz gewiss nichts Kreatives mehr!
So manches mal verschwindet auch schon recht früh am Tag die Bereitschaft, immerzu auf einem Stuhl zu sitzen. Der Körper mag einfach nicht mehr – und das wirkt sich auf alles aus, was ich dann noch tue, denke, schreibe und gestalte, nicht unbedingt zu dessen Vorteil.
Lieber mal aufstehen – BEVOR es richtig ätzend wird! – und eine Yoga-Übung einschieben. Kaum etwas regeneriert, erfrischt, belebt, beruhigt und klärt die Gedanken in kürzerer Zeit.
Zum Beispiel mach‘ ich gerne die Vorbeuge: Rücken gerade, aus der Hüfte heraus langsam „abknicken“, den Oberkörper nach unten hängen lassen, die Haare berühren den Boden, ein ulkiges Gefühl. Durch die Beine hindurch sehe ich die Welt um 180 Grad gedreht, ich schaukle mit dem Kopf, um sicher zu sein, dass er ganz locker nach unten baumelt – wie angenehm!
Zumindest sieben Atemzüge sollte man in einer solchen „Asana“ ausharren, so lange dauert es nämlich, bis alle Ebenen meines Wesens die Veränderung bis in ihre Einzelheiten mitbekommen und mitgefühlt haben. Bei Übungen wie dieser bleibe ich auch gerne länger in der Stellung, genieße sie richtig, ja, ich genieße alle Übungen, die nicht auf aktiver Muskelanspannung (Kraft-ausübung) beruhen – vermutlich einer der Gründe, warum ich „zusätzlich“ ins Fitness-Center gehe. Dort begegnet mir das Thema Kraft nämlich als „Problem mit einem Gerät“ – und DaS ist schließlich eine heute ganz übliche und ausgesprochen gewohnte Form, der Welt ins kalte auge zu schauen.
Tja, und wenn ich das mal so aus der Distanz betrachte, stelle ich fest, dass ich auch im Center die Gerätschaften tendenziell eher meide, die Zeiten werden kürzer, die Wiederholungen weniger, eigentlich macht mir das Ganze schon keinen Spaß mehr. Dafür sind Fitness und ausdauer im Cardio-Training (Walken, Rudern, Steppen) gewaltig gewachsen. Im letzten September schaffte ich gerade mal zehn Minuten, heute laufe, rudere und steppe ich locker eine dreiviertel Stunde, fühl‘ mich dabei blendend und genieße das Schwitzen. Dazu 20 Minuten nicht mehr so richtig ernst gemeintes Krafttraining, und dann, ja dann geht’s in mein persönliches Paradies, die SaUNa. (Ohne die Sauna wär‘ ich nämlich gar nicht erst Mitglied geworden!)
Wenn ich dann hinterher auf der Bäderliege entspanne, empfinde ich jedes Mal große Dankbarkeit für das mir ohne Zutun geschenkte Dasein in der entwickelten Industriegesellschaft, die dieses privilegierte Schwelgen im reinen Wohlgefühl ermöglicht: in Frieden und Freiheit, mit frischer Luft und sauberem Wasser, zu einem für die große Mehrheit erschwinglichem Preis. Wer hat das schon, mal weltweit umher geschaut? Schade nur, dass es für selbstverständlich genommen wird und kaum noch jemanden glücklich macht. Die meisten laufen hierzulande mit einer Miene herum, als hätten sie in den Wüsten des Sudan Hunger und Krieg zu erleiden oder neben den lecken Pipelines im ölverseuchten Nigeria dem Shell-Konzern ein paar Dollar abzubetteln. Aber was rede ich, vermutlich sehen die Leute dort vergleichsweise gut aus, sind weder übergewichtig noch neurotisch und lachen sich ganz oft an!
Diesem Blog per E-Mail folgen…