Gestern sah ich auf ARTE den Film „The big Pink“ – die Geschichte einer sehr ungewöhnlichen Familie: eine Frau, ihre fünf Kinder und drei Männer, ihr Leben in Kalifornien, Thailand, Italien, Portugal, Tansania und Senegal. Zuvor schon war eine Dokumentation über den Hippie-Trail gelaufen, über die Zeit Ende der 60ger-Jahre, als der große Aufbruch zum ganz anderen Leben alle Welt erfasste: wer jung genug war, machte sich auf, hielt den Daumen in den Wind oder startete mit dem VW-Bus Richtung Süden: Marokko, Afghanistan, Indien – das große Abenteuer lockte, das zu den damaligen Zeiten ohne jede touristische Infrastruktur auch noch wirklich eines war.
Beide Filme boten viel Originalmaterial, Monica Neven Dumont (die Frau aus The big Pink) hatte auf all ihren Stationen und Reisen viel gefilmt, dazu erklang sehr kundig arrangierte Musik – und nicht nur die Gassenhauer, sondern all die subtilen Stücke mit guten Texten und einem Sound, der das Lebensgefühl dieser wilden Zeit, ihre großen Sehnsüchte und Utopien wundervoll ausdrückte. Ich war jedenfalls schwer ergriffen und wehmütig berührt: wie INTENSIV damals das Lebensgefühl doch war, wie weit entfernt von jeglicher beengenden Ängstlichkeit, von Konkurrenzdenken und Ellenbogenmentalität. Ein WUNDER, dass es das tatsächlich gab!
Selber war ich damals ein paar Jahre zu jung, um mit auf die Reise zu gehen, doch mein erster Freund trampte rund ums Mittelmeer und die allgemeine Atmosphäre der Hippie-Kultur mit ihrer Ablehnung des Bestehenden, mit ihren einfachen Rezepten für ein besseres Leben (Friede, Freude, Liebe…) hatte mich voll erfasst. Wenn ich das heute sehe, beeindruckt mich die Kraft des Zeitgeistes ungeheuer: es erschien tatsächlich MÖGLICH, aus allem, was anödet, nervt und langweilt, heraus zu kommen, indem man es einfach abwirft wie eine alte Haut und eben auf die Reise geht – die äußere und die innere.
Wenige Jahre erschien Utopia machbar, Geld spielte keine Rolle, man war fröhlich und freundlich zueinander und Fremden gegenüber aufgeschlossen. Die Männer sahen anders aus als üblich: weicher, langhaarig und weiblicher. Nicht der coole Kämpfer war angesagt, sondern der Lover, der Träumer, Sänger und Poet. Man saß in der Sonne, hörte Musik, rauchte Haschisch und war glücklich – aufrichtig überzeugt, dass die ganze Welt den Frieden fände, wenn es nur alle so machten und dass das ganz leicht möglich sei.
Was es dann doch nicht war – wir kennen ja den weiteren Verlauf der Geschichte. Und seit den 90gern tragen die Männer gerne Kampfanzüge als ganz normale Mode, die Haare wurden wieder kurz oder Mann rasiert sich gar eine Glatze, Symbol der neuen alten Härte.
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20 Kommentare zu „Love, Peace, Happyness: ein Flashback in die Hippie-Zeit“.