Lesestoff zum Wochenende:
Im Wartebereich – eine krasse Beschreibung von Roberto De Lapuente, wie es hierzulande in einer Notaufnahme zugeht:
„Der Wartebereich war keine Zone, in der kranke Menschen sich darauf verständigten krank zu sein und den Wettbewerb bis auf weiteres einzustellen, man einigte sich dort nicht darauf, jetzt in einer Notsituation zu stecken, aus der man das Beste machen musste. Es war die Zone von Konkurrenten und Rivalen. Arbeitsunfall gegen Bruch, Bauchschmerzen wider die bösen Blicke von Leuten, die ihr Areal zu verteidigen schienen. Jeder war sich dort selbst der Nächste. Soll doch ein anderer leiden, daran kaputtgehen, solange ich nur schnell und effizient behandelt werde. Dass ich früh genug zurück bin, um noch gerade rechtzeitig zur Soap zurück zu sein, ist allemal wichtiger, als der Vorzug einer Person, die richtige gesundheitliche Probleme an der Grenze zum dauerhaften Schaden hat.“
Juli Zeh: Wir sind als Gesellschaft momentan leicht angeknackst.
„Mit „Unterleuten“ hat Juli Zeh ihren bislang umfangreichsten Roman geschrieben, die Geschichte eines Dorfes, das mit dem Wandel der Zeit, dem Kapitalismus, aber vor allem mit seinen Bewohnern zu kämpfen hat. Ein Gespräch über Stadtflucht, Rechtsradikalismus und die eigenen Dorf-Erfahrungen der 41-jährigen Autorin, die seit 2007 in einer 300-Seelen-Gemeinde in Brandenburg lebt.“
Sozialnationalismus, Querfront, AfD light: Zur Verlotterung des politischen Diskurses – Martin Höpner auf flassbeck-economics bricht eine Lanze für einen vernünftigeren Umgang miteinander.
„Die jüngsten Anschuldigungen gegen Sahra Wagenknecht, ihre Beiträge zur Flüchtlingsdebatte seien „AfD light“, markierten hierbei einen neuen Höhepunkt. Man sollte, so meine ich, diese Verrohung des Umgangs nicht kommentarlos hinnehmen und sich nicht an sie gewöhnen, sondern, wo immer möglich, einschreiten – im Namen einer produktiven, respektvollen und solidarischen Diskurskultur, die schwer zu errichten und leicht zu zerstören ist. Sie gilt es zu schützen, unabhängig davon, ob man den mit Nationalismusvorwürfen und Schlimmerem Traktierten in der konkreten Auseinandersetzung nun zustimmt oder nicht.“
„Bist du auch irgendwann weg?“ – Jochen König über Elternschaft, Väter und Mütter:
„71 % der im Rahmen einer jüngst vom WDR in Auftrag gegebenen Studie befragten Väter gaben an, durch die Übernahme der Vaterrolle auf nichts verzichten zu müssen. Sie haben trotz Kind genauso viel Zeit für Freunde, Hobbys, Sport und Engagement im Job wie vorher. Auf der anderen Seite wurde im Rahmen der Diskussion um regretting motherhood deutlich, dass Mütter nicht nur die ganzen Belastungen zu tragen haben. Darüber hinaus wird die Übernahme der gesamten mit dem Kind zusammenhängenden Sorgearbeit so selbstverständlich von Müttern erwartet, dass es für einige noch immer kaum vorstellbar ist, dass es Mütter gibt, die mit der Aufteilung eventuell nicht ganz glücklich sein könnten.“
Und noch was: diese Woche hat „das Internet“ endlich mal wieder ein freundliches Gesicht gezeigt, denn es gab in kurzer Zeit massenhaft Unterstützung und Spenden für den derzeit mittellosen, nicht krankenversicherten Claudius Holler, der sich nach seiner Krebsdiagnose mit einem Hilferuf an die Netzöffentlichkeit gewandt hatte (hier im Interview mit der TAZ). Sein Schicksal ist jedoch nicht einzigartig, sondern trifft viele Selbstständige, deren Einkommen plötzlich schwindet oder gar in den Nullbereich sackt.
Wie die Kassen Selbstständige betrügen
„Die gesetzlichen Krankenkassen setzen die Beiträge freiwillig versicherter Selbstständiger offenbar willkürlich fest. Diese gesetzlich sanktionierte Praxis treibt viele Betroffene in den wirtschaftlichen Ruin, manche finden nicht einmal mehr einen Arzt.“
Zum Mitmachen:
Die EU fragt nach deiner Meinung: Soll das Urheberrecht den öffentlichen Raum und deinen Nachrichtenkonsum im Netz einschränken dürfen?
Julia Reeda erklärt, worum es geht und wie die Panoramafreiheit und das Leistungsschutzrecht uns konkret betreffen.
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