Seit heute früh um 7°° verfolge ich per Twitter die Ereignisse rund um den #Brexit. Was für ein Schock zum Start: ich hätte nicht gedacht, dass die Briten wirklich für den Austritt stimmen. Nun ist es also doch passiert und niemand weiß, was kommen wird.
Eine Katastrophe für Großbritannien, für Europa, für Deutschland – mit Weiterungen, die wir jetzt noch bei Weitem nicht überblicken. Ich maße mir nicht an, zu diesem komplexen Geschehen irgend etwas Substanzielleres beitragen zu können, was nicht anderswo schon gesagt wurde. Einfach gar nichts schreiben bring‘ ich aber auch nicht fertig!
Weil das große Ganze allerdings extrem unübersichtlich ist, hier nur ein paar kleine Anmerkungen zu Details:
1) Die bösen Alten haben es versaut – so wird gerade vielfach geschimpft. Und ja, die Zahlen sind recht deutlich:
Wenn allerdings die „Millenials“ in größerer Zahl zur Wahl erschienen wären, hätte das Ergebnis anders ausgesehen:
2) Land gegen Stadt, Alt gegen Jung, Marginalisierte gegen Arrivierte – so wurde gevoted und gewonnen. Aufgepeitscht von gewissenlosen Politikern, die krass gelogen, auf Gefühle gesetzt und das Blaue vom Himmel herunter versprochen haben. Die ernsthaft den „Indipendent Day“ feiern, obwohl doch in Zeiten der Globalisierung NIEMAND mehr unabhängig ist, nirgendwo – außer viellleicht ein paar restliche Nomaden in irgend einer Steppe.
3) Erst wählen, dann informieren – ein Blick auf Google Trends zeigt, dass zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale die Suche nach „What happens if we leave EU?“ gerdezu explodierte:
Da hätten sie vielleicht früher mal googeln sollen…
4) Moloch EU? Die nationalen Politiker sind sehr wesentlich daran schuld, dass die EU vielfach so negativ wahrgenommen wird. Denn sie schieben unliebsame Vorhaben seit Jahr und Tag auf die EU: man müsse halt umsetzen, was von dort kommt. Und das, obwohl sie es selbst auf EU-Ebene angeleiert oder zumindest nichts dagegen getan haben.
5) Die Cookie-Story: Die Briten werden den größten Schaden haben, aber es gibt auch Vorteile. So schrieb Sebastian Anthony:
Wie wahr! Und auch gleich ein Superbeispiel für eine allzu oft ziemlich irre EU-Politik: Jahre lang stritt man darüber, ob die Cookies, die von Webseiten auf unseren Geräten gespeichert werden, nicht eigentlich aus Datenschutzgründen verboten gehörten. Blöd nur, dass sie für eine bequeme Nutzung schier unverzichtbar sind, andrerseits aber auch der Verfolgung und Profilbildung (Tracking) dienen, was die Wirtschaft auch weidlich genutzt hat. Als dann endlich eine Einigung erzielt und die EU-Privacy-Richtlinie verabschiedet wurde, waren die „Verfolger“ längst dabei, Alternativen zu entwickeln. Dafür hatten sie genug Zeit, denn bis sowas überall national umgesetzt ist, dauert es nochmal Jahre. In DE war der ehemalige Datenschutzbeauftragte Schaar gleichwohl der Meinung, die Richtlinie gelte unmittelbar – Grund genug, dass seit 2014 nun wirklich auf vielen Seiten diese Kästen aufpoppen, die unser Einverständnis per Klick einfordern. Komplett überflüssig, denn wer sagt schon NEIN und verlässt die Seite?
Der Clou: Seitdem die Richtlinie also tatsächlich umgesetzt wird, sind Cookies fürs Tracking entbehrlich geworden, denn das alternative Profiling anhand des „Browserfußabdrucks“ hat sie in der Praxis längst abgelöst.
Tracking einfach verbieten? Das mag man sich „aus wirtschaftlichen Gründen“ nicht leisten. Was bleibt also: Sinnloses Geklicke auf nervige PopUps. Danke EU!
6) Ein Weckruf für die EU? Jetzt wird viel darüber gesprochen und geschrieben, dass die EU in sich gehen und sich ändern müsse: demokratischer werden, die Bürger (auch die Armen, die Alten, die Arbeitslosen und Prekären…) wieder mitnehmen und von den Vorteilen der Gemeinschaft überzeugen.
Ich hoffe, dem folgen mehr als Worte, doch fehlt mir derzeit der Glaube, dass das wirklich angegangen wird.
7) Erzaehlmirnix hat ein Comic gepostet:
Ich schwurbele auch lieber mit – und lade Euch ein, das in den Kommentaren (meinem Internet :-) auch zu tun!
8) „Winter is coming“ – und es gruselt mich!
via (((Al Bealby))).
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auch zum Thema:
Katerstimmung – Erase and Rewind
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42 Kommentare zu „#Brexit: unsortierte Gedanken“.