Gerade hab‘ ich den wohl längsten Blogartikel seit Jahren gelesen – zu etwa 85%, dann erlahmte meine Bereitschaft endgültig, den weiteren Ausführungen des (vorsichtig und sehr höflich ausgedrückt) „umstrittenen“ Bloggers Hadmut Danisch zu folgen. Dass ich ihn dennoch verlinke und zum Lesen empfehle, heißt nicht, dass ich in irgend einer Weise mit seinen mich oft anwidernden Tiraden gegen Feminismus, Geisteswissenschaften, „politische Korrektheit“ etc. sympathisiere. Dennoch: wer bloggt, sollte diesen Artikel lesen:
Die ARD als krimineller Zensur-Vollstrecker
Wegen der „hetzerischen“ Überschrift hab‘ ich den Beitrag auf Rivva erstmal zwei Tage ignoriert. Ein „typischer Danisch“ halt, warum soll ich mir das antun? Heute nun doch mal reingelesen, mittlerweile hat der Artikel so viele Retweets wie nur ganz wenige andere zu Trump oder Türkei! Und ja: die Aufmerksamkeit ist VERDIENT!
Die Abmahnung und ihre Zerlegung
Noch nirgends sonst hab‘ ich eine so detailreiche und bestens mit Rechtsquellen unterfütterte Darstellung zum Zitatrecht gelesen. Da der Autor selbst betroffen ist und auch ansonsten gern austeilt, ist dieser Part auch alles andere als langweilig oder „zu trocken“. Er ist unglaublich lehrreich, denn Danisch führt – entlang an der Abmahnung, die er von einem Anwalt im Auftrag des MDR bekommen hat – wirklich alles verständlich und nachvollziehbar aus, was es in Sachen Abmahnung und Zitatrecht zu wissen gibt. Und nicht nur das: er veröffentlicht die Abmahnung im Wortlaut und belegt gleich auch mit höchstrichterlichen Gerichtsentscheidungen, dass er das darf!
Der der Abmahnung zu Grunde liegende Vorgang: Danisch hatte über die Verhinderung einer Veranstaltung der AFD-Hochschulgruppe an der Uni Magdeburg zum Thema Genderwissenschaften durch linke Studenden gebloggt – schon im Januar. Dabei hatte er den MDR scharf angegriffen, der über den Vorfall als „friedlichen Protest“ berichet habe, obwohl es nachweislich (Videomaterial) zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen sei. Daraufhin nun die Abmahnung des MDR, vier Wochen später, vom Anwalt per Mail zugestellt mit der Forderung, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben – und zwar binnen zwei Tagen! Natürlich mit Kostennote über knapp 1500 Euro.
Der Vorfall selbst und Danischs gewohnt angriffslustige Bewertungen desselben kann man getrost ignorieren und muss das Ganze auch wirklich nicht nachlesen. Es geht mir einzig und alleine um die beispielhafte und ziemlich beeindruckende Art und Weise, wie Danisch die Abmahnung geradezu ZERLEGT. Die strotzt nämlich nur so vor Fehlern, Falschbehauptungen und (vermeintlicher) Unkenntnis des Rechts auf Seiten des abmahnenden Anwalts und des beauftragenden MDRs, dass es mir regelrecht die Schuhe auszieht!
Aber genau deshalb sollten Blogger das lesen, denn diese Art des Vorgehens gegen unliebsame Kritiker ist kein Einzelfall! Viele Anwälte versuchen immer wieder, mit haltlosen Behauptungen und „Auffahren schwerer Geschütze“ Leute einzuschüchtern, die sich von juristischen Ausführungen beeindrucken lassen und lieber brav rechtswidrig geforderte Unterlassungserklärungen unterschreiben, um nicht NOCH MEHR Kosten zu riskieren, die ja vielleicht anfallen könnten, wenn man sich wehrt.
Nicht so mit Danisch – und an der Stelle sag ich: gut so! Hervorragend zurück geschlagen und zum Gegenangriff übergegangen! Ich wette mal, der Anwalt ist saufroh, dass Danischs Rechtskundigkeit soweit reicht, seinen Namen als „geschütztes persönliches Datum“ nicht zu nennen – es ist nämlich unsäglich peinlich, was der da verzapft hat.
Ich empfehle aus dem 18.000 Worte langen Artikel also ausdrücklich die Teile:
- Der Anlass
- Die Abmahnung (mit den Unterkapiteln „Die Frist“ und „Die Fehler“)
- Der § 51 Urhebergesetz
- Cui bono?
Was folgt ist dann wieder „typisch Danisch“: er findet kein Ende nach der Entlarvung des Übels, sondern setzt zu großformatigeren Angriffen gegenüber dem MDR, ARD, Anne Will etc. usw. an. In Teilen ganz interessant zu lesen, auch wenn man – wie ich – eine Freundin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist und dieses grundsätzliche Niederschreiben ablehnt. Hat aber alles nichts mit meiner Empfehlung zu tun, die sich allein auf den Abmahn-Teil bezieht. An dessen Ende Danisch schreibt:
„Die wollten mich kaltstellen.
Die dachten, ich gebe einfach so eine Erklärung ab, nach der ich nie wieder kritisch mit Zitaten über sie schreiben könnte, und geb ihnen auch noch Geld dafür.“
Seit Jahr und Tag reg‘ ich mich darüber auf, dass das juristische Herrschaftswissen den Bürgern eher verborgen als vermittelt, schon gar nicht in den Schulen gelehrt wird! Nur deshalb können Anwälte so vorgehen, wie sie es tun, nur deshalb haben beliebige Firmen und Institutionen immer gute Chancen, mit juristischen Angriffen den leichten Durchmarsch zu machen.
Danisch fällt für mich ohne jeden Zweifel in die Schublade „aggressiver politischer Gegner“ – aber verdammt nochmal, solche Auseinandersetzungen müssen ausgehalten und im Stil einer öffentlichen Debatte geführt werden! Und nicht mittels Abmahnungen mit dem Ziel, die Gegner mundtot zu machen.
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12 Kommentare zu „Juristisches Lehrstück: Wie Danisch sich gegen eine Abmahnung wehrt“.