Nach Catania, wo wir nur eine Nacht verbrachten, war unsere erste Station Agrigent. Das Städtchen ist hauptsächlich wegen seiner archäologischen Stätten bekannt: das „Tal der Tempel“ besuchten wir ausgerechnet an einem so stürmischen Tag, dass es schwer war, überhaupt dagegen „anzuwandern“.
Klar, da stehen durchaus beeindruckende Altertümer, doch gibt es derart viele tolle Bilder von den Tempeln, dass ich nicht besonders motiviert war, weitere hinzuzufügen. Mehr interessiert hat mich die Altstadt auf dem Berg, die auf den ersten Blick aussieht wie viele sizilianische „Bergstädte“, deren mittelalterliche Gestalt sich dem modernen Verkehr weitgehend verweigert.
Unsere Bleibe lag inmitten der engen Gassen, das Rumwandern durch den Ort war ein ständiges Auf- und Absteigen, mal über Treppen, mal über uraltes Pflaster, mal gab es auch schon Asphalt.
Auffällig erschien uns die Verfallenheit großer Teile der Altstadt. An jedem zweiten Haus ein Schild „zu verkaufen“, doch sind das noch die Häuser mit dem besseren Schicksal, wie uns unsere Gastgeberin – eine superfreundliche Frau aus Malaisia, die einen Sizilianer geheiratet hat – aufklärte. Meist lassen sich nämlich die Eigentumsverhältnisse nicht klären. Viele Siziliander sind ausgewandert und kümmern sich nicht mehr um die verlassenen Grundstücke. Und die Gemeinde scheint sich nicht dafür zu interessieren, dem Verfall etwas entgegen zu setzen.
Manche Häuser sind nurmehr Ruinen:
Man trifft ziemlich verrottete Winkel, die den Charme der Vergänglichkeit entfalten. Bei uns braucht es „Guerilla Gardening“, hier sprießt das Grün von selber auf dem öffentlichen Straßenland:
Der Hund ließ sich durch uns nicht in der Ruhe stören:
Natürlich gab es auch Katzen, aber hey, nicht noch mehr Katzencontent! :-) Bemerkenswert fand ich die gar nicht so wenigen Haushunde, weil der Hund als Haustier noch vor ein paar Jahrzehnten in Italien gar nicht üblich war. Als Kind erlebte ich bei Gelegenheit der Familienurlaube in der Nähe von Rom noch eher Verachtung und Ignoranz: ein Hund ohne Zweck – wie etwa das Hüten von Schafen oder das Bewachen eines Grundstücks – wurde ganz mies behandelt. Verjagt, vertrieben, geschlagen – das hat sich geändert, nicht nur in Agrigent!
Die wenigen Stellen, an denen man in der Altstadt parken kann, sind meist besetzt. Zum Glück reisen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln, das ist viel stressfreier.
Verständlich, dass viele Einwohner in diesen alten Häusern nicht mehr wohnen wollen. Aber als Fotomotiv taugen sie noch allemal!
Schaut man über die Dächer von Agrigent, fallen die vielen Wassercontainer auf, die fast auf jedem Dach stehen. Die werden zweimal pro Woche über die Leitungen der Gemeinde gefüllt und versorgen die Bewohner im jeweiligen Haus.
Wenn das Wasser alle ist, kann man immerhin anrufen und um extra Belieferung per Wasserlaster (ein kleiner, der in die Gassen passt!) bitten – das ist sogar kostenlos.
Im archäologischen Museum in der Nähe der Tempel gibt es viel Ausgegrabenes zu sehen, doch hatte ich keine Lust, die vielen Statuen, Gebrauchsgegenstände, Säulen und Vasen abzulichten (viele Fotos gibts z.B. auf Tripadisor). Eine moderne Skulptur im Museumsgarten hat mich dagegen beeindruckt – vermutlich wegen des Kontrasts zu all den Altertümern:
In der Altstadt muss es Künstler geben, die sich um die Verschönerung des Straßenbilds kümmern – z.B. durch diese eigenwillige Form der Street Art:
Man findet auch in dieser Kunstform häufig religiöse Motive – die Madonna ist fast immer irgendwo dabei:
Kleine Altare an den Wänden, die der Madonna oder einem Heiligen gewidmet sind, sieht man fast in jeder Straße:
Auch die Kirchendichte ist groß, wie in allen Städten, die wir besuchten. Angesichts der Präsenz des Katholizismus allüberall fand ich dann diese Statue im neueren Teil von Agrigent ziemlich erstaunlich:
Ganz offensichtlich wird hier den alten griechischen Göttern gehuldigt. Die Inschrift wirkt geradezu aufmüpfig:
„Sie waren zuerst da und werden immer sein bis zum Ende aller Zeit“. Wie ich später nachlas, ist es die Statue des Philosophen Empedokles, der zu den Vorsokratikern zählte und in Agrigent lebte und wirkte. Er gilt als Begründer der Elemente-Lehre, da nach seiner Ansicht die Welt aus Erde, Feuer, Wasser und Luft bestehe, getrieben von einer vereinigenden und einer trennenden Kraft („Liebe, Freundschaft“ und „Streit“). Und ja: er identifizierte seine vier Elemente mit wichtigen griechischen Göttern – ich lag also nicht wirklich falsch!
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4 Kommentare zu „Agrigent: Altstadt, Streetart, gemütliche Hunde“.