Claudia am 15. September 2018 —

Eine Woche krank – und eine Geschichte vom Abnehmen

Eine so lange Auszeit hatte ich lange nicht! Nicht mal im Urlaub, denn wer hängt schon den ganzen Urlaub auf dem Bett ab?

Nun ja, seit zwei Tagen bin ich auch wieder ein bisschen am PC, aber nie lange und ohne zu arbeiten. Es war ein Pilzgericht, dass mich flach legte: einfache kleine Champignons, die ich blöderweise nicht im Kühlschrank gelagert hatte, in der Meinung: es gibt ja auch Trockenpilze, was soll schon sein?

Weit gefehlt! Champignons bestehen im wesentlichen aus Eiweiß und Wasser. Sie denaturieren also eher wie Fleisch, nicht wie Pflanzen – und bilden somit auch die entsprechenden Gifte, wenn man sie nicht schnell trocknet. Man bekommt also keine „Pilzvergigtung“, sondern eine klassische Lebensmittelvergiftung mit allem drum und dran.

Die erste drei Tage waren übel, Magengrimmen, Fieber, verrückt spielende Verdauung – und natürlich vollständige Appetitlosigkeit. Dann ging es ganz langsam wieder besser und heute fühl‘ ich mich soweit ok, nur eben ziemlich schwach wegen des Fitnessverlustes durch das viele Liegen.

„Nachteil ist Vorteil“ – Cioran

Der Vorteil, bzw. Krankheitsgewinn: ich habe fast drei Kilo abgenommen! Und noch immer keinen Appetit. Der Magen ist geschrumpft, es wird also ein Leichtes sein, nicht mehr solche Mengen zu verzehren, wie sie für mich normal geworden waren. Das ist die Wende, die ich mir seit langem gewünscht hatte, ohne sie wirklich zu schaffen. Stammleser erinnern sich: 2017 hatte ich – inspiriert durch das tolle Buch „Fettlogik überwinden“ (verdienter Werbelink) – mittels Kalorien zählen über 12 Kilo abgenommen und wog am Ende „nur“ noch 71 Kilo. Zwar hatte ich dafür fast ein Jahr gebraucht, also keineswegs schnell und ungesund abgenommen, aber dennoch war nun auf einmal Schluss. Das Zählen und die Beschränkung meines Speiseplans auf „gemäßigtes Low Carb“ ging mir derart auf die Nerven, dass ich es nicht schaffte, weiter zu machen. Gelüste nach alledem, was ich mir kaum noch gegönnt hatte, unterminierten jeden Ansatz eines „weiter so“ – also gab ich auf und begann, wieder zu essen worauf ich Lust hatte. Und Lust hatte ich jetzt vor allem auf traditionelle Gerichte, die lange nicht auf meinem Speiseplan standen. Es wundert nicht, dass ich nicht mal ein Jahr brauchte, um  alles wieder zuzunehmen.

Nun werden mir die Kundigen sagen: Ist doch klar, du sollst dir doch nichts verbieten, sondern „ausgewogen und abwechslungsreich“ essen! Ja sicher, das hatte ich 2017 auch noch selbst verkündet:

„Ich konnte erst abnehmen, nachdem ich mir erlaubt hatte, alle anderen Erkenntnisse und Meinungen übers gesunde, angesagte, einzig richtige Essen zu ignorieren. Natürlich lebe ich nicht von klassischen Dickmachern, aber wenn es mich extrem nach etwas Derartigem verlangt, plane ich das halt ein und gleiche es an anderer Stelle wieder aus. Anything goes, Heureka!“

Allerdings: mit einer Miniportion Tortellini muss ich gar nicht erst anfangen, eine Pizza hat mindestens 800 Kalorien und schon ein einfaches Käsebrötchen bringt es auf über 300. Mit einem „klassischen Abendessen“ wie früher hätte ich mein Abnehm-Tagesbudget fast verbraucht. Wenn man das weiß, lässt man es am Ende lieber ganz, um nicht ständig „halb zufrieden“ zu sein und ans Ausgleichen denken zu müssen. Zudem bin ich gut belehrt, was „gesund“ bedeutet: Gemüse, Salat, Obst, Nüsse, hochwertige Öle – wenn ich zu alledem, worauf ich Gelüste habe, noch ständig „das Gesunde“ dazu esse, ist Zunehmen wirklich kein Wunder!

Eitelkeit

Wäre es allein ums Essen gegangen, hätte ich es trotzdem geschafft, mein Gewicht wenigstens zu halten. Wenn nicht sogar weiter abzunehmen bis zum Normalgewicht, von dem mich nur noch wenige Kilo trennten. Denn dem Nachteil des kontrollierten Essens standen ja massive Vorteile gegenüber: 12 Kilo weniger sind eine deutlich geringere Last! Das spürt man beim Bewegen, Laufen, Treppen steigen und an den Klamotten. Yoga ging leichter, ich neigte weniger dazu, „sitzen zu bleiben“ – insgesamt eine tolle Entwicklung, die ich durchaus schätzte.

ABER: So ab 73 Kilo abwärts wurde ich deutlich knittriger! Besonders im Gesicht wurde das Alter verstärkt sichtbar. Dass mich das so schockte, hat mich selbst überrascht, denn eigentlich war ich der Meinung, ein gelassenes Verhältnis zum natürlichen Altern zu haben. Nun musste ich erkennen: ich bin doch noch verdammt eitel und am Ende lieber prall als faltig!

Gibt es also überhaupt eine Chance, dass ich diese „Wende“ nun auch als solche nutze? Ich hoffe, ja. Denn immerhin hatte ich ein Jahr Zeit, mich mit dieser Erkenntnis über mich selbst zu befassen. Die Ängste zu hinterfragen, mit dem – deutlich jüngeren – Liebsten darüber zu reden, der meint, es sei nicht wichtig, wie knittrig ich gerade sei. Wegen der Optik war sowieso noch nie ein Mann lange mit mir zusammen, das weiß ich sicher. Und kenne es selbst so, dass man bei langjährigen Nächsten gar nicht so genau hin sieht, kleine Veränderungen im Lauf der Zeit praktisch nicht wahrnimmt – und wenn doch, die Liebe darunter jedenfalls nicht leidet.

Es ist also nicht wirklich die Angst, für die liebsten Freunde nicht mehr „schön genug“ zu sein. Im vorgerückten Alter „60plus“ wäre das auch ziemlich absurd! Es ist die massive Abwertung jeglicher Abweichungen von der „Normschönheit“, die in unserer Gesellschaft kolportiert wird, einschließlich sämtlicher Zeichen natürlicher Alterung. Und jener Teil in mir, der diese Abwehr teilt: Wer sieht schon gerne den eigenen Verfall täglich im Spiegel?

Öfter versuchen!

Man schafft nicht immer alles Schwierige gleich beim ersten Mal. Doch bin ich guter Dinge, nicht mehr so geschockt zu sein, sollte es mir gelingen, noch ein paar Kilo mehr abzuwerfen. Gesundheitlich werden auch immer mehr Vorteile bekannt, wenn man es schafft, im Alter weniger zu essen. Denn zu viele Nährstoffe überlasten das Immunsystem, das im Alter nicht mehr so gut damit zurecht kommt und deshalb zu Autoimmunreaktionen neigt. Ein geschrumpfter Magen ist jedenfalls die beste Voraussetzung dafür, das Vernünftige auch umzusetzen und weitgehend leidfrei weniger zu essen.

Das werde ich jetzt einfach mal machen!

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Diskussion

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4 Kommentare zu „Eine Woche krank – und eine Geschichte vom Abnehmen“.

  1. Das mit dem Knittrigen:

    Ich hatte ja 29 kg abgenommen. Durch Bewegung hauptsächlich.
    Krank sah ich aus, obwohl ich es wirklich nicht war. Mir ging es gut.
    Ich erschrecke noch heute ob der Fotos.

    In den letzten 17 Monaten habe ich davon wieder 14 kg zugenommen.
    Ich hatte die Faxen dicke mit dem Aufpassen. Mein Arzt meinte, daß man 5 Jahre benötige, um sich an eine neue Ernährungsweise voll zu gewöhnen. Jedenfalls ging mir nach 15 Monaten die Puste aus.

    Weiter zunehmen will ich jetzt nicht mehr, es reicht.
    Da ich mich schon länger betont wieder bewege, was mir eh gut tut, halte ich die Sache im Lot.
    Kann sein, daß ich einige kg abnehme. Aber dieses Ziel damals, immer mehr abzunehmen, macht keinen Sinn. Im Gesicht wird man dann einfach so, daß viele erschrecken und lieber NICHT nachfragen, was ist.
    Und ich halte es für eine Mär, daß das Gesicht sich langsam normalisiert.
    Die Löcher in den Backen bleiben.

  2. Lieber Gerhard, das ist ja interessant! Gut, dass du wenigstens nicht alles wieder drauf geschafft hast wie ich! Hat die Hälfte denn gereicht, um „das Gesicht zu normalisieren“? Immerhin sprichst du von „damals“, als du so krank aussahst.
    Ich werde auch nicht mehr „Normalgewicht anstreben“! Zwar halte ich „Health at every size“ für eine schönfärberische bis gefährliche Illusion, doch glaube ich auch nicht mehr an „Normalgewicht“ als zwangsläufig lebensverlängernden Faktor – dafür werden dann doch zu viele krass Übergewichtige ziemlich alt!
    Es ist eben ein Unterschied, ob man immer schon schlank war und blieb oder sich phasenweise „runter hungert“.

  3. Grade dazu was gefunden:

    Keine Diät im Alter: Abnehmen führt oft zu gesundheitlichen Problemen
    „Der Grundsatz „je schlanker desto besser“ gilt im Alter nicht mehr.“

  4. Gut gehts.
    Daß ab 65 das Abnehmen auch Muskelmasse mitnehmen kann, kann ich mir vorstellen.
    Die meisten Schlanken waren schon mit 20 so schank wie sie jetzt sind. Wenn man nach Jahrzehnten Wampe da anschliessen will und möchte, ja dann hat man eben nicht mehr die gleichen Vorraussetzungen und muß sich etwas bescheiden. Was auch o.k. so ist.

    Wichtig in Gesundheitsdingen ist: Bewegung, Bewegung, Bewegung. :-)