Das ist besonders für die GRÜNEN relevant, denn – eigentlich – war ich Stammwählerin, obwohl nicht immer mit allem einverstanden.
Das sechs GRÜNE im Europaparlement bei der letzten Abstimmung am 12.9.2018 FÜR die Novelle abgestimmt haben, nämlich laut Abgeordnetenwatch.de:
- Reinhard Bütikofer
- Michael Cramer
- Rebecca Harms
- Helga Trüpel
- Martin Häusling
- Maria Heubuch
fand ich schier unfassbar! Denn für mich gehörte der Blick auf kleine Akteure, auf Bürgerinitiativen, Betroffenen-Foren, Aktivistinnen und Aktivisten, die sich in unserem Land für ihre Themen engagieren, zur „DNA“ der GRÜNEN. Aber das war offenbar nur eine „gefühlte Wahrheit“, die sich noch aus alten Zeiten speiste, als die GRÜNEN aus vielerlei Graswurzelbewegungen entstanden sind. Heute bedienen sie die Interessen der Big Player wie etwa die des Springer-Konzerns, der das unsägliche „Leistungsschutzrecht“ in die Novelle lobbyiert hat.
Dass die Befürworter evtl. noch der unsäglich naiven Meinung sein mögen, etwas für „die Urheber“ zu tun, indem sie das auch handwerklich schlechte Machwerk durchwinken, macht die Sache nicht besser, im Gegenteil! Denn die Novelle stellt Urheber bei der Verteilung von Tantiemen sogar schlechter: wer Geld z.B. von der VG-Wort bekommt, wird in Zukunft deutlich weniger bekommen, weil die Verlage wieder beteiligt werden müssen, was erst kürzlich vom BGH für unrechtmäßig erklärt wurde.
Aber vor allem finde ich es geradezu verstörend, dass diese sechs GRÜNEN die Auswirkungen nicht sehen (oder sie ihnen egal sind!), die die Urheberrechts-„Reform“ auf die Kommunikation und den Meinungsaustausch im Internet haben wird. Welche Forenbetreiber ohne relevanten kommerziellen Hintergrund werden denn noch weiter machen, wenn sie für sämtliche Uploads ihrer Mitglieder haften müssen? Bisher reichte das Enfernen urheberrechtsverletzender Inhalte, wenn man davon Kenntnis erlangte. Schon vorab prüfen ist im nonkommerziellen Sektor (und auch bei vielen kleinen Kommerziellen!) einfach nicht leistbar! WIE sollte das überhaupt stattfinden? Selbst eine „moderierte“ Einstellung versetzt Betreiber doch nicht in die Lage, zu wissen, was vielleicht irgendwo auf der Welt schon mal erschienen ist und nicht vom Uploader stammt?
Und weiter: Dass es nach dem neuen Leistungsschutzrecht nach dem Willen der Befürworter keine News-Aggregatoren mehr geben wird, die nicht „an alle“ Lizenzgebühren für Links und Anreisser zahlen, ist ein wesentlicher Eingriff in meine Möglichkeiten als Bürgerin, mir zu relevanten Themen zügig eine Meinung zu bilden. Dass Google seine News lieber ganz einstellt als Gebühren zu zahlen, ist bekannt, denn in Spanien hat man ein Gesetz gemacht, nach dem das Auslisten von jenen Medien aus den News verboten wurde, die für die Verlinkung Lizenzgebühren verlangen. Ergebnis: Gar keine News mehr! Und ein Unternehmen zwingen, einen kostenlosen und sogar werbefreien Dienst aufrecht zu erhalten – das schafft auch keine Urheberrechtsnovelle.
Treffen wird es aber die kleinen, wie etwa Rivva.de – und vielleicht sogar Blogger, wenn sie eine Linkliste mit den „Best of der Woche“ oder ähnliches verfassen. Auch meine Blogrolls, die sowohl die Titel als auch die ersten Sätze automatisiert (!) anzeigen, wäre nicht mehr möglich. Bzw. ich wäre in der Pflicht, für die Verlinkung zu bezahlen – absurd!
Aggregatoren, die einen schnellen Überblick über Artikel aus vielen verschiedenen Medien (!) verschaffen, sind in diesen beschleunigten Zeiten unverzichtbar. Wer die Zeit zurück drehen und uns dazu zwingen will, die Homepages sämtlicher Medien abzuklappern, bzw. uns zwangsläufig auf wenige Große zu beschränken, schädigt alle Nicht-Mainstream-Publisher, legt Bloggern Steine in den Weg und erschwert die Meinungsbildung und die öffentliche Diskussion. Warum? Weil „die Verlage“ es so wollen und davon träumen, die alten Zeiten zurück holen zu können, sowohl finanziell als auch bezüglich ihrer einstigen Gatekeeper-Funktion.
Und das von Abgeordneten der GRÜNEN! Eine Schande!
Am Dienstag werden wir sehen, wer wie abstimmt.
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Sehr informativ zum angestrebten „Leistungsschutzrecht“:
Artikel 13 – Analyse der Hintergründe, Pro- und Contra-Argumente sowie Alternativen
Artikel 13 der geplanten Reform der Urheberrechtsrichtlinie spaltet die Gemüter. In einem ausführlichen 49 Seiten langen Dokument erläutern die Rechtsanwälte Christian Solmecke und Anne-Christine Herr zunächst die Hintergründe des Gesetzgebungsprozesses sowie die Details des Artikel 13. Anschließend gehen sie im Einzelnen sowohl auf die Kritikpunkte an Artikel 13 als auch auf die Argumentation der Befürworter näher ein. Abgerundet wird der Text durch einen Ausblick auf mögliche Gegenentwürfe.
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