Svenja Flaßpöhler spricht mir mal wieder aus der Seele, wie ich in diesem lesenswerten TAZ-Interview feststellen konnte:
Von moralischem Totalitarismus:
Hören Sie auf, Sie beleidigen uns!
Svenja Flaßpöhler spricht mit taz FUTURZWEI über militante Intoleranz von dauerbeleidigten Identitätslinken.
Hier ein paar Statements:
„Wenn an die Stelle von Argumenten Gefühle treten, ist an Diskutieren nicht zu denken. Das würgt alles ab.“
„Klar sollen und dürfen benachteiligte Gruppen um Anerkennung kämpfen. Und dafür müssen sie sich nun mal als Gruppe benennen. Aber es gibt einen Punkt, an dem dieser Kampf zu gesamtgesellschaftlicher Zersplitterung führt. Dieser Punkt ist eindeutig erreicht.“
„Sensibilität ist der Motor des Anerkennungskampfes von unterdrückten Gruppen. Aber sie kann eben auch vom Progressiven ins Regressive kippen und zu moralischem Totalitarismus führen…“
„Abgesehen davon, dass die Auswüchse von #MeToo mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun haben, hat sich Feminismus in eine Opferrolle hineingetwittert, die so schlicht nicht mehr vorliegt. Wir leben nicht mehr im Patriarchat, sondern in einer extrem vielschichtigen Übergangsphase.“
„Die Grenze des Sagbaren wird eng gezogen. Das so zu formulieren ist natürlich in sich schon wieder hakelig, weil das eine rechte Rhetorik ist: »Das wird man ja nochmal sagen dürfen.« Das Schlimme ist aber, dass ich in den letzten zwei Jahren in Situationen gekommen bin, in denen mir genau dieser Satz auf der Zunge lag: Das werde ich ja wohl nochmal sagen dürfen.“
Da ich selbst in den letzten Jahren ausgiebig erfahren habe, wie die neo-linke Identitätsideologie Gruppen mit linkem Selbstverständnis spaltet und in ausufernde selbstbezogene Diskurse und Feindseligkeiten treibt, kann ich sehr gut nachvollziehen, was Svenja berichtet.
Wenn jede argumentierende Kritik an diesen spalterischen Prozessen und der – meist von weißen Akademikerinnen mit moralischem Furor vorgetragenen – Ideologie selbst einfach ignoriert oder gar ohne jede Begründung als „Rassismus“ gelabelt wird, dann wird jede Diskussion sinnlos, bzw. sie findet gar nicht statt.
Man geht dann besser getrennte Wege, was nicht dazu beiträgt, der ursprünglich linken Sache zu dienen – ganz im Gegenteil!
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Siehe auch:
Vom Verlust der Wahrheit und linken Verirrungen in rechtes Denken
„Auch ich war einige Jahre der Überzeugung, diese „Denke“ sei ungemein progressiv und fortschrittlich. Bis ich mehr und mehr bemerkte, dass sie die Möglichkeiten des gemeinsamen Politik-Machens zerbröselt und es am Ende keinen gemeinsamen Werte-Anker mehr gibt, auf den man sich beziehen kann. Sondern nur noch den Kampf immer verschiedenerer Kleingruppen gegeneinander: um die „Definitionsmacht“ und letztlich die Macht, andere zu beherrschen. Was das glatte Gegenteil früherer linker Werte, denen ich mich immer schon verbunden fühlte und noch immer fühle.“
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