Obwohl ich die inflationäre Verwendung des Begriffs „toxische Männlichkeit“ oftmals kritisiere: Nach Sichtung der Doku: „Randale – Fußballfans außer Kontrolle“ stelle ich fest, dass es hier punktgenau passt! Der Film ist nur bis 21.4. verfügbar, Ihr solltet ihn nicht verpassen!
Noch nie hab‘ ich eine so beeindruckende Darstellung des gewaltbereiten Fan-Wesens gesehen! Meine Idee, mal ein Fußballstadion zu besuchen, um wenigstens einmal im Leben „die Stimmung“ in echt mitzubekommen, ist wieder auf den Nullpunkt gesunken.
Ultras, Hooligans, ihre Aktionen und Motive, ihre Opfer bei den regelmäßigen Gewalt-Exzessen nach den Spielen oder gar weitab davon („Ackerkämpfe“), die intensive Belastung der Polizei, die Millionen Arbeitsstunden damit zubringt, Fan-Gruppen zu trennen, oft ohne Erfolg – das alles ist verdammt heftig und zeigt: Es gibt eine große Lust auf Gewalt bei einem Teil der jungen Männer, die geradezu sprachlos macht!
Eigentlich war diese Gewaltlust unpolitisch, doch mittlerweile wurde sie von Rechtsextremen instrumentalisiert, so dass Hooligan-Gruppen als „militanter Arm von Pegida“ etc. agieren. Ganz gruslig, das alles!
Anders als früher gibt es keine allgemein gültigen Grenzen mehr in der Ausübung der Fan-Gewalt. Zwar soll eine Art „Ehrekodex“ unter Últras existieren, dass man auf schon am Boden liegende Leute nicht noch eintritt. Dass es Opfer mit schwersten Kopfverletzungen gibt, zeigt jedoch, dass dieser Kodex keineswegs eingehalten wird, wenn die Dinge mal am Laufen sind. Beteiligte geben auch offen zu, dass „im Adrenalinrausch“ Dinge passieren, die sie im nüchternen Zustand für schier unmöglich hielten.
An den Schulen gibt es das Bestreben, eine Anti-Gewalt-Erziehung zu etablieren, offenbar mit wenig Erfolg. Was eigentlich nicht wundert, denn die ganze Gesellschaft ist von Gewalt fasziniert. Allein die Krimi-Frequenz im TV spricht Bände, so kommen auch gewaltfrei lebende Menschen auf ihre Kosten, mich eingeschlossen. In den Medien bekommt Gewalt die höchste Aufmerksamkeit und immer noch ist Gewalt-Ausübung in vielen Szenen ein Beweis für Männlichkeit.
So haben die kämpfenden Fußballfans durchaus auch Angst – aber vor allem davor, sich vor ihren Gruppenmitgliedern zu blamieren. Das anfängliche Beleidigen und Anschreien der gegnerischen Fans, das drohende Gestikulieren – mich erinnert das ans Verhalten von Affengruppen, die Doku ist da sehr eindrücklich!
„Ich streue mir jetzt keine Asche aufs Haupt für all die Charaktere, die ich bis jetzt in Actionfilmen dargestellt habe. Aber ich habe ein Stadium in meinem Leben erreicht – wir haben ein Stadium in unserer Geschichte erreicht, wo ich mir sage, dass Gewalt nicht witzig oder anziehend wirken sollte.“
– Clint Eastwood
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15 Kommentare zu „Randale: Die Lust junger Männer auf Gewalt“.